Urlaubstage, Mindestlohn und Co.

Praxistipps für die Beschäftigung von Minijobbern


Dr. Markus Rohner

Minijobs stehen in der Apotheke auf der Tagesordnung. Aber wie viele Urlaubstage stehen geringfügig Beschäftigten eigentlich zu? Was gilt es im Hinblick auf den Mindestlohn zu beachten? Und welche Regelungen sind in der Coronakrise wichtig?

Im Augenblick ist das Thema "Minijob" besonders relevant – nicht nur wegen der Coronakrise, sondern auch, weil es mit den gesetzlichen Neuregelungen zu einer Ausweitung des Botendienstes kommen wird. Das kann dazu führen, dass entweder aus geringfügig Beschäftigten Midijobber bzw. Vollzeitkräfte werden oder der Bedarf durch zusätzliche 450-€-Jobs abzudecken ist.

Gleiches Recht für alle

Grundsätzlich gilt: Arbeitsrechtlich sind Minijobber Vollzeitbeschäftigten gleichgestellt, so z.B. im Hinblick auf

  • den Kündigungsschutz,
  • Ansprüche auf Entgeltfortzahlung bei Krankheit und Mutterschaft,
  • Ansprüche auf Elternzeit,
  • Ansprüche auf Sonderzahlungen und
  • Urlaubsansprüche.

Gerade beim Urlaub kommt es häufig zu Missverständnissen. Hier müssen Sie den vertraglich vereinbarten Jahresurlaub auf die Werktage umrechnen, an denen der Mitarbeiter laut Vertrag arbeitet. Dabei kommt es darauf an, an wie vielen Werktagen Ihr Minijobber pro Woche arbeitet – und nicht darauf, wie viele Stunden er an den einzelnen Werktagen leistet.

Beispiel: Gehen wir von einem Minijobber aus, der einen Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub von jährlich 24 Urlaubstagen bei einer Sechs-Tage-Woche hat und der insgesamt zehn Stunden in der Woche für Sie tätig ist:

Fall 1: Arbeitet dieser Minijobber an fünf Werktagen pro Woche, stehen ihm dementsprechend jährlich 20 Urlaubstage (=24/6·5) zu.

Fall 2: Arbeitet der Minijobber hingegen nur an zwei Werktagen pro Woche, stehen ihm – trotz der insgesamt gleichen Wochenarbeitszeit wie in Fall 1 – lediglich acht Urlaubstage (=24/6·2) zu.

Im Ergebnis müssen Sie Minijobbern damit den gleichen Urlaub gewähren wie Vollzeitkräften.

Wo liegen die Verdienstgrenzen für Minijobber?

Damit die Vorteile, die ein Minijob mit sich bringt, erhalten bleiben, darf der Minijobber monatlich regelmäßig nicht mehr als 450 € und jährlich nicht mehr als 5.400 € verdienen. Dabei müssen Sie Sonderzahlungen und den Mindestlohn im Auge behalten.

Haben MinijobberAnspruch auf Mindestlohn?

Denn auch Minijobber haben einen Anspruch auf Mindestlohn. Dabei ist zu beachten, dass der Mindestlohn ab dem 01.01.2020 auf 9,35 € angehoben wurde. Aber was bedeutet diese Erhöhung (ebenso wie natürlich jede weitere) nun konkret für Sie?

Hat ein Minijobber bisher so viel gearbeitet, dass mit dem "alten" Mindestlohn die 450-€-Grenze bereits ausgereizt wurde, müssen folgerichtig die Stunden reduziert werden, damit aus dem Minijob keine Vollbeschäftigung wird. Derzeit darf die monatliche Arbeitszeit folglich höchstens 48,13 Stunden betragen.

Den Nachweis darüber, dass Sie sich als Arbeitgeber an diese "Regeln" halten, haben Sie bekanntlich anhand von Stundenzetteln zu führen, die den Beginn, das Ende und die Dauer der Tätigkeit festhalten. Diese Aufzeichnungen sind zwei Jahre aufzubewahren.

Aber welche Leistungen gehören überhaupt zum Mindestlohn – und welche nicht? Das hat das Bundesarbeitsgericht mittlerweile geklärt: Trinkgelder und Nachtzuschläge erhöhen den Mindestlohn nicht. Anders sieht das bei Prämienzahlungen, Sonn- und Feiertagszuschlägen sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld aus: Sie müssen bei der Berechnung des Mindestlohns einbezogen werden.

Wie viele Minijobs sind möglich?

