Was Sie sagen, wenn Sie nichts sagen

Worauf Chefs in Sachen Körpersprache ganz besonders achten sollten


Anna Schatz

Diverse Magazine und das Internet sind voll von "Regeln", mit denen unser Körper unsere tatsächlichen Emotionen angeblich überspielen kann. Wenn Sie jetzt hoffen, dass das wirklich funktioniert, müssen wir Sie enttäuschen: Sie strahlen nämlich immer das aus, was Sie denken!

Nicht jeder kann Ihre Körpersprache wirklich lesen. Doch auch wer es nicht kann, nimmt auf jeden Fall eine Stimmung wahr – und wird sich damit beschäftigen. Je unklarer sich Ihr Mitarbeiter darüber ist, was diese Stimmung bedeutet, desto stärker wird er emotional gestresst. Kommunizieren Sie also klar. So klar, dass Ihre Mitarbeiter immer sehen können, was Sie denken.

Übrigens: Vergessen Sie nicht, dass Sie als Chef schon durch Ihre bloße Anwesenheit einen gewissen Stress auslösen, auch wenn Sie ein besonders netter Typ sind.

In Sachen Körpersprache sollten Sie auf fünf verschiedene Aspekte besonders achten. Wenn Sie das kontinuierlich tun, verbessern Sie Ihre Ausstrahlung, Ihre Haltung und Ihre Körpersprache nachhaltig.

1. Embodiment

Vereinfacht bedeutet Embodiment das Zusammenspiel von Psyche und Körper. Nun fällt es sogar gut ausgebildeten Schauspielern schwer, ihre eigentliche Stimmung zu verbergen. Was sie jedoch können: Sie können ihr "Emotionskonto" bewusst positiv aufladen, bevor sie ein Gespräch beginnen.

Das sollten auch Sie vor jedem Gespräch mit einem Mitarbeiter tun, insbesondere wenn es unangenehm zu werden verspricht. Wie aber gehen Sie dabei vor?

Prinzipiell gibt es viele Möglichkeiten. Eine davon: Suchen Sie sich fünf positive Eigenschaften, die Sie am Mitarbeiter wirklich schätzen, und formulieren Sie sie auf einem Zettel aus. Ihre innere Einstellung wird sich ändern, und das spiegelt sich auch in Ihrer Körperhaltung wider. Erst dann beginnen Sie das Gespräch.

2. Gesichtsausdruck

Eng mit der inneren Einstellung verbunden ist der Gesichtsausdruck: Denn Ungeduld, Wut, Langeweile und Co. zeigen sich sehr stark in Ihrer Mimik. Und natürlich sollten Sie es vermeiden, Ihren Mitarbeitern solche Gefühle zu offenbaren.

Früher gab es in fast jedem Training den Tipp, sich einen Spiegel an den Arbeitsplatz zu stellen, um sich vor jedem Gespräch bzw. Telefonat darin betrachten und anlächeln zu können. Und wissen Sie was? Das können Sie immer noch so machen, Sie müssen nur dran bleiben. Wenn Sie es vor einem Gespräch hinbekommen zu lächeln, ist das schon einmal gut.

Besonders knifflig kann es allerdings im weiteren Gesprächsverlauf werden – nämlich dann, wenn ein Mitarbeiter Sie mal wieder so richtig auf die Palme bringt: Sie haben etwas schon 100 Mal erklärt? Sie wollen wirklich langsam los und hören sich zum dritten Mal an, dass Kollegin X viel langsamer ist als Kollegin Y? Was können Sie dann tun? Schreiben Sie sich das, was Sie denken, sofort – und natürlich so, dass es Ihr Mitarbeiter nicht lesen kann – auf einen Zettel. Auf diese Weise drückt sich das Gedachte nicht unausgesprochen über Ihr Gesicht aus. Somit wirken Sie quasi dem (Negativ-)Embodiment entgegen.

3. Sicherheit

Fast alle Mitarbeiter haben ein großes Grundbedürfnis: Sicherheit. Dieses Grundbedürfnis müssen Sie immer erfüllen, auch wenn Sie Entscheidungen fällen bzw. präsentieren, mit denen Sie es nicht jedem recht machen. Sie sind der sichere Leuchtturm – nicht das Fähnchen im Wind. Signalisieren Sie das also auch mit dem ganzen Körper, wenn Sie Ihre Entscheidungen mitteilen.

Besonders in diesem Bereich passieren Führungskräften fatale Fehler in der Körpersprache. Diese Fehler können findige Mitarbeiter sofort als Unsicherheit identifizieren. Dazu zählt,

  • übertriebene Dominanz zur Schau zu stellen (bei Frauen beispielsweise: die Arme in den Hüften anwinkeln oder sehr breitbeinig dastehen; bei Männern beispielsweise: sehr breitbeinig mit hinter dem Kopf verschränkten Armen sitzen oder mit den Händen in den Hosentaschen dastehen und die Hüfte vorschieben),
  • auf dem Bürostuhl herumzurollen,
  • in Zeitschriften etc. zu blättern oder
  • hektische Kopfbewegungen zu machen.

