Eine Eigenschaft mit Zukunft

Zielorientierung – konsequent und eisern


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Waren bislang „weiche Welle“, Wohlfühl-Atmosphäre und Motivationsprogramm auf allen Kanälen angesagt, wird das Klima nun frostiger – und härter. Das Pendel schwingt, gerne im Takt der Konjunktur, hin und her. Kluge Unternehmer antizipieren diesen Wandel frühzeitig.

Bei stürmischem Wetter ist der erfahrene, gerne raue Steuermann mit klarem Kurs gefragt, und nicht der nette Schönwetterkapitän. Mitarbeiter übrigens suchen gerade in schwierigen Zeiten Sicherheit, Orientierung und einen starken, zukunftstauglichen Arbeitgeber – und überzeugende Führung.

Schauen Sie ehrlich in den Spiegel: Sind Sie zukunftsorientiert aufgestellt? Können Sie auch eine stürmische Phase gut überstehen? Wissen Sie, wo Sie morgen und auch noch übermorgen sein wollen und können? Reden wir also einmal über gerne verdrängte Tatsachen, die existenzentscheidend sein können – für Sie, Ihren Betrieb und Ihre Mitarbeiter.

Setzen Sie klare Ziele!

All die weichgespülten Gute-Laune-Ratgeber umschiffen regelhaft den wichtigsten Punkt: Wo wollen, wo können wir eigentlich hin? Vielfach hat man den Eindruck, dass es nur um die Wahrung des Status quo und eine gemütliche Sonntags-Bootsfahrt im Kreis auf dem ruhigen Badesee geht. Es mag bislang tatsächlich oft so funktioniert haben – das tiefenentspannte Harren der Dinge in einem wachsenden Markt, behütet von einem dichten Paragrafendschungel, wenn auch leider getrübt durch die vielen (und größtenteils ziemlich sinnfreien) Ärgernisse des Alltags, vornedran die Bürokratie und das Drangsalieren durch den Gesetzgeber sowie die Kostenträger mitsamt ihren immer zahlreicheren Handlangern und Komplexitätsprofiteuren.

Damit sind wir bei der ersten Erkenntnis: Sie werden Ihre Leute nicht vom Hocker reißen und zu hohen Leistungen anspornen, wenn Sie selbst keine glasklare Vorstellung von der Zukunft sowie den Herausforderungen und Klippen haben. Gerade Krisen verlangen es, eindeutige Ziele zu formulieren.

Wege zur Zielformulierung

Selbst auf die Gefahr hin, sich zu wiederholen: Grundlage jeder Zielplanung sind Kenntnisse des Marktes und der Kundenbedürfnisse vor Ort. Was trivial klingt – die Praxis lehrt, dass nur die wenigsten präzise Vorstellungen davon haben. Warum auch, hat sich doch die freudige und gerne durch den einen oder anderen Arztkontakt beflügelte Erwartung auf zahlreiche in die Apotheke einfallende „rosa Scheine“ als vielfach ausreichende Wirtschaftsbasis erwiesen. So ist es nur folgerichtig, dass nun die größte Sorge darin besteht, dieser warm-rosige Segen auf Papier könnte sich im kalten Nirwana der Digitalwelt verlieren, in der übermächtige Player versuchen, die Spielregeln zu bestimmen. Das ist nur allzu verständlich, aber zu wenig!

Am Anfang eines jedes soliden, zukunftsfähigen Betriebskonzeptes steht eine Markt- und Konkurrenzbeobachtung. Abbildung 1 zeigt, wie ein strukturiertes Vorgehen aussehen kann, ausgehend von der Ermittlung Ihres Potenzials am Ort, Ihren persönlichen Zielen und den organisatorischen Erfordernissen.

Versuchen Sie immer, Aufwand und möglichen Nutzen gegenüberzustellen, und schätzen Sie die Erfolgsaussichten realistisch ein. Formulieren Sie bei aufwendigeren Vorhaben die Ausstiegs- und Abbruchkriterien, bevor ein Projekt ausufert oder zu floppen droht. Was gehen Sie dann alternativ an, unter Nutzung der gewonnenen Erkenntnisse? Statten Sie alle wichtigen Projekte mit den nötigen Ressourcen aus, und benennen Sie die Verantwortlichen mit Bedacht nach ihrer Eignung, ihrer Motivation und ihrem Durchhaltevermögen.