Ihr Arbeitnehmer darf neben einem Hauptbeschäftigungsverhältnis (wozu auch der Bezug von Vorruhestandsgeld zählt) zwar mehrere Minijobs bei verschiedenen Arbeitgebern haben, aber die Verdienstgrenze von insgesamt 5.400 € im Jahr nicht überschreiten. Er muss Ihnen über seine weiteren Minijobs Auskunft geben.

In einer Apotheke bzw. in einem Apothekenverbund darf pro Arbeitnehmer nur ein Minijob "vergeben" werden. Auch mehrere Minijobs eines Arbeitnehmers an unterschiedlichen Standorten (also z.B. in der Hauptapotheke und in einer Filiale) sind somit nicht zulässig.

Was gilt bei Schwankungen über das Jahr und Arbeit auf Abruf?

Verdienen z.B. Boten in den umsatzstarken Monaten im Winter monatlich 1.000 € und im Sommer so viel weniger, dass sie über das Jahr verteilt insgesamt bei unter 5.400 € bleiben, widerspricht das trotzdem den gesetzlichen Vorgaben und kann damit zu Nachzahlungen führen.

Übersteigt das monatliche Entgelt hingegen im Einzelfall, unvorhersehbar und in nicht mehr als drei Monaten 450 €, darf der Jahresverdienst insgesamt auch 5.400 € übersteigen (laut Bundestagsbeschluss vom 25.03.2020 befristet auf fünf Monate erweitert).

Vorsicht ist bei Arbeitsverhältnissen auf Abruf geboten. Hier gilt §12 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG). Demzufolge müssen im Arbeitsvertrag die Dauer der täglichen und der wöchentlichen Arbeit festgelegt sein.

Ist eine tägliche Dauer der Arbeitszeit allerdings nicht vereinbart, müssen Sie den Minijobber für mindestens drei aufeinanderfolgende Stunden in Anspruch nehmen und auch bezahlen – selbst wenn er im Ergebnis weniger arbeitet.

Wenn keine Vereinbarung über die wöchentliche Arbeitszeit vorliegt, gilt fiktiv die gesetzlich vorgeschriebene Wochenarbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart – und ist auch zu vergüten (§12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG). Tatsächlich geleistete Arbeitsstunden reduzieren die fiktive wöchentliche Arbeitszeit entsprechend.

Beispiel: Hat ein Bote ohne Vereinbarung der wöchentlichen Arbeitszeit nur zwölf Stunden gearbeitet, muss der Apotheker trotzdem die vorgeschriebenen 20 Stunden vergüten. Hier werden zu den tatsächlich geleisteten zwölf Arbeitsstunden nämlich noch acht fiktive Arbeitsstunden hinzugerechnet. In diesem Fall ist die 450-€-Grenze schnell überschritten, sodass das Arbeitsverhältnis sozialversicherungspflichtig wird und die Möglichkeit der Pauschalversteuerung entfällt.

Erforderlich ist es auch, bei einer Arbeit auf Abruf eine Mindest- oder eine Höchstarbeitszeit zu vereinbaren (nicht aber beides zusammen!). Die Mindestarbeitszeit darf nicht um mehr als 25% überschritten und die Höchstarbeitszeit um nicht mehr als 20% unterschritten werden.

Im Übergangsbereich gelten die Regeln zum Midijob

Erhält ein Arbeitnehmer regelmäßig zwischen 450,01 € und 1.300,00 € monatlich, übt er einen Midijob aus. In diesem Fall zahlen Sie bereits volle Sozialversicherungsbeiträge, während diese beim Arbeitnehmer reduziert sind.

Was Sie in der Coronakrise wissen müssen

Minijobber sind den anderen Arbeitnehmern auch im Krankheitsfall gleichgestellt. Ist der Minijobber an Covid-19 erkrankt, gilt daher die regelmäßige Lohnfortzahlung. Steht er hingegen unter Quarantäne, können die entsprechenden Kosten nach dem Infektionsschutzgesetz erstattet werden (vgl. AWA 6/2020).

Müssen z.B. Boten aufgrund der Coronakrise Überstunden leisten, liegt ein klassisches unvorhersehbares Ereignis vor, sodass die Verdienstgrenzen – wie beschrieben – überschritten werden dürfen.

Können oder müssen Sie Kurzarbeit einführen, sind aktuell einige Erleichterungen beschlossen worden (vgl. auch den Beitrag "Ein Virus und viele rechtliche Fragen"). Für Minijobber bleibt es aber bei der Altregelung: Mit ihnen kann keine Kurzarbeit vereinbart werden, weil sie nicht sozialversicherungspflichtig sind.

Dr. Markus Rohner, Rechtsanwalt, Partner der RST Beratungsgruppe, 45128 Essen, E-Mail: mrohner@rst-beratung.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2020; 45(07):12-12