Neue Urteile zur Erbschaftsteuer

Was Sie zu abziehbaren Nachlassverbindlichkeiten wissen sollten


Helmut Lehr

Erben können bestimmte Aufwendungen von ihrem Erwerb abziehen und damit die Erbschaftsteuer mindern. Oft ist die Rechtslage aber hoch komplex und muss gegebenenfalls gerichtlich geklärt werden. In gleich drei aktuellen Entscheidungen hatte die Finanzverwaltung nun das Nachsehen.

Als Nachlassverbindlichkeiten sind im Rahmen der Erbschaftsteuerfestsetzung u.a. Kosten

  • für die Bestattung des Erblassers,
  • für ein angemessenes Grabdenkmal,
  • für die übliche Grabpflege,
  • für die Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses und
  • für die Erlangung der vererbten Vermögensgegenstände

abzugsfähig.

Pauschale auch für den Nacherben?

Ohne konkreten Nachweis wird für diese Aufwendungen die sogenannte Erbfallkostenpauschale in Höhe von 10.300 € abgezogen.

Das Finanzgericht Münster hat nun entschieden, dass auch ein Nacherbe diese Pauschale geltend machen kann, wenn er tatsächlich Kosten getragen hat (Urteil vom 24.10.2019, Aktenzeichen: 2 K 3549/17 Erb). Im Streitfall war zunächst die Tante der Klägerin verstorben, die ihren Ehemann (also den Onkel der Klägerin) als Vorerben bestimmt hatte. Nachdem der Onkel kurz darauf ebenfalls das Zeitliche gesegnet hatte, kam die Klägerin als Nacherbin zum Zuge. Sie hatte nachweislich (nur) 40 € für die Erteilung des Erbscheins und die "Testamentseröffnung" bezahlt.

Das Finanzamt hatte den Abzug der Pauschale ursprünglich u.a. deshalb nicht gelten lassen wollen, weil die Pauschale pro Erbfall nur einmal zu gewähren sei und eigentlich (nur) dem Onkel als Vorerben zugestanden hätte. Dagegen war die Klägerin vorgegangen.

Nach Ansicht des Gerichts ist die Nacherbschaft steuerrechtlich als eigener Erbfall zu werten – deshalb müsste die Pauschale auch bei der Klägerin als Nacherbin berücksichtigt werden. Auf die Höhe der tatsächlich getragenen bzw. nachgewiesenen Kosten (hier eben jene 40 €) käme es aufgrund des eindeutigen Gesetzeswortlautsnicht an. Abschließend muss nun der Bundesfinanzhof entscheiden (Aktenzeichen des anhängigen Verfahrens: II R 3/20).

(Vergebliche) Prozesskosten

In einem ganz besonderen Fall hatte der Bundesfinanzhof darüber zu entscheiden, ob die Kosten eines Zivilprozesses, in dem ein Erbe vermeintlich zum Nachlass gehörende Ansprüche geltend macht, als Nachlassregelungskosten abziehbar sind (Urteil vom 06.11.2019, Aktenzeichen: II R 29/16). Konkret ging es um zwei Miterben, die zahlreiche Prozesse geführt hatten. Erfolgreich war die Klage gegen eine Bank auf Herausgabe eines Depots, das zum Vermögen des Erblassers gehörte. Erfolglos blieb hingegen eine Klage gegen die Stadt auf Herausgabe einer Porzellansammlung, die der Verstorbene dem städtischen Museum geschenkt hatte.

Zunächst sollten Sie wissen, dass Schulden und Lasten nicht abzugsfähig sind, wenn sie in wirtschaftlichem Zusammenhang mit Vermögensgegenständen stehen, die nicht der Erbschaftsteuer unterliegen (§10 Abs. 6 Erbschaftsteuergesetz). Mit dieser Begründung hatte auch das Finanzamt die Kosten des erfolglosen "Porzellansammlungs-Prozesses" nicht berücksichtigt.

Anders sah es der Bundesfinanzhof: Die obersten Steuerrichter haben klargestellt, dass es sich hierbei grundsätzlich um abzugsfähige Nachlassregelungskosten handelt, die den Erben entstanden sind. Die obige Vorschrift zu den nicht abzugsfähigen Schulden und Lasten, die noch vom Erblasser herrühren, könne in diesem Fall nicht angewendet werden.

Pflegekosten für die Grabstätte

Die Kosten für die Bestattung des Erblassers sowie für ein angemessenes Grabdenkmal und die Grabpflege sind – wie bereits eingangs erwähnt – als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig. In diesem Zusammenhang hatte der Bundesfinanzhof kürzlich darüber zu entscheiden, ob auch die Kosten für die Pflege einer Wahlgrabstätte abziehbar sind, in der nicht der Erblasser, sondern dritte Personen bestattet sind (Urteil vom 22.01.2020, Aktenzeichen: II R 41/17).

Im Streitfall war der Kläger testamentarischer Alleinerbe seines verstorbenen Cousins. In der Grabstätte war die Tante des Klägers beigesetzt.

Das oberste deutsche Steuergericht hat entschieden, dass der Abzug rechtens ist – sofern sich (wie im vorliegenden Fall) bereits der Erblasser für die Dauer des Grabnutzungsrechts zur Pflege verpflichtet hatte und diese Pflicht auf den Erben übergegangen ist. Allerdings können insoweit nur die nachgewiesenen Kosten abgezogen werden.

Sind in der Wahlgrabstätte hingegen sowohl "dritte Personen" als auch der Erblasser bestattet, greift gegebenenfalls die Erbfallkostenpauschale von 10.300 € – falls keine höheren Aufwendungen nachgewiesen werden.

Hinweis: Die Urteile zeigen, dass auch im Erbschaftsteuerrecht die Frage nach der Abziehbarkeit von Aufwendungen oftmals noch nicht ausreichend geklärt ist. Daher sollten Sie als Erbe/Begünstigter spätestens dann, wenn Sie zur Abgabe der Erbschaftsteuererklärung aufgefordert werden, ein ausführliches Gespräch mit Ihrem steuerlichen Berater führen und ihm sämtliche eventuell relevanten Sachverhalte schildern. Nur so kann sichergestellt werden, dass keine Ausgaben unter den Tisch fallen.

Helmut Lehr, Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater, 55437 Appenheim

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2020; 45(12):16-16