Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) für Ihre Apotheke (Teil 4)

Welche digitalen BGM-Tools es gibt


Tatiana Dikta

Digitale Maßnahmen können das klassische BGM praktisch ergänzen, indem sie z.B. die Vitalfunktionen überwachen und/oder zum gesundheitsförderlichen Verhalten motivieren. Lesen Sie, welche Möglichkeiten es gibt, und was Sie dabei beachten sollten.

Die digitalen BGM-Anwendungen sollen die analogen BGM-Methoden unterstützen, können sie aber nicht ersetzen. So vermögen die digitalen Anwendungen zwar maßgeschneiderte Workouts vorzuschlagen, zum Training zu motivieren, Vitalfunktionen aufzuzeichnen, Erfolge zu überwachen, Entspannung zu fördern oder die Arbeitsorganisation zu erleichtern. Eine App allein kann aber weder Stress managen noch einen straffen Bauch zaubern oder die Rückenmuskulatur stärken – wenn man nicht gleichzeitig gezielt klassisch trainiert. Doch was sind die relevanten digitalen BGM-Methoden und -Instrumente?

Wearables und Fitness-Apps

In der Apotheke legen wir am Tag wesentlich weniger Schritte zurück, als wir vermuten. Vielen Kollegen ist aber weder der eigene Bewegungsmangel noch das Ungleichgewicht zwischen Kalorienaufnahme und -verbrauch bewusst. Wearables oder Smartphone-Apps können dieses Bewusstsein schärfen.

Wearables sind „Minicomputer“, die z.B. in Form einer Uhr (Smartwatch) oder eines Armbands einzelne Fitnessfunktionen überwachen, eingehende Textnachrichten und E-Mails anzeigen oder auch zur Terminerinnerung (Arbeitsorganisation), Navigation etc. benutzt werden können. Sie eignen sich besonders gut für den Apothekenalltag, da sie unkompliziert und unauffällig am Körper getragen werden können.

Die Kenntnis des eigenen Bewegungsverhaltens, des Kalorienverbrauchs und der diversen Vitalfunktionen (Herzfrequenz, Puls, Blutdruck etc.) kann die Mitarbeiter veranlassen, ihren eigenen Körper besser wahrzunehmen und sie dazu motivieren, sich mehr um ihre eigene Gesundheit zu kümmern.

Auf dem Markt werden diverse „Gadgets“ in unterschiedlichen Preissegmenten und von unterschiedlicher Qualität angeboten. Bevor Sie sich aber nun als Arbeitgeber auf den Weg in einen Sport- bzw. Elektronikladen machen oder nach einem Angebot im Internet stöbern, sollten Sie sich vorab über die vielfältigen Funktionen informieren. Eine Orientierungshilfe zur Frage, welche Smartwatch eine Investition wert ist, bietet übrigens die Dezember-Ausgabe der Stiftung Warentest 2019.

Online-Coachings und -Trainings

Apothekenmitarbeiter gelten als eine psychisch besonders belastete Berufsgruppe. Deshalb sind Anwendungen, welche die psychische Belastung mindern, die Entspannung fördern und die Stressmanagementtechniken vermitteln, sehr zu empfehlen. Was aber ist mit denjenigen Mitarbeitern, die Sie tagsüber nicht entbehren können bzw. die aufgrund der recht starren Arbeitszeiten keine Möglichkeit haben, flexibel an Präsenzkursen teilzunehmen?

Diesen Mitarbeitern ermöglichen Online-Coachings und -Training einen einfachen Einstieg in das Stressmanagement. Die gesetzlichen Krankenkassen stellen ihren Versicherten evaluierte Online-Coaching-Plattformen zur Verfügung, die durch qualifizierte Fachkräfte betreut werden. Als Arbeitgeber können Sie sich problem- und vor allem auch kostenlos bei den Krankenkassen über das Kursangebot erkundigen.

Übrigens: Interessant sind auch die sogenannten „Blended Trainings und Coachings“: Sie verknüpfen die Online-Betreuung mit einem Präsenzangebot.

