Gut gewappnet für die steuerliche Betriebsprüfung

Wie Ihnen die Software als Vorerfassung nützt


Ralf Dreczko

Schon lange liegt der Schwerpunkt von Betriebsprüfungen auf den in der Warenwirtschaft gespeicherten Daten. Durch die kürzlich in Kraft getretenen Vorschriften der Kassensicherungsverordnung wird dies weiter an Bedeutung gewinnen. Was gilt es zu beachten?

Anfang der 1990er Jahre wurde die Pflicht eingeführt, Rezepte maschinenlesbar zu bedrucken. Spätestens seither haben die Computer Einzug in die Apotheken gehalten. Inzwischen hat sich die Apothekensoftware jedoch grundlegend gewandelt.

Eine kurze Historie der Apothekensoftware

Die Softwareentwicklung war zunächst darauf ausgerichtet, Rezepte vertragskonform zu bearbeiten und zu beliefern. Hiermit einhergehend digitalisierte man die Lauer-Taxe und übernahm die dort gelisteten Artikel mit ihren Pharmazentralnummern in die Software. Dadurch ließ sich nicht nur die pharmazeutische Beratungstätigkeit optimieren. Vielmehr konnte die Software auch zu einem Warenwirtschaftssystem (WWS) ausgebaut werden, das es möglich machte, die Artikelbestände zu verwalten (Stichwort: Point-of-Sale-Systeme). Nach und nach wurden zudem kaufmännische Prozesse und Auswertungen implementiert.

Eine logische Konsequenz, um die Abläufe noch weiter zu optimieren, war dann die Integration der Kassenfunktion in das WWS. Hierdurch gelangten allerdings die in der Software gespeicherten Daten in den Fokus der Finanzverwaltung, die mittlerweile das gesamte WWS als Buchhaltungs-Vorerfassungssystem ansieht: Sie erwartet, dass die Daten als Grundlage des externen Rechnungswesens und der Besteuerung entsprechend in die Finanzbuchhaltung übernommen werden. Daher sind Sie auch zu einer Verfahrensdokumentation nebst einem internen Kontrollsystem (IKS) verpflichtet, um den Prozess von der Entstehung des Geschäftsvorfalls bis hin zu den erklärten Besteuerungsgrundlagen nachvollziehbar darzustellen.

Leider nur ist das vielen Apotheken nach wie vor nicht bewusst – oder sie vernachlässigen es, weil tagtäglich (zu) viele und komplexe Vorfälle im System verarbeitet werden müssen. Nichtsdestotrotz sollten die Eingaben in das System optimiert werden. Denn werden buchhaltungsrelevante Vorgänge unvollständig oder fehlerhaft erfasst, kann es bei Betriebsprüfungen durchaus zu fünfstelligen Steuernachzahlungen kommen. Was viele überdies nicht auf dem Schirm haben: Wenn es für das Finanzamt bereits einmal etwas "zu holen" gab, kommt es gerne und bald wieder.

"Angriffspunkt" Nr. 1 für das Finanzamt: Die Kassenführung

Die bei der Kassenführung erzeugten Daten werden verpflichtend schon seit vielen Jahren digital in Ihrem System gespeichert. Daraus erhält das Finanzamt Einblick in Ihre Einnahmen und kann sie mit den in der Buchhaltung erfassten Daten vergleichen. Die Daten aus dem WWS haben dabei eine priorisierende Funktion, d.h. sie gelten als die zunächst relevanten Besteuerungsgrundlagen, wenn es Abweichungen von den Buchhaltungsdaten geben sollte – und allein das kann schon zu einer Umsatzerhöhung führen.

Abweichungen ergeben sich insbesondere, wenn die Kassendaten manuell in einem Kassenbuch erfasst und dann von Ihrem Steuerberater in die Buchführung übernommen werden. Denn es gelingt vielen Apotheken nicht, die im System gespeicherten Daten anhand des Tagesabschlussbons eins zu eins in das Kassenbuch zu übertragen. Dies betrifft z.B. die Abbildung der Kreditverkäufe, das Handling von Gutscheinen und Mietkautionen sowie die Begleichung von zuvor fakturierten Rechnungen.

Beachten Sie daher bitte: Durch die manuelle Erfassung haben Sie keinen Vorteil, sondern vielmehr einen zusätzlichen Aufwand – zumal das Kassenbuch angreifbar wird. Gleichermaßen können Sie damit auch nichts "verbergen": Die Kassendaten sind sowieso in Ihrem System gespeichert und werden von der Finanzverwaltung eingesehen. Deshalb ist es sinnvoll, die in allen gängigen Systemen vorhandenen digitalen Schnittstellen zur Buchhaltung und eine integrierte bzw. angebundene Kassenbuchfunktion zu nutzen. Auch wenn Ihnen dadurch eventuell zusätzliche Kosten bei Ihrem WWS-Anbieter entstehen: Es lohnt sich!