Quälen Sie sich!

Wer gerne auf „robust“ macht, sollte das auch konsequent leben. Kaum etwas ist unglaubwürdiger, als trotz starker Sprüche am Ende ängstlich oder gar paranoisch („Kontroll-Freak“) zu agieren und nur das eigene Wohlergehen im Auge zu haben. Solche Beispiele finden sich reichlich an den Führungsspitzen in der Welt. Ein bekannter Grundsatz lautet: „Mute anderen nicht mehr zu, als Du Dir selbst zumutest – und verlange nicht mehr, als Du selbst zu geben und zu leisten bereit bist!“ Oder auf den Punkt gebracht: Die Vorbildfunktion macht den Unterschied.

Nehmen Sie daher nicht immer den bequemsten Weg. Entscheiden Sie sich z.B. für die Treppe statt für den Aufzug. Gleiches gilt für den Umgang mit Sachfragen: Knien Sie sich in Herausforderungen und Themen hinein. Durchdenken Sie Dinge, und gehen Sie ihnen auf den Grund. Klären Sie Zusammenhänge auf, stellen Sie Bisheriges infrage. Strengen Sie sich an, sowohl geistig als auch gerne öfters mal körperlich.

Nehmen Sie nicht gleich den Hörer in die Hand, und löchern Sie nicht immer gleich so manch vermeintlichen Experten (der zudem noch viel Geld kostet). Wer selbst nichts weiß, muss eben alles glauben – und wird zum Spielball, der dann gerne enttäuscht stets andere für sein Schicksal verantwortlich macht. Weiter fortschreitende Fremdbestimmung ist da nur eine logische Konsequenz. Welche Eigenschaften machen eigentlich Führungspersönlichkeiten wie Elon Musk (u.a. Tesla), Jeff Bezos (Amazon), Jack Ma (Alibaba) oder einst Steve Jobs (Apple) so erfolgreich? Das Traben in der Schafherde ist es sicher nicht.

Verstellen Sie sich nicht!

Strategisch kluge Unternehmer wissen, wann sie besser auch mal schweigen oder etwas um der Sache und des ferneren Ziels willen hinnehmen. Gleichwohl sollten die innere Balance stimmen und Ihr „Psycho-Konto“ nicht dauerhaft ins Soll rutschen. Fragen Sie sich: Haben Sie lieber ein Problem mit anderen und leiden daran? Oder sollten nicht eher die anderen ein Problem mit Ihnen aushalten müssen – vor allem die von Ihnen dafür hoffentlich gut und leistungsgerecht honorierten Mitarbeiter? Verstellen und verbiegen Sie sich also nicht langfristig, sonst gehen Sie irgendwann nur noch gebückt und schließlich am Stock.

Ein Gewitter zur rechten Zeit kann sehr reinigend wirken. Lassen Sie Ihren Ärger heraus, doch kontrolliert-souverän. Sie signalisieren damit: Der will nicht nur spielen, der kann auch mal beißen! Richtig dosiert und zum passenden Anlass angewandt, gewinnen Sie damit sogar an Statur und Format gegenüber dem Team. Als souveräner Chef greifen Sie zu wirksamen, wohldosierten Werkzeugen und Ausdrucksweisen – zu Nadel und Stilett, statt zum Holzhammer.

Übrigens: Eine konsequente, harte Zielverfolgung, die Durchsetzung im Wettbewerb, der Kampf um die bessere Lösung für die Kunden – all dies benötigt per se bereits eine gute Portion Aggressivität, Zähigkeit und Robustheit! Somit ist es clever und für Ihr inneres Gleichgewicht sehr wirksam, wenn Sie den Druck Ihres „Dampfkessels“ vorrangig auf die sachliche Zielerreichung konzentrieren – und weniger auf Personen. Hautsache, dieser „Düsentrieb“ ist ausgerichtet – auf die Zukunft.

Prof. Dr. Reinhard Herzog, Apotheker, 72076 Tübingen, E-Mail: Heilpharm.andmore@t-online.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2020; 45(14):4-4