Die Auswirkungen der Coronakrise abfedern (Teil 2)

Welche Maßnahmen es auf der Kostenseite gibt


Doris Zur Mühlen

Vor dem Hintergrund der Corona-bedingt ungewissen Situation sollten Apotheken ihre Liquidität stets im Blick behalten. Lesen Sie, welche Maßnahmen auf der Kostenseite möglich sind, um die Liquidität zu sichern und die Apotheke gestärkt für die Zukunft aufzustellen.

Um festzustellen, ob bzw. welche Maßnahmen auf der Kostenseite notwendig sind, gilt es zunächst, die Optimierungspotenziale der Apotheke zu identifizieren. Dies kann über eine vergleichende Kennzahlenanalyse (Benchmarking) erfolgen. Voraussetzung: Die Vergleichskennzahlen müssen sinnvoll ausgewählt sein.

Verfügbar sind häufig Durchschnittswerte über alle Apotheken (gegebenenfalls getrennt nach alten und neuen Bundesländern) oder allenfalls Kennzahlen für bestimmte (Umsatz-)Größenklassen von Apotheken. Vergleicht man die Kennzahlen der eigenen Apotheke allerdings mit solchen Durchschnittswerten, kann das zu Fehlinterpretationen und unternehmerischen Fehlentscheidungen führen, da die individuelle Versorgungsprofilgruppe nicht berücksichtigt wird (vgl. AWA 13/2020). Für diese Versorgungsprofilgruppen ergeben sich nämlich spezifische Kennzahlen, die sich von den öffentlich verfügbaren Kennzahlen deutlich unterscheiden können (vgl. Tabelle 1).

Nachfolgend stellen wir Ihnen einige ausgewählte Maßnahmen vor, mit denen sich die Liquidität über eine Kostensenkung erhöhen lässt. Die in diesem Rahmen als Orientierungshilfe genannten versorgungsprofiltypischen Kennzahlen sind nichtstatischer Art, unterliegen also einem ständigen Wandel und sind regelmäßig anzupassen.

Wareneinsatzkosten senken

Der Wareneinsatz stellt die größte Kostenposition einer Apotheke dar. Sollten sich hier Abweichungen von den Vergleichskennzahlen Ihrer Versorgungsprofilgruppe ergeben, ist zunächst zu prüfen, ob dies an Besonderheiten der Versorgungsstruktur (z.B. an Hochpreismedikamenten) liegt.

Um den Wareneinsatz zu optimieren, gibt es verschiedene Maßnahmen. Eine erste Stellschraube bietet die Sortimentsgestaltung, und zwar nach dem Leitsatz „Breite geht vor Tiefe“ mit

  • der Lagerbreite als der Anzahl verschiedener Artikel und
  • der Lagertiefe als der Anzahl an Packungen eines bestimmten Artikels.

Ein Richtwert kann eine durchschnittliche Lagertiefe von 2,5 bis 3,0 sein. Neben der Lagerbreite und -tiefe spielt auch die Sortimentspräsentation, also die Anordnung der Waren(-gruppen), in der Frei- und Sichtwahl eine Rolle. Grundsätzlich ist es übrigens wichtig, den Wertbeitrag der einzelnen Warengruppen zu ermitteln, z.B. anhand des Rohertrags oder von Nutzenkennziffern.

Weiterhin lässt sich das Warenlager optimieren: Durch eine Aufstockung oder durch eine Veränderung der Sortimentsstruktur kann die Lieferfähigkeit erhöht werden. Allerdings gilt es, eine Balance zwischen Lieferfähigkeit und Kapitalbindung zu finden. Außerdem sind jährliche Warenwertverluste von mehr als 2% zu vermeiden.

Preisaktionen im Over-the-Counter (OTC)- und Freiwahl-Bereich sollten im Vorfeld budgetiert bzw. kalkuliert und im Nachgang überprüft werden. Nur so lässt sich nachverfolgen, ob die Werbemaßnahmen den gewünschten Erfolg erzielt haben. In diesem Zusammenhang lässt sich übrigens auch über Preiserhöhungen bei Nicht-Indikator-Artikeln nachdenken, also bei Artikeln, deren Preise gemeinhin nicht geläufig sind.

