Immer online – und doch gute Vor-Ort-Apothekenkunden

Wie Sie die Generation Y gezielt ansprechen


Andreas Kinzel

Die Generation Y ist eine oft unterschätzte Zielgruppe, obwohl diejenigen, die ihr angehören, häufig in die Apotheke kommen. Was unterscheidet die Ypsiloner von anderen Zielgruppen – und was macht sie als Kunden so attraktiv? Ein genauerer Blick lohnt sich!

Auf dem Weg von der Kita zum Job oder vor dem wohlverdienten Feierabendbier noch schnell in die Apotheke? Vielleicht steht da ein Ypsiloner vor Ihnen?

Geboren zwischen Anfang der 1980er und Ende der 1990er Jahre werden die Ypsiloner oftmals gleichermaßen von ihren noch nicht erwachsenen Kindern und ihren in die Jahre kommenden Eltern vereinnahmt. Dabei sind sie stets auf ihre Work-Life-Balance bedacht und suchen nach neuen Wegen – auch in der Apotheke.

Traditionsbewusst anders

Bei den älteren Ypsilonern zeigen sich heute schon die ersten Wehwehchen und chronischen Krankheiten, doch gehen die Betroffenen offener damit um als die Generationen vor ihnen. Sie haben keine Probleme damit, frühere Tabuthemen wie Fußpilz, die "Pille danach" oder auch Schlafstörungen anzusprechen. Hierauf sollten Sie als Apotheker im Beratungsgespräch ebenso offen reagieren, gegebenenfalls Ihr Sortiment anpassen und die entsprechenden Artikel auch durchaus sichtbar präsentieren.

Berücksichtigen sollten Sie dabei auch das gewandelte Rollenverständnis: So kommen die "neuen Männer" während der Elternzeit mit dem Kinderwagen in die Apotheke und zeigen überdies auch (einst vermeintliche) Schwächen wie Stress oder Schlaflosigkeit. Die "neuen Frauen" indes sind karrierebewusst und/oder haben ein Faible für Extremsport.

In mancher Beziehung setzen die Ypsiloner aber auch verstärkt auf alte Werte. Gerade die Familie ist ihnen wieder wichtiger, wenngleich sie sie oft erst relativ spät gründen und sich somit auch Zeit lassen, bis sie Kinder bekommen. Dadurch steigt zumeist ihr verfügbares Einkommen – womit sie eine ideale Zielgruppe für die Apotheke als Premiumanbieter darstellen.

In diesem Zusammenhang gilt für die Generation Y häufig auch das Motto: "Glück schlägt Geld!" Setzen Sie deshalb auf Qualität! Geld spielt oft nicht die entscheidende Rolle. Vergessen Sie dabei aber nicht, dass die internetaffinen Ypsiloner Preise leicht vergleichen können – und bieten Sie ihnen daher wertgerechte Preise (vgl. AWA 17/2019): Wenn Sie gut beraten und wenn das emotionale Umfeld positiv ist, dürfen Produkte durchaus etwas teuer sein.

Individuell – und doch gemeinsam

Insgesamt gilt bei der Generation Y: "Individualität schlägt Konventionen!" Eine Rolle spielt das z.B. beim Markenbewusstsein. Die Taktik etwa, ausschließlich auf traditionell starke Marken zu setzen, kann leicht in eine Sackgasse führen – gerade wenn es sich um Massenware handelt. Daher gilt: Bieten Sie den Ypsilonern auch Nischenprodukte an, mit denen diese ihre Individualität zeigen können.

Bei aller Individualität kommt es den Ypsilonern doch darauf an, dazu zu gehören. Daher sind sie meist sowohl online als auch offline gut vernetzt – wodurch sie auch einen guten Multiplikatoreffekt haben: Wenn sich die Ypsiloner in der Apotheke wohl und mit ihr verbunden fühlen ("Wir-Gefühl"), dann empfehlen sie sie in ihrem sozialen Umfeld weiter! Und wie überzeugen Sie die Ypsiloner von Ihrer Apotheke? Neben einer guten Beratung beispielsweise mit einer gewissen Kontinuität in Sachen

  • Auftreten (z.B. durch eine einheitliche Kleidung und ein einigermaßen gleichbleibendes Stammpersonal),
  • Sortiment (z.B. durch eine nicht ständig umsortierte Sicht- und Freiwahl) und
  • Liefermodalitäten (z.B. zu ähnlichen Zeiten mit bekannten Boten und gleicher Abwicklung).

