Wenn der nächste Hitzerekord ansteht

Wie Sie Ihre Arzneimittel richtig lagern


Karin Wahl

Nicht erst seit der Diskussion um den Klimawandel haben Apotheken Probleme mit der richtigen Lagerung ihrer Arzneimittel. Grundlage dafür sind insbesondere §4 Abs. 2d und §16 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO). Was können Sie tun?

Zu Beginn eine kleine Anekdote: Ein gefürchteter Pharmazierat bemerkte bei der Revision in einer Apotheke, mit deren Inhaber es schon mehrfach Probleme gegeben hatte, dass einige Medikamente im Kühlschrank nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechend gelagert worden waren. Da er dem Inhaber zutraute, diese Medikamente trotzdem noch zu verkaufen, wischte der Pharmazierat mit dem Arm alle Fächer leer und zertrampelte die auf dem Boden liegende Ware im Wert von zigtausend Euro.

Das führte dazu, dass die Kollegen im Umkreis die korrekte Lagerung ernster als zuvor nahmen. Alte, insuffiziente Kühlschränke wurden durch neue, spezielle Medikamentenkühlschränke ersetzt. Die Kühlschranktemperaturen überprüfte man morgens und abends mit Mini-Max-Thermometern und hielt die Ergebnisse im Rahmen des Qualitäts-Management-Systems (QMS) in einer Tabelle an der Kühlschranktür fest. Die Kollegen hatten begriffen, dass es fahrlässig war, an der korrekten Lagerung der immer teurer werdenden Medikamente zu sparen.

In erster Linie ist die korrekte Lagerung natürlich wichtig, um die Wirksamkeit und die Verträglichkeit zu gewährleisten. Allerdings lassen sich damit gleichermaßen peinliche Reklamationen verhindern.

Gleich zu Beginn schon an die Temperatur denken

Gemeinhin ist es teurer "nachzurüsten", als die entsprechenden Maßnahmen gleich schon beim (Um-)Bau vorzunehmen. Daher sollten Sie die korrekte Lagerung bereits im Blick haben, wenn Sie neue Apothekenräumlichkeiten beziehen oder gar bauen.

Hier gilt es, den Architekten auf die speziellen Anforderungen aufmerksam zu machen und sich fortwährend mit ihm zu besprechen. Dabei ist insbesondere auch die Sonneneinstrahlung zu berücksichtigen – vor allem im Hinblick auf die Schaufenster.

Als Voraussetzung für die adäquate Einrichtung sollten Sie außerdem in den einzelnen Räumen ein sogenanntes Temperatur-Mapping durchführen. Damit lässt sich die Temperaturverteilung in den Räumen bestimmen.

Bei grundlegenden baulichen Veränderungen kann es sinnvoll sein, über die Anschaffung von Kommissionierautomaten mit integriertem Kühlsystem nachzudenken. Stationieren Sie den Automaten in einem kühleren Untergeschoß, können Sie dadurch auch noch Energiekosten sparen.

Ansonsten gelingt die Kühlung natürlich mit speziellen Medikamentenkühlschränken, von denen Sie sich gegebenenfalls gleich mehrere zulegen sollten. Denn zum einen müssen Sie dann nicht einen einzelnen Kühlschrank zu dicht bepacken, und zum anderen können Sie einen Ausfall (z.B. durch einen Defekt) besser kompensieren. Darüber hinaus gibt es aber auch Schubsäulen, die sich mit einem Kühlsystem aufrüsten lassen.

Übrigens: Nicht nur für den Fall, dass der Wert der zu kühlenden Ware sehr hoch ist, haben sich Temperaturlogger bewährt. Sie messen sowohl die Temperatur als auch die Luftfeuchtigkeit. Wenn sie Werte außerhalb der zulässigen Bereiche feststellen, schlagen sie Alarm.

Vorsicht nicht nur bei Kühlware

Neben den gekühlt zu lagernden Arzneimitteln, wie etwa Impfstoffen, empfindlichen Augentropfen, Insulinen und Biologicals, gibt es aber bekanntlich noch weitere wärmeempfindliche Produkte in Ihrer Apotheke, so z.B.

  • (Vaginal-)Zäpfchen,
  • leichte Emulsionen,
  • Arzneimittel mit Inhaltsstoffen wie ätherischen Ölen, die sich absetzen können (was sich nicht zuletzt auch in Flecken an der Umverpackung zeigt), sowie
  • Energieriegel, deren Schokoladenumhüllung schmelzen kann.

