Verluste mit der Ferienwohnung

Die ortsübliche Vermietungszeit entscheidet


Helmut Lehr

Wer dauerhaft eine Wohnung vermietet, kann in einzelnen Jahren auch Verluste steuerlich geltend machen. Bei Ferienwohnungen schaut der Fiskus allerdings ganz genau hin. Hier sollten Sie möglichst die übliche Vermietungsquote vor Ort erreichen.

Verluste aus Vermietung und Verpachtung sind nicht unüblich, insbesondere wenn das Objekt neu gekauft bzw. errichtet wurde. Gerade in den ersten Jahren übersteigen allein die Schuldzinsen und Abschreibungen oftmals schon die Mieteinnahmen.

Hat das Finanzamt Zweifel daran, ob überhaupt bzw. auf Dauer die Absicht besteht, mit dem Mietobjekt positive Einkünfte zu erzielen, greift es nicht selten auf die sogenannte Totalüberschussprognose zurück. Dabei handelt es sich um eine auf regelmäßig 30 Jahre ausgerichtete Gegenüberstellung der Mieteinnahmen und Ausgaben. Ergibt sich unterm Strich ein negativer Betrag, gilt die Vermietung als "Liebhaberei" – zumindest aus Sicht des Fiskus. Das bedeutet: Die in den einzelnen Jahren erzielten Verluste gelten steuerlich als Privatsache und werden deshalb nicht berücksichtigt.

Strenge Kriterien für Ferienwohnungen

Die dargestellten allgemeinen steuerlichen Grundsätze für Vermietungen gelten für eigene Ferienwohnungen in verschärfter Form. Verluste aus der Vermietung einer Ferienwohnung sind im Allgemeinen nur dann "unproblematisch", wenn Sie mindestens einen der nachfolgend genannten Punkte erfüllen (vgl. dazu auch AWA 18/2018):

  • Sie lassen die Wohnung von einem Vermittler vermieten und haben die Selbstnutzung ganzjährig vertraglich ausgeschlossen.
  • Sie besitzen am selben Ort eine weitere Ferienwohnung und nutzen (nur) diese selbst.
  • Die Wohnung befindet sich in unmittelbarer Nähe zu Ihrem Eigenheim, und dieses ist "ausreichend groß".
  • Die Anzahl der Vermietungstage entspricht dem üblichen Durchschnitt der Vermietung am Ferienort bzw. unterschreitet diesen nicht erheblich (mindestens 25%).

Aktueller Fall: Vermietungsquote laut Finanzamt unterschritten

Der Bundesfinanzhof hatte kürzlich über folgenden, hier vereinfacht dargestellten Sachverhalt zu entscheiden:

Die Eheleute besitzen eine Ferienwohnung in Mecklenburg-Vorpommern, die sie in den Jahren 2005 bis 2015 an 61 bis 124 Tagen vermietet hatten. Im Streitjahr 2013 erzielten sie daraus einen steuerlichen Verlust von rund 9.000 €.

Das Finanzamt bezog sich auf Erhebungen des Statistischen Amtes von Mecklenburg-Vorpommern über die durchschnittliche Vermietung für den Belegenheitsort der Wohnung von 104 Tagen im Jahr 2013. Da die Eheleute die Wohnung 2013 nur an 75 Tagen vermietet hatten, erfüllten sie diese Quote lediglich zu 72,12%. Daraus folgerte das Finanzamt eine Unterschreitung der üblichen Vermietungszeiten um mehr als 25% und stellte deshalb eine Totalüberschussprognose für die Dauer von 30 Jahren (2006–2035) an. Diese kam zu einem prognostizierten Gesamtverlust von über 150.000 €. Infolgedessen wurde der Verlust für 2013 (und vermutlich auch für die Folgejahre) nicht anerkannt.

Hinweis: Vor dem Bundesfinanzhof bekamen schließlich die Eheleute Recht. Der Verlust für 2013 war steuerlich zu berücksichtigen (Urteil vom 26.05.2020, Aktenzeichen: IX R 33/19).

Was war passiert?

Im Klageverfahren hatten die Eheleute andere Zahlen des Statistischen Amtes von Mecklenburg-Vorpommern vorgelegt, insbesondere über die durchschnittliche Bettenauslastung aller "Betreiber" der Stadt. Diese waren zwar nicht allgemein veröffentlicht, wurden allerdings auf Nachfrage zugänglich gemacht. Danach lag die allgemeine Bettenauslastung nur bei 22,16% (bzw. umgerechnet 81 Vermietungstagen). Da die Eheleute 2013 an 75 Tagen vermietet hatten, wurden die üblichen Vermietungszeiten folglich nicht um mehr als 25% unterschritten.

Der Bundesfinanzhof stellte ausdrücklich klar, dass auch Daten über die Bettenauslastung Rückschlüsse auf die ortsübliche Vermietungszeit zulassen.

Hinweis: Unterm Strich haben sich damit die Bemühungen zur Beschaffung des "alternativen Datenmaterials" über die ortsüblichen Vermietungszeiten für die Eheleute sehr gelohnt.

Totalüberschussprognose in diesem Fall unerheblich

Sie sollten sich nochmals vergegenwärtigen, dass das Finanzamt ja bereits eine offenbar rechnerisch unstrittige Totalüberschussprognose mit negativem Ergebnis erstellt hatte. Trotzdem musste es den Verlust des Jahres 2013 anerkennen.

Denn insoweit ist strikt zu beachten, dass die Eheleute zumindest einen der oben genannten Punkte erfüllt haben – nämlich, dass die Dauer der Vermietungstage den üblichen Durchschnitt der Vermietung am Ferienort nicht erheblich unterschritten hat. Deshalb kam es auf das negative Ergebnis der Totalüberschussprognose gar nicht an. Das bedeutet: Das Finanzamt weiß zwar faktisch, dass unterm Strich dauerhaft nur Verluste erzielt werden, muss diese aber zumindest für das Streitjahr 2013 anerkennen.

In den Folgejahren hat dann jeweils eine erneute Prüfung der tatsächlichen/üblichen Vermietungstage zu erfolgen.

Hinweis: Eine weitere Klippe hatten die Eheleute bereits zuvor umschifft. Sie konnten nämlich nachweisen, dass sie die Wohnung an keinem Tag im Streitjahr 2013 selbst genutzt hatten. Andernfalls wäre das Finanzamt dann doch berechtigt gewesen, auf die Totalüberschussprognose zurückzugreifen.

Helmut Lehr, Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater, 55437 Appenheim

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2020; 45(17):16-16