Praxistipp: Sicherheit signalisieren Sie vor allem, indem Sie ruhig, laut (aber nicht zu laut) und langsam reden. Verharren Sie kurz in Ihrer Bewegung, wenn Sie zu Ende gesprochen haben, und halten Sie den Blick erhoben!

4. Nähe und Distanz

Die Frage nach Nähe und Distanz ist gerade in Apotheken allgegenwärtig. Schließlich halten sich hier alle meist den ganzen Tag in einem relativ engen Raum auf.

Nun sieht manch ein Chef eine geringe körperliche Distanz (natürlich in angemessenem Rahmen) als Zeichen dafür, dass man sich aufeinander einlässt und dass man Vertrauen zueinander aufbaut – sprich: Als Grundvoraussetzung für gute Teamarbeit. Andere Chefs hingegen setzen eher auf eine entsprechende Distanz. Was nun "besser" ist, muss jeder für sich entscheiden.

Wichtig für Sie als Führungskraft ist vor allem eines: Nicht nur wenn Sie mit der Zusammenarbeit starten, müssen Sie sehr aufmerksam prüfen, ob Sie "angemessene körperliche Nähe" genauso wie Ihr Mitarbeiter verstehen. Das Nähe- bzw. Distanz-Empfinden ist nämlich durch den eigenen Persönlichkeitstyp geprägt. Demzufolge können Sie sich gewaltig täuschen, wenn Sie lediglich von sich selbst ausgehen. Machen Sie sich aber auch keine Sorgen, wenn Ihr Mitarbeiter mehr Distanz braucht als Sie: Denn das hat dann (zumindest oft) nichts mit Sympathie oder Antipathie zu tun.

Praxistipp: Gehen Sie einfach ein paar Schritte auf Ihr Gegenüber zu und beobachten Sie es sehr genau. Ab welcher Distanz ändern sich die Körperhaltung und der Ausdruck des Mitarbeiters? Wann verzieht sich sein Gesicht – und sei es auch nur ein wenig? Genau dann nämlich haben Sie den kritischen Punkt erreicht, ab dem es dem Mitarbeiter zu nah wird. Gehen Sie also wieder etwas zurück.

Übrigens: Das Verständnis von angemessener körperlicher Nähe ist nie statisch: Es ändert sich je nach Stimmung, Anlass und Konstellation. Insofern müssen Sie es jedes Mal wieder aufs Neue evaluieren.

5. Wertschätzung

Der vielleicht wichtigste Punkt nicht nur in der verbalen Kommunikation mit Ihren Mitarbeitern, sondern auch in Ihrer Chef-Körpersprache ist die Wertschätzung. Schenken Sie also dem Menschen, der Ihnen gegenüber steht, die volle Aufmerksamkeit – und das mit dem ganzen Körper.

Wenden Sie sich ihm zu – und nicht von ihm ab. Das bedeutet konkret: Hämmern Sie nicht in die Computertastatur hinein und tippen Sie nicht auf Ihrem Handy herum, wenn ein Mitarbeiter vor Ihnen steht. Schauen Sie ihm stattdessen offen in die Augen – ohne zu starren oder zu stieren! Und halten Sie den Blickkontakt aufrecht. Wenn Sie den Blickkontakt hingegen reduzieren, signalisieren Sie Ihrem Gesprächspartner damit, dass er Ihnen entweder nicht wichtig genug oder dass er Ihnen gar unangenehm ist!

Fazit

Welchen Führungsstil Sie auch immer bevorzugen: Stehen Sie klar dazu und versuchen Sie nicht, etwas anderes darzustellen. Ein kollegialer Chef etwa sollte sich auch in seiner Körpersprache kumpelhaft geben und auf typische Machtgesten verzichten. Es verhält sich wie mit einer Führungskraft, die behauptet, ihre Tür stehe immer offen: Sie wird sich eher unglaubwürdig machen, wenn sie genau diese Tür ständig schließt.

Sofern Sie sich nicht verstellen, müssen Sie auch keine Angst davor haben, sich angreifbar zu machen, wenn die Mitarbeiter Ihre Körpersprache lesen können. Im Gegenteil: Klarheit sorgt für Harmonie – sogar dann, wenn Sie es nicht allen recht machen können.

Anna Schatz, Geschäftsführende Gesellschafterin, HealthcareComm GmbH 47802 Krefeld, E-Mail: kontakt@healthcarecomm.eu

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2020; 45(02):12-12