Im Unterschied zu früheren Generationen schätzen es die Ypsiloner auch stärker, nachhaltig und gesundheitsbewusst im stationären Einzelhandel einzukaufen. Punkten können Sie also, indem Sie entsprechende Artikel anbieten und z.B. hervorheben, dass bestimmte Arzneidrogen fair angebaut sind oder dass Kosmetika keine Zusatzstoffe enthalten.

Das "Warum" im Zentrum

Das Y in "Generation Y" steht auch für die Frage "Why?" – "Warum?": Die Ypsiloner hinterfragen gerne und bilden sich dann ihre eigene Meinung. Sie sind skeptisch, neugierig und offen für Erklärungen.

Anders als frühere Generationen lassen sich die Ypsiloner daher nicht so stark durch oberflächlich werbende Aussagen beeinflussen, sondern legen vielmehr großen Wert auf Authentizität. Mit haltlosen Floskeln, platten Werbesprüchen oder leeren Versprechungen kommen Sie bei ihnen also nicht weiter: Die Ypsiloner merken sehr schnell, ob Sie wissen, wovon Sie sprechen, und honorieren das dann auch, indem sie kaufen – oder eben nicht.

Während frühere Generationen apothekerliche Ratschläge à la "Das ist das Richtige für Sie!" oft ohne Wenn und Aber akzeptiert haben, schätzen die Ypsiloner eine Vorauswahl zwar durchaus. Die letzte Entscheidung treffen sie aber doch lieber selbst. Zeigen Sie ihnen daher die verschiedenen Produkte und heben Sie den jeweiligen Nutzen – auch in Abhängigkeit von der Kundenpräferenz – hervor. Liegen kann dieser Nutzen etwa in

  • grundsätzlichen Eigenschaften (z.B. allopathisch versus homöopathisch, "chemisch" versus "natürlich" oder auch Original versus Generikum),
  • der Darreichungsform (z.B. Kapseln, Saft oder Direktgranulat) oder
  • der Bioverfügbarkeit (die sich ja z.B. bei Magnesiumcitrat und -oxid unterscheidet).

Überlassen Sie es dann dem Kunden, das Produkt auszuwählen, das er für das passendste hält.

Das Internet einbeziehen – und sich davon abheben

Die Ypsiloner sind die erste Generation, die wie selbstverständlich mit den neuen Medien groß geworden ist. Um sie adäquat anzusprechen, sollten Sie das Internet daher nicht verteufeln, sondern es vielmehr einbinden! Das geht z.B. mit einer gut funktionierenden App: Online vorbestellen, um die Ware dann vor Ort abzuholen und zu bezahlen (Click & Collect) – das spart Zeit, Nerven und unnötige Diskussionen, ohne dass dabei die Beratung und der soziale Kontakt zu kurz kämen.

Durch die neuen Medien – und auch durch ihre sozialen Kontakte – kommen die Ypsiloner oftmals "vorgebildet" in die Apotheke. Dann möchten Sie in der Regel keine grundsätzlichen Erklärungen mehr, sondern vielmehr konkrete, möglichst schnelle und unkomplizierte Lösungen für ihre spezifischen Probleme.

In diesem Rahmen sollten Sie sie jedoch auch über mögliche falsche Ansichten bzw. Meldungen aus den Medien bzw. ihrem sozialen Umfeld aufklären. Ein Beispiel: Nicht alles, was aus der Natur kommt, ist unbedenklich – man denke nur an den Fliegenpilz.

Mehr als bei älteren Zielgruppen spielen bei den Ypsilonern auch Emotionen eine wichtige Rolle. Machen Sie daher den Einkauf zum (sozialen) Erlebnis, z.B. durch eine "Chill-out-Area" mit Sitzgelegenheiten und der Möglichkeit zum gegenseitigen Austausch. Einen unpersönlichen Einkauf hingegen kann schließlich auch das Internet bieten.

Literatur

Bund, K.: Glück schlägt Geld. Generation Y: Was wir wirklich wollen, Murmann Verlag: Hamburg 2014

Hurrelmann, K., Albrecht, E.: Die heimlichen Revolutionäre. Wie die Generation Y unsere Welt verändert, Beltz Verlag: Weinheim und Basel 2014

Wala, H. H., Lebok, U. H.: Schöne Meine Welt. Wie GenYZ die Arbeitswelten und Markenwelten verändert, Wir-Marken Verlag: München 2016

Andreas Kinzel, Apotheker und Diplom-Kaufmann (FH), 80637 München, E-Mail: a-kin@web.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2019; 44(24):10-10