Apps zur Optimierung der Arbeitsorganisation

Ein strukturierter Arbeitstag macht die Arbeitsabläufe effizienter und beugt Stress bei den Mitarbeitern vor. Inzwischen gibt es diverse digitale Lösungen auf dem Apothekenmarkt, mit denen sich die Einsatzplanung, die Aufgabenkoordination, die Prozessüberwachung, die Wissensorganisation und auch die Kommunikation erleichtern lassen. Zu diesen digital gestützten Plattformen gehören z.B. apocollect, ApoPromt, ApoSync, ApoTune, MEP 24, Pulse oder ratioplan.

Hinweis: Wenn Sie erwarten, dass Ihre Mitarbeiter Nachrichten über derartige Plattformen auch außerhalb ihrer Arbeitszeit abrufen, sollten Sie das vorab vertraglich festlegen. Ihre Mitarbeiter haben nämlich das Recht, außerhalb ihrer Arbeitszeiten das Handy – auch für ein paar Tage – auszuschalten und nicht erreichbar zu sein.

Die Pause: Digitales und klassisches BGM kombiniert

Pausen sind zwingend notwendig, um sich körperlich und mental regenerieren zu können. Ein optimaler Pausenraum verfügt nicht nur über einen guten Kaffeeautomaten und eine Mikrowelle für das mitgebrachte Essen, sondern bietet vor allem auch die Möglichkeit, sich gut zu entspannen und abzuschalten.

In einigen Apotheken gibt es bereits einen sogenannten Silent Room, der von jeweils einem Mitarbeiter für 20 Minuten genutzt werden darf. Die Nutzungszeit gilt selbstverständlich als Pausenzeit.

Im Silent Room können die Mitarbeiter – ungestört liegend – mithilfe von medial vermittelten Entspannungsinstruktionen (autogenes Training, progressive Muskelentspannung, imaginative Verfahren, Atementspannung etc.), aber auch mithilfe von Musik zur Ruhe kommen. Einige exemplarische, auf ihre Wirksamkeit überprüfte und wissenschaftlich evaluierte Apps dafür stellen wir Ihnen in Tabelle 1 vor.

In Apotheken, die mittags nicht schließen, lässt sich dieses Konzept hervorragend etablieren, da nicht alle Mitarbeiter zur gleichen Zeit Pause machen müssen. Und Mitarbeiter, die mittags nicht nach Hause fahren können, schätzen diese Form der Pausengestaltung erfahrungsgemäß ganz besonders.

Sollten Sie sich für ein exklusives Silent-Room-Konzept mit einer Wellnessliege und einer digitalen Massagefunktion interessieren, können Sie sich von Ausstattern für Wellness- und Kosmetik-Kabinen (z.B. Cosmoderm oder Ionto-Comed) beraten lassen. Falls Sie allerdings nicht so viel Geld investieren möchten, fangen Sie einfach mit einer ganz klassischen Liege oder einer angenehmen Couch an.

Nach- und Vorteile

Digitale Anwendungen sind auch mit Gefahren verbunden, denn viele Tools, die Daten speichern, zeigen z.B. Mängel in Sachen Datenschutz. Problematisch sind mögliche gesundheitliche Risiken: Denn einige Anwendungen können z.B. zu Sehschwäche, psychischer Abhängigkeit oder Überforderung führen und die Gesundheit auch über Schadstoffe oder Strahlung belasten.

Allerdings sind die digitalen Anwendungen barrierefrei und arbeitsplatz- wie arbeitszeitunabhängig zugänglich. Sie bieten damit eine verhältnismäßig kostengünstige, attraktive und unkomplizierte Möglichkeit, BGM-Maßnahmen im Betrieb zu etablieren. Und wenn Sie darüber junge, gesunde Mitarbeiter für die Themen Prävention und Gesundheitsförderung sensibilisieren können, richten Sie sich auch noch nachhaltig auf die Zukunft aus.

Literatur

  • Badura, B., et al. (Hrsg.): Fehlzeiten-Report 2019, Springer-Verlag: Berlin 2019

  • Matusiewicz, D., Kaiser, L. (Hrsg.): Digitales Betriebliches Gesundheitsmanagement, Springer Gabler: Wiesbaden 2018

Tatiana Dikta, B.Sc. Psychologie (Schwerpunkt: Arbeits- & Organisationspsychologie), PTA, 48161 Münster, E-Mail: tatiana.dikta@gmail.com

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2020; 45(16):12-12