Auch hier ist auf die korrekte Lagerung zu achten. Problematisch sind z.B. Sicht- und Freiwahl-Artikel bei Apotheken mit sehr großflächigen, sonnenbestrahlten Schaufenstern. Als erste, preiswerte Präventivmaßnahme bietet es sich an, UV- und Wärme-Schutzfolien in den Schaufenstern anzubringen. Eine UV-Schutzfolie sorgt zudem dafür, dass insbesondere Ihre Nicht-Schnelldreher-Packungen bei längerer, intensiver Sonneneinstrahlung nicht ausbleichen.

Gerade wenn die Artikel noch zusätzlich durch die elektrische Beleuchtung erwärmt werden, kann es sinnvoll sein, sie aus den Regalen zu nehmen – und stattdessen mit einer digitalen Sicht- und Freiwahl zu arbeiten (vgl. AWA 14/2018).

Ein besonders problematischer Standort ist die Schleuse, über die der Großhändler nachts die Ware anliefert. In der Regel ist sie weder gegen Sommerhitze noch gegen Winterkälte geschützt. Da hilft es nur, empfindliche Arzneimittel nicht abends, sondern erst am nächsten Vormittag zu bestellen.

Gleichermaßen ist es wichtig, dass nicht bei jedem Türöffnen Wärme und Feuchtigkeit über die Schleuse in die Apotheke gelangt. Hier kann Ihnen ein versierter Klimatechniker helfen.

Gut auch fürs Betriebsklima: Die Klimaanlage

Wenn Sie eine adäquate Lagerung ansonsten nicht gewährleisten können, wird es notwendig, eine Klimaanlage entweder in die gesamte Apotheke oder zumindest in die betroffenen Räume einzubauen. Gefragt ist auch hier ein Klimatechniker. Denn nicht zuletzt darf es weder für das Personal noch für die Kunden ziehen. Ansonsten wäre die Akzeptanz reduziert.

Bei Klimaanlagen sollten Sie auf lange Sicht den Stromverbrauch finanziell nicht unterschätzen. Eine Idee, um die Kosten etwas zu senken: Vielleicht können Sie ja auf dem Dach ein Solarpanel zur "Selbstversorgung" installieren (vgl. zur Finanzierung den "Service"-Abschnitt am Ende des Artikels)?

Der positive Nebeneffekt einer optimal klimatisierten Apotheke: Die Mitarbeiter sind konzentrierter und machen damit weniger Fehler. Zudem ist ein gutes Betriebsklima die Folge – und potenzielle neue Mitarbeiter lassen sich auf diese Weise leichter gewinnen.

Exkurs: Auch an die Kunden denken

Wenn Sie einem Kunden temperaturempfindliche Ware übergeben haben, muss er sie auch sicher nach Hause bringen. Zu diesem Zweck können Sie ihm eine attraktive Kühltasche oder -box mit dem Logo Ihrer Apotheke mitgeben.

Achten Sie darauf, dass Sie immer einen ausreichenden Vorrat in verschiedenen Größen zur Hand haben, da nicht jeder Kunde die Tasche oder Box wieder zurückgibt. In diesem Fall sollten Sie das "Transportvehikel" übrigens als Kundenincentive ansehen.

Schnell-Sein ist gefragt

In den letzten Jahrzehnten mögen pragmatische ehrenamtliche Pharmazieräte bestimmte Apotheken im Sommer von Revisionen "verschont" haben. Das allerdings dürfte zukünftig nicht mehr zu erwarten sein. Insofern sollten Sie die Maßnahmen für eine adäquate Lagerung nicht auf die lange Bank schieben. Holen Sie lieber gleich Angebote ein, und vergleichen Sie sie. Denn wenn der Pharmazierat Mängel feststellt, Fristen setzt und Sie zudem auffordert, die falsch gelagerte Ware zu vernichten, wird es deutlich teurer werden, als wenn Sie jetzt die Vorgaben der ApBetrO freiwillig und ohne Stress umsetzen.

Wichtig: Die Klimatechniker sind gut beschäftigt und haben lange Wartezeiten. Außerdem sind bereits im Frühsommer hohe Temperaturen möglich. Auch deshalb sollten Sie möglichst schnell handeln.

Service

  • Hinweise zur "Kühllagerung von Arzneimittel" finden Sie unter den Faktenblättern auf der ABDA-Webseite.
  • Es gibt viele Anbieter für Apothekeneinrichtungen inklusive der optimalen Lagerung von Arzneimitteln. Nehmen Sie Kontakt auf, und lassen Sie sich beraten!

Karin Wahl, Fachapothekerin für Offizinpharmazie, Beraterin im Gesundheitswesen 70195 Stuttgart, E-Mail: karinruthwahl@t-online.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2020; 45(08):10-10