"Diese Apotheke ist ein Saftladen!"

Was tun bei schlechten Bewertungen im Netz?


Dr. Bettina Mecking

Zufriedene Kunden sehen oft keinen Anlass, Ihre Apotheke positiv zu bewerten. Wenn jemand aber etwas an Ihrem Service auszusetzen hat, stellt er das auf Bewertungsplattformen gerne detailliert dar. Wie gehen Sie professionell mit negativen Bewertungen um?

Rund 90% der Deutschen ab 14 Jahren nutzen das Internet als wichtigste Recherchequelle zu Gesundheitsinformationen. Und etwa jeder Dritte sucht online nach Ärzten und Apotheken. Kein Wunder, dass da jede negative Bewertung Schaden anrichtet – egal ob sie zutrifft oder nicht.

Vermeintlich objektive Bewertungsportale wie z.B. Jameda oder Sanego (beide für Ärzte) können durchaus auch Einfallstore für Missbrauch und "Rachebewertungen" nach einem Streit sein. Nicht erlaubt sind allerdings

  • unwahre Tatsachenbehauptungen, die einen Straftatbestand darstellen, wie z.B. Beleidigungen oder Verleumdungen, sowie
  • unzulässige Schmähkritik, bei der nicht die Sache, sondern die Diffamierung einer Person im Vordergrund steht.

Die Bewerteten empfinden negative Einträge zumeist als persönliche Kränkung, in jedem Fall aber als Ärgernis, Rufschädigung und eine Zeitverschwendung ohne Ende. Dennoch ist es im Gesundheitswesen nicht ratsam, öffentlich über die einzelnen Fälle zu diskutieren, da die Grenzen der Schweigepflicht schnell überschritten sind.

Wenn unfaire Bewertungen platziert werden, stehlen sich die Diensteanbieter gerne aus der Verantwortung. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich bereits einige Male zur Thematik geäußert – seine Rechtsprechung zur Ärztebewertung lässt sich auf Apotheken übertragen.

Die Pflicht der Anbieter

So haben die höchsten Richter grundsätzlich kein Problem damit, dass Gesundheitsdienstleistungen öffentlich bewertet werden. Der Portalbetreiber müsse Beiträge vor der Veröffentlichung nicht auf Rechtsverletzungen prüfen. Dienstleister wie z.B. Ärzte hingegen hätten eine breite öffentliche Bewertung ihrer Leistung hinzunehmen, da ein erhebliches öffentliches Interesse an Informationen über gesundheitsbezogene Leistungen bestehe.

Früher hat der BGH zudem die Ansicht vertreten, die Portalbetreiber hätten die Identität anonymer Bewerter nicht offenzulegen. Schließlich sei dem Internet die Möglichkeit zur anonymen Nutzung immanent. Insofern ließ der BGH die Bewerteten im Regen stehen.

Das allerdings hat sich mittlerweile geändert: Da Bewertungen anonym oder pseudonym abgegeben werden könnten, trägt der Betrieb eines Bewertungsportals dem BGH zufolge von vornherein ein gesteigertes Risiko von Persönlichkeitsrechtsverletzungen in sich. Zudem hätte es ein betroffener Arzt bei derart verdeckt abgegebenen Rezensionen schwer, direkt gegen den Bewertenden vorzugehen.

Wenn man sich substanziiert wehrt, muss der Portalbetreiber laut BGH daher nun zumindest prüfen, ob überhaupt ein Kundenkontakt stattgefunden hat. Dazu hat er den Bewertenden aufzufordern, den angeblichen Behandlungskontakt möglichst genau zu beschreiben. Außerdem soll ihm der Bewertende möglichst umfassend "Beweisunterlagen", wie etwa Bonushefte oder Rezepte, übermitteln.

Auch wenn der Betrieb von Plattformen hierdurch erschwert wird: Zumutbar ist das allemal, denn bei den betroffenen Selbstständigen geht es schließlich mitunter um die Existenz.

Schrittweise Aufarbeitung im Dialog

Auch wenn zunächst die Enttäuschung über die schlechte Bewertung überwiegt: Versuchen Sie, die Kritik als Chance zu sehen. Vielleicht gibt es wirklich Punkte in Ihrer Apotheke, die noch verbessert werden können.

Für Sie selbst bestehen verschiedene Möglichkeiten, auf negative Bewertungen zu reagieren. So können Sie sich mit rechtlichen Mitteln zur Wehr setzen oder – taktisch oft geschickter – den Dialogweg einschlagen. Der erste Schritt ist dann, überhaupt von der negativen Bewertung zu erfahren.