Weiterhin sollten Sie alle kassenrelevanten Vorgänge ordnungsgemäß in Ihrem System abbilden. Dazu gehören

  • die vollständige Erfassung der Ausgaben über die Kasse,
  • die zutreffende Trennung von baren und unbaren Geschäftsvorfällen (letztere unterteilt in Kartenzahlungen, Kredit- und Fakturaverkäufe) sowie
  • die Erfassung von Bankeinzahlungen und Privatentnahmen im Kassenbuch.

Denken Sie bitte auch daran, eventuelle Kassenarbeitsplätze im Backoffice beim Tagesabschluss zu berücksichtigen. Denn diese Daten sind ebenfalls in Ihrem System gespeichert.

Werden diese Daten dann digital in die Buchführung übernommen, stimmen sie in beiden Systemen überein (idealerweise inklusive Kassenbestand). Das ist die einfachste Vorgehensweise, um Risiken im Rahmen einer Betriebsprüfung bzw. Kassennachschau zu minimieren.

Achtung: Zu Jahresbeginn wurde der "Fiskalspeicher" mitsamt der Verpflichtung eingeführt, die Kassendaten in einem einheitlichen Format zu speichern (vgl. AWA 22/2019). Als Folge müssen Sie damit rechnen, dass es spätestens im nächsten Jahr verstärkt zu Kassennachschauen kommen wird.

Auch im Fokus: Warenein- und -ausgänge

Die verbuchten Wareneingänge – teilweise inklusive Gutschriften für Retouren – können Sie ebenfalls über die Schnittstelle an die Buchhaltung übermitteln. Hier passieren allerdings erfahrungsgemäß die meisten Anwenderfehler, was zum Teil auch der – buchhalterisch betrachtet – suboptimalen Wareneingangserfassung in der Software geschuldet ist. Deshalb greifen die Steuerbüros hier noch überwiegend auf die manuell erfassten Wareneingangsrechnungen zurück.

Die Finanzverwaltung zieht die diesbezüglich im System gespeicherten Daten hauptsächlich zur Rohertragsverprobung heran. Haben Sie die Wareneingänge nicht sauber im System verbucht, stimmen die Zugangspreise unter Umständen nicht. Das kann dann nicht nur zu einer fehlerhaften Verprobung führen, sondern sich auch auf den Inventurwert und die Aufschlagskalkulation für Ihre Verkaufspreise auswirken.

Buchhaltungsrelevante Daten existieren weiterhin aus der Faktura. Schließlich sind die erzeugten Lieferscheine und Rechnungen im System gespeichert. Hier sollten Sie darauf achten, die Lieferscheine zeitnah in Rechnungen zu überführen. Denn einen Umsatz realisieren Sie bereits, wenn Sie Ware an den Kunden übergeben. In der Buchführung erfassen Sie dies aber erst, wenn Sie eine Rechnung erstellen.

Aufgrund der "Abweichungsproblematik" ist es sinnvoll, auch die per Faktura erzeugten Ausgangsrechnungen über die Buchhaltungsschnittstelle zu übermitteln.

Unsicherheitsfaktor Datenschutz

Wenn Sie Ausgangsrechnungen übermitteln, erweisen sich die gespeicherten persönlichen Daten Ihrer Kunden (Identität und bezogene Arzneimittel) als problematisch. Steuerrechtlich sind Sie bei einer Betriebsprüfung zwar nach §200 Abgabenordnung (AO) dazu verpflichtet, alle steuerrelevanten Daten vorzulegen und Auskünfte zu erteilen. Dagegen steht allerdings das Auskunftsverweigerungsrecht für bestimmte Berufsgruppen nach §102 AO – so auch für Apotheker.

Laut Bundesfinanzhof ist durch diesen Paragrafen auch die bloße Identität des Kunden geschützt (Urteil vom 28.10.2009, Aktenzeichen: VIII R 78/05). Würden Sie somit Kundendaten an das Finanzamt herausgeben, wäre das auch datenschutzrechtlich nicht legitimiert – es sei denn, Ihre Kunden hätten Ihnen hierfür ihre explizite Einwilligung gegeben.

Daher übermitteln alle gängigen Softwaresysteme die Daten in der Regel so an das Finanzamt, dass keine Klarnamen von Kunden und Mitarbeitern erkennbar sind. Schwierig wird es jedoch, wenn der Prüfer auch Einsicht in die entsprechenden Papierbelege verlangt. Dann müssten Sie streng genommen die Kundendaten unkenntlich machen – was unter Umständen einen kaum vertretbaren Aufwand bedeutet.

Ralf Dreczko, Diplom-Kaufmann, Treuhand Hannover, 10115 Berlin, E-Mail: ralf.dreczko@treuhand-hannover.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2020; 45(06):6-6