Weiterhin kann der Wareneinkauf optimiert werden. Grundsätzlich sollte die Apotheke nicht mehr als zwei Lieferanten haben. Denn bei höheren Bezugsmengen können die Einkaufskonditionen verbessert und die Prozesskosten reduziert werden. Zudem gilt es, die Möglichkeit der Skontozahlung auszuschöpfen. Auch durch Einkaufskooperationen mit anderen Apotheken lassen sich die Einkaufskonditionen verbessern. Ebenfalls wichtig: Halten Sie die Verhandlungsergebnisse mit den Lieferanten schriftlich fest, um anschließend überprüfen zu können, ob sie eingehalten worden sind (Einkaufscontrolling).

Personalkosten senken

Bei den Personalkosten handelt es sich um die zweitgrößte Aufwandsposition von Apotheken. Sie sollte ebenfalls an versorgungsprofilgruppenspezifischen Vergleichskennzahlen gemessen werden. Um die eigene Lage einschätzen zu können, bietet sich zur ersten Orientierung auch eine kunden- oder rohertragsbezogene Betrachtung an. Aktuell sollten danach die Personalkosten

  • pro Kunde nicht über 4,50 € und
  • im Verhältnis zum Rohertrag nicht über 45% liegen.

Zur Verbesserung des Personaleinsatzes hat es sich bewährt, die Arbeitszeit zu flexibilisieren, z.B. durch die Führung von Arbeitszeitkonten. Wesentliche Vorteile sind:

  • ein besseres Betriebsklima,
  • eine bessere Besetzung in frequenzstarken Zeiten,
  • eine bessere Abdeckung von Fehlzeiten (Krankheit, Urlaub) und
  • weniger Überstunden.

Werbekosten senken

Auch bei den Werbekosten ist es angebracht, nach Versorgungsprofilgruppen zu differenzieren. Zur Orientierung bietet sich z.B. die Kennzahl „Werbekosten je Kunde“ an, die grundsätzlich nicht über 0,45 € liegen sollten.

Um die Werbekosten im Griff zu behalten, hat sich folgendes Vorgehen bewährt:

  • Analyse der Werbemaßnahmen und -kosten des Vorjahres,
  • Planung der Werbemaßnahmen und des hierfür notwendigen Budgets für das laufende Jahr. Eine Budgetplanung hilft, unkontrollierte Entwicklungen zu vermeiden und dient als Basis für einen anschließenden Soll-Ist-Vergleich.
  • Auswertung der Werbemaßnahmen und Kontrolle des Werbeerfolgs durch eine Auswertung von Abverkäufen und Rücklaufquoten über die EDV.

Die Finanzierung optimieren

Der Verschuldungsgrad – also die Summe der Darlehen dividiert durch den jährlichen Brutto-Cashflow einer Apotheke – sollte zur ersten Orientierung nicht mehr als das 3- bis 3,5-Fache des Brutto-Cashflows betragen. Liegt er höher, wird es in der Regel schwierig, die Verbindlichkeiten in angemessener Zeit zu reduzieren. Zudem führt ein höherer Verschuldungsgrad häufig dazu, dass das Kontokorrent stark in Anspruch genommen oder sogar überzogen wird. In diesem Falle sind dringend die Ursachen zu klären. Untersucht werden sollten:

  • die Entwicklung von Rentabilität und Liquidität unter Berücksichtigung der genannten Optimierungspotenziale und
  • das Entnahmeverhalten.

Gegebenenfalls können Gläubigergespräche und Umschuldungen notwendig sein.

Weitere Maßnahmen

Einen Einfluss auf die Liquidität haben auch die Privatentnahmen und die Vorsorgeaufwendungen. Um mögliche Einsparpotenziale zu identifizieren, sollten Sie in einem ersten Schritt die Privatentnahmen und die Sonderausgaben auflisten. Anschließend sind diese an die aktuelle Liquiditätslage anzupassen und nachhaltig mit einem Soll-Ist-Vergleich zu überwachen.

Ausblick

In unserem nächsten Beitrag gehen wir auf strategische Maßnahmen ein, mit denen sich die Liquidität sicherstellen lässt.

Dipl.-Bw. Doris Zur Mühlen, Wirtschaftsprüferin, Steuerberaterin, geschäftsführende Gesellschafterin der RST Steuerberatungsgesellschaft mbH, 45128 Essen, E-Mail: dzurmuehlen@rst-beratung.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2020; 45(14):6-6