Ihre „Filiale“ im Internet (Teil 3)

Letzte Vorbereitungen für den Start


Simon Nattler

Wenn Sie sich für einen eigenen Online-Shop entschieden haben, werden Sie vermutlich am liebsten direkt starten wollen. Um von Anfang an professionell im Netz unterwegs zu sein, müssen allerdings zuvor noch einige Aufgaben erledigt werden.

Zwischen jeder Idee und ihrer Umsetzung steht in Deutschland eine Behörde. Um den Online-Shop auf rechtssichere Füße zu stellen, müssen Sie daher zunächst die Versandhandelserlaubnis beantragen. Das aber ist im Vergleich zum Pharmaziestudium oder zur Präqualifizierung recht einfach: Sie müssen der zuständigen Behörde (z.B. dem Gesundheitsamt) nur formlos schriftlich bestätigen, dass Sie die Voraussetzungen nach §11a Apothekengesetz (ApoG) erfüllen. Die Behörde meldet dies dann dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), von dem Sie das EU-Sicherheitssiegel für Ihre Webseite erhalten. (Potenzielle) Kunden erfahren so, dass Sie eine zugelassene Versandapotheke sind.

Können Sie einpacken?

Außerdem müssen Sie einen Vertrag mit einem Paketdienstleister abschließen, z.B. mit DHL. Dies geschieht direkt über dessen Webseite. Grundgebühren werden in der Regel nicht verlangt, Kosten entstehen erst beim Versand. Im Vertrag sollten die folgenden Punkte laut §11a ApoG enthalten sein:

  • eine kostenlose Zweitzustellung,
  • eine Transportversicherung und
  • ein System zur Sendungsverfolgung.

Die Sendungsverfolgung ist ein Service, den nicht nur Ihre Kunden erwarten, sondern der auch Ihnen nutzt – nämlich wenn ein Paket abhanden kommt oder erst verspätet eintrifft.

Da der Paketdienstleister personenbezogene Sendungsdaten in seiner eigenen Verantwortung verarbeitet, ist ein Auftragsverarbeitungsvertrag nicht erforderlich. Nur wenn für die Sendungsbenachrichtigung die E-Mail-Adressen und Telefonnummern übermittelt werden, ist eine Einwilligung nötig. Diese kann der Kunde direkt vor Bestellabschluss per Häkchen erteilen.

Sobald regelmäßige Bestellungen eingehen, können Sie eine feste Abholzeit mit dem Paketdienstleister vereinbaren. Stimmen Sie diese auf jeden Fall mit den Großhandels-Lieferungen ab! Ideal ist eine Abholung am frühen Nachmittag, um vormittags bestellte Arzneimittel noch am gleichen Tag versenden zu können.

Selbst wenn Sie nur mit wenigen Bestellungen aus dem regionalen Umfeld rechnen, ist es sinnvoll, eine „Packstation“ in der Apotheke einzurichten, um alle erforderlichen Handlungen zu bündeln und Ablenkungen ebenso wie Fehler zu vermeiden. Planen Sie größer, lassen sich auch externe Räumlichkeiten nutzen, die sich aber in „angemessener Nähe“ zur Apotheke befinden sollten – was im Einzelfall mit der zuständigen Behörde zu klären ist.

Nicht vergessen: Auch der Versand obliegt einer approbierten Aufsicht! Wenn Sie aus diesem Grund für eine „externe Packstation“ zusätzliche approbierte Mitarbeiter vor Ort benötigen, wird dies in den meisten Fällen wirtschaftlich wenig sinnvoll sein.

Was mittlerweile nicht mehr ins Paket gelegt werden muss, ist die Rechnung. Sie dürfen sie per automatisch generierter E-Mail versenden. Das ist nicht nur umweltfreundlich, sondern spart neben den Kosten für Papier und Drucker vor allem auch die Arbeitszeit für das Falten des Briefbogens. Und: Die Kunden akzeptieren die digitalen Rechnungen!

So nötig wie (zumindest früher) in der Offizin die Tüten, sind im Versand die Kartonagen. Gleich wenn Sie mit dem Online-Shop starten, sollten Sie davon eine ausreichende Anzahl vorrätig haben. Bestellen können Sie sie günstig über spezialisierte Anbieter im Internet. Dabei sollten Sie sich aber nicht verzetteln: Denn obwohl es eine schier unendliche Vielzahl an Packungsformen und -größen gibt, genügen bereits wenige Varianten.

Verwenden Sie gegebenenfalls Packmaterial, um alle Artikel im Karton zu fixieren. Besonders vorsichtig sollten Sie bei zerbrechlichen Waren sein, die auf dem Postweg trotz einer speziellen Luftpolsterung häufig kaputt gehen. Befinden sich noch andere Arzneimittel im gleichen Karton, können diese durch auslaufende Flüssigkeiten ebenfalls ruiniert werden.

