Nicht auf die lange Bank schieben

Welche digitalen Angebote die Kunden heute von Ihnen erwarten


Dr. Markus Preißner

Die zunehmende Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft betrifft auch den Apothekenmarkt in Deutschland. In einer aktuellen Studie hat das IFH Köln deshalb die Chancen und Herausforderungen für Apotheken im sich wandelnden Wettbewerb untersucht.

Online ist schnell, einfach und bequem – das lernen Konsumenten in vielen Lebensbereichen und Branchen Tag für Tag. In Zeiten der Coronakrise gilt dies ganz besonders – und so wird der Ruf nach digitalen Angeboten und Services auch in Vor-Ort-Apotheken immer lauter.

Rund drei Viertel der Apothekenkunden, die das Internet zumindest gelegentlich per Smartphone, Tablet, Laptop oder PC nutzen, sind davon überzeugt, dass das Thema „Digitalisierung“ auch für Vor-Ort-Apotheken große Bedeutung hat, und 85% denken, dass es zukünftig noch wichtiger werden wird. Gleichzeitig sind 72% der Meinung, dass Vor-Ort-Apotheken bei digitalen Angeboten und Services Nachholbedarf haben. U.a. zu diesen Ergebnissen kommt die neue Studie „Apotheken(kund*innen) im digit@len Zeitalter“ des IFH Köln.

Wie der allgemeine Trend

Genau wie andere Branchen verzeichnet auch der Gesundheitsmarkt ein starkes Online-Wachstum. Sowohl bei den Over-the-Counter (OTC)-Arzneimitteln als auch im Nebensortiment ist dies bereits deutlich zu spüren. Laut ABDA lag der Umsatzanteil der in- und ausländischen Versender 2019 hier bei immerhin 16,4% (+6,7% gegenüber 2018).

Im Rx-Segment wird vor allem das E-Rezept den Versandhandel antreiben, aber auch die Coronakrise belebt das Versandgeschäft. Und schon vor Beginn der Krise hat unter den treuen Vor-Ort-Apothekenkunden mit Interneterfahrung bereits jeder Zweite in anderen Branchen online geshoppt.

Welche digitalen Angebote sind nun aus Sicht der 1.000 im Dezember 2019 befragten Kunden für die Vor-Ort-Apotheken ein „Must have“, welche „Interessant“ oder „Nice to have“ – und bei welchen sagen die Kunden: „Unnötig!“?

Digital bei Informationen und Transaktionen unterstützen

Übergreifend werden digitale Angebote, die der Kundeninformation dienen und die die Transaktionsabwicklung unterstützen, positiv bewertet. Das gilt für etablierte Angebote wie die Apotheken-Homepage ebenso wie für neuere Angebote, so z.B. für das digitale Bezahlen vor Ort, für Apotheken-Online-Bestellplattformen oder Apotheken-Apps (Abbildung 1 oben).

Online-Services, die der Bequemlichkeit dienen, sind den Apothekenkunden besonders wichtig. Entsprechend haben Online-(Vor-)Bestellungen aus Kundensicht bereits heute einen sehr hohen Stellenwert. Und das mit der Coronakrise verbundene Gebot des „Social Distancing“ dürfte die Nachfrage nach diesen und ähnlichen Services noch weiter anwachsen lassen. Verbunden hiermit erweisen sich auch Services wie die Online-Rezeptübermittlung oder die Online-Zahlung bei (Vor-)Bestellungen als besonders kundenorientiert (Abbildung 1 unten).

Auch digitale Informationsangebote stehen bei den Kunden hoch im Kurs:

  • An erster Stelle liegen dabei Informationen rund um die Apotheke, z.B. zu den Öffnungszeiten, zum Team, zu Kontaktmöglichkeiten, Sortiment, Dienstleistungen, Veranstaltungen oder zu Angeboten. Diese wurden von 42% der Kunden als „Must have“, von 29% als „Interessant“, von 21% als „Nice to have“ und von 8% als „Unnötig“ beurteilt.
  • Ebenfalls beliebt sind Angaben zu Produktverfügbarkeiten („Must have“: 33%; „Interessant“: 35%; „Nice to have“: 23%; „Unnötig“: 9%).
  • Es folgen Informationen z.B. zu den Inhaltsstoffen oder der Anwendung von Arzneimitteln („Must have“: 26%; „Interessant“: 36%; „Nice to have“: 25%; „Unnötig“: 13%).
  • Nicht so viel Wert legen die Kunden auf Online-Gesundheitsinformationen („Must have“: 8%; „Interessant“: 28%; „Nice to have“: 38%; „Unnötig“: 26%).

Vor-Ort-Apotheken unter Zugzwang

Vor-Ort-Apotheken stehen unter enormem Handlungsdruck, wenn es um das Angebot digitaler Services geht. Die wachsende Erwartungshaltung der Kunden und der zunehmende Wettbewerb mit Versandhändlern tragen dazu bei. Vor allem das E-Rezept wird sich als „Game Changer“ entpuppen und Online-(Vor-)Bestellungen beflügeln – auch im Rx-Bereich. Vor diesem Hintergrund investieren Versender massiv in Technologien und Werbekampagnen rund um die elektronische Verordnung. Damit Umsatzverluste und Schließungen verhindert werden können, müssen Vor-Ort-Apotheken den Maßnahmen der Versender mit eigenen (Vor-)Bestellsystemen, Botendiensten, Kampagnen und Co. entgegentreten.

Allerdings ist ihre Ausgangssituation im digitalen Wettbewerb – anders als oftmals gedacht – vielversprechend. Vor allem die starke Bindung und Treue sowie das hohe Vertrauen der Apothekenkunden erweisen sich als Vorteile. Im Vergleich mit Versandhändlern punkten die Vor-Ort-Apotheken insbesondere bei Beratungs- und Sicherheitsthemen (Abbildung 2). Und: 83% der Internetnutzer würden bei der Online-Bestellung von Medikamenten online aktive Vor-Ort-Apotheken den reinen Versandapotheken vorziehen – wenn sie die Wahl hätten.

Dr. Markus Preißner, wissenschaftlicher Leiter, IFH Köln, 50858 Köln, E-Mail: m.preissner@ifhkoeln.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2020; 45(14):8-8