Ein Virus und viele rechtliche Fragen

Welche Antworten die ABDA gibt


Dr. Michael Brysch

Von (Arbeits-)Alltag kann in Zeiten der Coronakrise kaum die Rede sein. Immer wieder stellen sich neue Fragen etwa im Hinblick darauf, wie Sie Ihr Personal schützen und den Apothekenbetrieb aufrecht erhalten können. Unsere Standesvertretung gibt Antworten.

Im AWA 6/2020 haben wir bereits einige vor allem arbeitsrechtliche Fragen zur Coronakrise beantwortet. Im Folgenden soll es u.a. darum gehen, wie Sie Ihren Betrieb aufrecht erhalten können bzw. was Sie bei einer eventuellen Schließung beachten müssen. Grundlage ist der Frequently-Asked-Questions (FAQ)-Katalog (Stand: 24.03.2020), den die Bundesvereinigung deutscher Apothekerverbände (ABDA) auf ihrer Homepage zur Verfügung stellt (vgl. Service).

Die ABDA aktualisiert und erweitert den Katalog regelmäßig. Insofern bietet es sich an, bei entsprechenden Fragen einen Blick in die jeweils gültige Version zu werfen. Zudem weist die Standesvertretung darauf hin, dass sie länder- bzw. ortsspezifische Besonderheiten wegen der sich ständig ändernden Lage nicht berücksichtigen könne. Eine Rolle spielt das u.a., weil für die Behörden der Bundesländer die Möglichkeit besteht, Erlaubnisse zu erteilen, die von bestimmten arzneimittelrechtlichen Vorschriften abweichen. Gleiches ist für einige apothekenrechtliche Regelungen geplant. In Zweifelsfällen sollten Sie sich daher an die für Sie zuständige Behörde, insbesondere Ihre Apothekerkammer, wenden.

Wichtig: Laut ABDA haben Sie die einschlägigen apotheken- und arbeitsschutzrechtlichen Vorgaben zu beachten, sofern Sie Rezepturen herstellen. Sollte Ihnen das im Ausnahmefall nicht möglich sein, muss die Herstellung unterbleiben.

Wie schützen Sie Ihre Mitarbeiter?

Nicht nur, um den Apothekenbetrieb aufrecht zu erhalten, ist es unabdingbar, dass Sie Ihre Mitarbeiter schützen. Manch einer erwägt hier die Möglichkeit, Patienten auch während der normalen Öffnungszeiten über die Notdienstklappe zu versorgen. Die ABDA verweist darauf, dass das im Einzelfall – und somit eben nur ausnahmsweise – apothekenrechtlich unbedenklich ist, sofern der Patient dem zustimmt. Man müsse aber bedenken, dass sich das Infektionsrisiko hierdurch vermutlich nicht mindern lasse. Denn Apotheker und Patient befänden sich so in engerem Kontakt als – getrennt durch den Handverkaufs (HV)-Tisch – in der Offizin. Allerdings hat ABDA-Präsident Friedemann Schmidt mittlerweile gefordert, auch die Pflicht des offenen Verkaufsraums aufzuheben, um damit eine Versorgung über die Notdienstklappe zu ermöglichen.

Sinnvoll ist es der ABDA zufolge, die Zahl derjenigen Patienten zu beschränken, die sich gleichzeitig in der Offizin aufhalten. Gleichermaßen muss der Abstand zwischen Patienten und Personal gewahrt bleiben. Als mögliche Maßnahmen nennt die ABDA hier einfache Barrieren auf Gesicht- und Körperhöhe, wie etwa die Plexiglasscheiben, die viele von Ihnen bereits in ihren Apotheken installiert haben.

Was tun bei einem Corona-(Verdachts-)Fall?

Laut Robert Koch-Institut (RKI) liegt ein begründeter Covid-19-Verdachtsfall u.a. dann vor, wenn jemand während der letzten 14 Tage Kontakt mit einem bestätigten Patienten hatte und akute respiratorische Symptome jeder Schwere zeigt – abklären kann das aber letztlich nur ein Arzt. Sofern Sie allerdings ausreichende Anhaltspunkte für einen Covid-19-Verdachtsfall haben, sollten Sie den Mitarbeiter zunächst separieren und anschließend Ihr lokales Gesundheitsamt zum weiteren Vorgehen kontaktieren.

Wann müssen Sie die Apotheke schließen?

Die Apotheke schließen müssen Sie, wenn weder Sie selbst als Apothekenleiter noch eine vertretungsberechtigte Person anwesend sein können. Denn das ist nach §2 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) Voraussetzung dafür, dass die Apotheke ordnungsgemäß geleitet wird. Hier reicht es übrigens nicht aus, wenn Sie oder Ihre Vertretung sich in unmittelbarer Nähe zur Apotheke aufhalten und z.B. telefonisch erreichbar sind.