Überlegen Sie dazu, welche Plattformen (wie z.B. Facebook oder Google) für Ihre Apotheke relevant sind – und registrieren Sie sich dort. Lassen Sie sich bei jeder Bewertung automatisch per E-Mail benachrichtigen. So wird eine zeitnahe Reaktion möglich.

Natürlich können Sie negative Kommentare einfach ignorieren. Besser dürfte es aber sein, wenn Sie sich Zeit nehmen, um diese Kommentare zu prüfen. Fragen Sie intern in Ihrem Team nach, wie es dazu kommen konnte und ob sich der Kunde mit seinem Anliegen bereits in der Apotheke gemeldet hat. Überlegen Sie sich gemeinsam Verbesserungsmaßnahmen, wenn die Kritik berechtigt scheint.

Auf dem Portal reagieren

Wenn Sie mit einer vorgefertigten Antwort reagieren, die nicht explizit auf die Beschwerde eingeht, verstärken Sie die Ablehnung oft nur. Deswegen sollten Sie den Portalnutzern – Ihren (potenziellen) Kunden also – lieber zeigen, dass Sie auch mit Kritik professionell umgehen. Dazu gilt es, ihnen zunächst einmal für die Bewertung zu danken.

Beispiel: "Zunächst herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben, unsere Apotheke zu bewerten. Wir freuen uns über jedes Feedback. Nur so erfahren wir, was sich unsere Kunden wünschen, und können darauf reagieren."

Sogar wenn sich Portalnutzer online in Schimpftiraden ergehen: Zeigen Sie immer Verständnis! Fehlende Wertschätzung wirkt auf mögliche neue Kunden abschreckend, deshalb lautet das Zauberwort: Empathie! Auch wenn sie oft schwer fällt.

Beispiel: "Verständlicherweise waren Sie – in Anbetracht Ihrer Kritikpunkte – mit unserer Leistung nicht zufrieden. Da uns Kundenzufriedenheit sehr wichtig ist, versuchen wir, Ihre Anregungen schnellstmöglich umzusetzen."

Erläutern Sie anschließend kurz und knapp, wie Sie die Situation verbessern wollen. Dadurch signalisieren Sie, dass die Kritik angekommen ist – und Wirkung zeigt. Aber machen Sie nicht den Fehler, sich zu verteidigen.

Beispiel: "Zu Ihren Kritikpunkten: Wir entschuldigen uns in aller Form dafür, dass Sie sich von unseren Mitarbeitern nicht freundlich behandelt gefühlt haben. In der letzten Mitarbeiterbesprechung sind wir verstärkt auf dieses Thema eingegangen – und haben bereits eine Lösung gefunden: ... ."

Am Ende sollten Sie erneut danken – für die (wohl nicht in allen Fällen) konstruktive Kritik. Bitten Sie den Bewerter überdies, dass Sie ihn von Ihren Verbesserungsmaßnahmen überzeugen dürfen. Damit zeigen Sie Wertschätzung – und nehmen kritischen Portalnutzern (meistens) den Wind aus den Segeln.

Beispiel: "Ihre Hinweise sind sehr hilfreich, vielen Dank für die detaillierte Beschreibung der Problemfelder. Wir würden uns freuen, wenn Sie sich persönlich von unseren Verbesserungsmaßnahmen überzeugen."

Auch auf schlechte Bewertungen ohne klare Inhalte sollten Sie eingehen. Denn unabhängig davon, ob sich der unzufriedene Kunde erneut (und klar) äußert oder nicht: In jedem Fall sehen interessierte Portalnutzer, dass Sie Kritik ernst nehmen und Ihren Betrieb stets verbessern wollen.

Beispiel: "Es ist sehr schade, dass Sie von uns enttäuscht sind. Wenn Sie uns mitteilen, was Sie im Einzelnen gestört hat, werden wir uns schnellstmöglich mit dem Problem befassen und eine Lösung finden. Kundenzufriedenheit ist uns wichtig. Vielleicht möchten Sie uns genauer beschreiben, was Sie gestört hat?"

Damit der "Kritiker" schnell antworten kann, sollten Sie ihn außerdem dazu auffordern, den Kontakt zu vertiefen – und ihm dazu Kontaktmöglichkeiten anbieten.

Beispiel: "Wir würden uns freuen, wenn Sie uns Ihre Kritik ein wenig detaillierter übermitteln könnten – gerne auch telefonisch unter .... oder per E-Mail an ... ."

Dr. Bettina Mecking, M.M., Fachanwältin für Medizinrecht, Justiziarin der Apothekerkammer Nordrhein, 40213 Düsseldorf, E-Mail: b.mecking@aknr.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2019; 44(24):14-14