Apothekenqualität digital

Auch in Ihrem Qualitätsmanagementsystem (QMS) gilt es, die neuen Prozesse abzubilden. Denn laut §11a ApoG ist das zu versendende Arzneimittel so zu verpacken, zu transportieren und zu liefern, dass Qualität und Wirksamkeit erhalten bleiben. Zudem muss der Versand innerhalb von zwei Arbeitstagen erfolgen, wenn im Einzelfall nichts anderes besprochen wurde. Dies ist durch die ausgefeilte Großhandels-Logistik und Ihre eigenen Botendienst-Erfahrungen keine Hürde. Schwieriger wird es, wenn Sie Produkte anbieten, die nur im Direktgeschäft erhältlich sind und die Sie nicht (ausreichend) an Lager haben.

Auch bei „digitalen Kunden“ dürfen die pharmazeutischen Prüfungen nicht zu kurz kommen und müssen daher ins QMS eingearbeitet werden. Ein Interaktions-Check mit der bisherigen (und Ihnen somit unbekannten) Medikation ist bei Neukunden natürlich schwierig. Immer geprüft werden sollte aber die Bestellmenge: Während der Einkauf von zehn Gesichtscremes sicherlich kein Risiko darstellt, müssen schon wenige Packungen Paracetamol im Warenkorb als „Stopp-Bedingung“ gelten. Ist bei einem Artikel keine automatische Mengenbegrenzung hinterlegt, muss Ihr Team den Kunden anrufen und die Bestellmenge kürzen.

Allen Patienten, die apothekenpflichtige Arzneimittel per Versand bestellen, müssen Sie eine kostenlose persönliche Beratung nach der Lieferung anbieten. Legen Sie daher z.B. einen kleinen Flyer mit Ihrer Telefonnummer, E-Mail-Adresse und Ihren Servicezeiten ins Paket, auf dem Sie aktiv zur Beratung auffordern. Vermerken Sie zusätzlich, dass der Patient bei Problemen seinen behandelnden Arzt kontaktieren sollte.

Beim regionalen Versand (vgl. AWA 14/2020, "Entscheidend ist die Strategie") gilt es, Online- und Vor-Ort-Käufe auf dasselbe Kundenkonto zu buchen – nicht nur, damit Ihre Kundenkartei übersichtlich bleibt. Denn der Kunde wird beim nächsten Vor-Ort-Besuch erwarten, dass Sie über seine etwaigen Online-Bestellungen Bescheid wissen – was ihm mehr Sicherheit garantiert als die Bestellung über einen „fremden“ Versender.

Beziehen Sie unbedingt von Anfang an Ihr Team mit ein, damit stets alle Handgriffe sitzen. Gerade wenn die Anzahl der Bestellungen plötzlich zunimmt, darf kein Chaos ausbrechen, das die eigenen und die gesetzlichen Qualitätsansprüche über Bord wirft.

Angebot und Nachfrage

Sobald die ersten Interessenten auf Ihren Shop aufmerksam werden, wird es auch telefonische Anfragen und Bestellungen geben. Alle zuständigen Mitarbeiter sollten daher die Antworten auf die am häufigsten gestellten Fragen (FAQs) möglichst direkt parat haben, so etwa zu

  • Artikelverfügbarkeiten,
  • Lieferzeiten,
  • Versandkosten,
  • Zahlungsanbietern,
  • Retouren sowie
  • zur Registrierung und
  • zum Kundenkonto.

Nachfragen zu individuellen Preisnachlässen kommen im Netz genauso vor wie in der Offizin. Abgesehen davon, dass deutsche Apotheken sowieso keine Preisnachlässe bei Rx-Arzneimitteln geben dürfen, kann man gerade in Online-Shops für das nicht-preisgebundene Sortiment von einer „Verhandlungsbereitschaft“ nur abraten! Denn dies kann sich schnell über Foren verbreiten. Die Folge: Sie werden häufiger mit solchen Anliegen kontaktiert – und angefeindet, wenn Sie plötzlich nicht mehr nachgeben.

Kommunizieren Sie Ihre FAQs gut sichtbar auf Ihrer Webseite, am besten im Footer. Und ergänzen Sie sie regelmäßig um Kundenfragen, mit denen Ihr Team in der Offizin konfrontiert wird. Das verringert sowohl die Zahl der individuellen Anfragen als auch die Kaufabbruchrate im Shop.

Insgesamt sollten Sie auf die Aktualität Ihrer Shop-Seite achten! Falsch angezeigte Preise und Verfügbarkeiten oder versteckte Kosten führen nämlich schnell zu hohen Storno- und Retourenquoten.

Ist das alles umgesetzt, rückt das Go-Live näher. Im nächsten Teil unserer Serie geht es daher um die Anforderungen der Kunden an den Shop sowie um dessen Vermarktungsmöglichkeiten.

Simon Nattler, Inhaber der ELISANA-Apotheken, Gründer der Team-App apocollect, 45896 Gelsenkirchen, E-Mail: inbox@apocollect.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2020; 45(16):8-8