Ebenfalls geschlossen werden muss die Apotheke, wenn die zuständige Behörde Quarantänemaßnahmen für Mitarbeiter anordnet und somit eine ordnungsgemäße Besetzung nicht mehr möglich ist – oder aber, wenn gleich die ganze Apotheke unter Quarantäne gestellt wird.

Sofern Sie die Apotheke schließen müssen, ist dies der zuständigen Apothekerkammer anzuzeigen. Können Sie Ihren Betrieb wieder öffnen, gilt die Anzeigepflicht gleichermaßen.

Übrigens: Sollten Sie selbst unter Quarantäne stehen, dürfen Sie die Apotheke nicht per Videochat oder auf ähnlichem Wege leiten. Allerdings ist es zulässig, wenn Sie sich in diesem Fall "per Telekommunikationsmittel an der Erfüllung der apothekerlichen Aufgaben" beteiligen. Voraussetzung: Sie sind gesundheitlich dazu in der Lage.

Wichtig: Der Bundestag hat am 25.03.2020 beschlossen, dass die Bundesregierung in Situationen wie der derzeitigen u.a. Ausnahmeregelungen für den Personaleinsatz in und die Leitung von Apotheken verhängen darf. Informieren Sie sich also im Einzelfall.

Dürfen Sie die Öffnungszeiten anpassen?

Grundsätzlich sind Sie nach §23 ApBetrO zur ständigen Dienstbereitschaft verpflichtet. Ausnahmen, die für den Fall gelten, dass die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung durch andere Apotheken gewährleistet wird (z.B. im Nacht- und Notdienst), sind im selben Paragrafen aufgeführt.

Wenn es nun im Rahmen der Coronakrise zu einem Engpass kommen sollte und Sie die notwendige Personalbesetzung nicht aufrechterhalten können, dürfen Sie Ihre Öffnungszeiten trotzdem prinzipiell nicht eigenmächtig noch weiter reduzieren – es sei denn, es gibt bei Ihnen andere landesrechtliche Regelungen. So etwa gelten in Sachsen-Anhalt, Berlin oder Hessen bereits verkürzte Kernöffnungszeiten. Informieren Sie sich hier gegebenenfalls bei Ihrer zuständigen Apothekerkammer – von der Sie sich übrigens unter bestimmten Voraussetzungen auch stundenweise von Ihrer Verpflichtung zur Dienstbereitschaft befreien lassen können.

Ebenfalls an Ihre Apothekerkammer sollten Sie sich wenden, wenn sich Probleme in Sachen Nacht- und Notdienst ergeben. Denn dann ist laut ABDA ein Tausch "bereits jetzt relativ unbürokratisch unter Beachtung der rechtlichen Vorgaben und der Verwaltungsgepflogenheiten" möglich.

Können Sie Kurzarbeitergeld beantragen?

Bei schwierigen wirtschaftlichen Entwicklungen bzw. unvorhersehbaren Ereignissen wie eben der Coronakrise wird es möglicherweise notwendig, Kurzarbeit anzuordnen. Um die hieraus resultierenden Entgeltausfälle zumindest in Teilen auszugleichen, können Arbeitgeber Kurzarbeitergeld bei der regionalen Agentur für Arbeit beantragen, sofern mindestens 10% der Beschäftigten betroffen sind. Wird der Antrag genehmigt, erhalten die entsprechenden Mitarbeiter maximal zwölf Monate lang 60% ihres pauschalierten Netto-Engelts bzw. bei mindestens einem Kind im Haushalt 67% (vgl. auch Service).

Die ABDA weist allerdings darauf hin, dass es "angesichts der typischerweise eher überdurchschnittlichen Belastungssituation im Pandemiefall" vom Einzelfall abhänge, ob eine Apotheke überhaupt berechtigt sei, Kurzarbeitergeld zu beziehen. Auskunft können Sie bei der zuständigen Behörde erhalten. (bry)

Service

  • Den vollständigen FAQ-Katalog, der noch viele weitere Fragen beantwortet, finden Sie auf der Webseite der ABDA.
  • Auf dieser Seite gibt es überdies weitere hilfreiche Dokumente wie
    – einen Überblick über die "Herstellung von Desinfektionsmitteln für die Hände in der Apotheke",
    – die "Empfehlungen der Bundesapothekerkammer zu Arbeitsschutzmaßnahmen während der Covid-19-Pandemie" sowie
    – einen Schaufensteraushang zum "Verdacht auf Coronavirus".
  • Das Robert Koch-Institut (RKI) versorgt Sie mit aktuellen Informationen zu Covid-19.
  • Über das RKI finden Sie auch das für Sie zuständige Gesundheitsamt.
  • Informationen zur Kurzarbeit gibt es auf der Webseite der Arbeitsagentur.

Dr. Michael Brysch, Apotheker und Diplom-Kaufmann, Chef-Redakteur AWA, E-Mail: mbrysch@dav-medien.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2020; 45(07):14-14