Immer richtig temperiert?

Wie Sie Ihr Kühlgut adäquat versichern


Michael Jeinsen

Im Arzneimittelkühlschrank lagern oft beträchtliche Werte, die dementsprechend gut gegen Schäden versichert sein sollten. Was ist dabei zu beachten? Und wie können Sie sich gleich schon beim Kühlschrankkauf absichern?

Durch das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) unterliegen auch Hämophilie-Medikamente seit dem 1. September 2020 der Apothekenpflicht. Da diese teuren Präparate durchweg kühlpflichtig sind, können schon einzelne ärztliche Verordnungen die üblichen Versicherungslimits für Arzneimittelkühlschränke sprengen. Nicht zuletzt das bietet einen guten Grund, Ihren aktuellen Kühlgutschutz zu überprüfen. Dabei kommt es zum einen auf die versicherten Schadensursachen und die Medikamentenwerte an, zum anderen aber insbesondere auch auf das Alter und den Zustand Ihres Arzneimittelkühlschranks.

Der Versicherungsschutz von Kühlgut ist in Ihrer Geschäftsinhaltsversicherung geregelt. Je nach Police gibt es dafür ein sogenanntes Sublimit – also eine eigens für Kühlgutschäden vereinbarte Versicherungssumme. Diese entspricht wertmäßig manchmal nur dem Inhalt einer Supermarkt-Tiefkühlkühltruhe – also um die 5.000 €. Da der Wert eines vollen Arzneimittelkühlschranks allerdings wesentlich höher liegt, sollte sie für Apotheken üblicherweise zwischen 25.000 € und 75.000 € betragen. Denn schließlich wollen Sie ja, wenn es zum Schaden kommt, mit derjenigen Summe „entschädigt“ werden, die sich zum Schadenszeitpunkt im Kühlschrank befunden hat.

Tipp: Viele Apothekeninhaber nehmen an, dass ihr Kühlgut bis zu der Summe versichert ist, die die gesamte Geschäftsinhaltsversicherung deckt – und nicht nur bis zum Sublimit. Insofern sind Kühlgutschäden meist schlechter versichert als vermutet. Lassen Sie sich daher von Ihrem Versicherungsmakler – auch mit Blick auf das GSAV – die versicherten Risiken und die Sublimits für Ihr Kühlgut schriftlich mitteilen.

Was Autos und Kühlschränke verbindet

Sie kennen das aus dem Kfz-Bereich: Bei einer Vollkasko sind alle Schäden am eigenen Auto mitversichert, eine Teilkasko deckt nur bestimmte Schäden ab und die Haftpflicht nur jene, die Dritten entstehen. Da sich der Inhalt Ihres Arzneimittelkühlschranks wertmäßig durchaus mit einem Mittelklassewagen vergleichen lässt, sollte er dementsprechend auch einen Vollkaskoschutz genießen.

Behalten Sie stets im Hinterkopf, wie alt Ihre Kühlgeräte sind. Denn – um bei der Analogie zum Kfz-Bereich zu bleiben – wer sein Auto bis zur Schrottpresse fährt, weiß, dass Eigenschäden irgendwann nicht mehr ersetzt werden. Was aus Altersschwäche den Dienst quittiert, ist nicht versicherbar. Insofern sollten Sie auch Ihre Kühlgeräte nach einer bestimmten Laufzeit (etwa sieben Jahre) gegen neue Modelle austauschen.

Augen auf beim Kühlschrankkauf!

Beachten Sie des Weiteren, dass längst nicht jeder Apothekenkühlschrank ein Arzneimittelkühlschrank ist – zumindest im Verständnis der Versicherung. Hier lohnt sich zunächst einmal ein Blick in §16 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO), der verlangt, pharmazeutische Waren so zu lagern, dass „ihre Qualität nicht nachteilig beeinflusst“ wird.

Bei kühlpflichtigen Arzneimitteln und Impfstoffen gilt aktuell die DIN-Norm 58345, welche die Leistungsmerkmale definiert, die an einen zur Arzneimittellagerung geeigneten Kühlschrank zu stellen sind. Nach ihr zertifizierte Geräte sind u.a. besser isoliert, verfügen über eine kleine Notstromversorgung sowie über ein wirksames Warnsystem. Auch halten sie die vorgeschriebenen Betriebstemperaturen zwischen +2°C und +8°C ein – und zwar bei Raumtemperaturen zwischen +10°C und +35°C. Außerdem zeichnen sie die gemessenen Werte zumeist bis auf eine Nachkommastelle revisionssicher auf. Erkennen lassen sich solche Geräte übrigens an einem grünen Aufkleber.

Liegt hingegen lediglich ein einfaches Thermometer in einem vermeintlichen (nicht zertifizierten) Arzneimittelkühlschrank, von dem die Werte abzulesen sind, um sie anschließend in ein Formblatt am Kühlschrank einzutragen, sind wesentliche Grundvoraussetzungen für einen ausreichenden Versicherungsschutz nicht erfüllt. Falls die Temperaturanzeige nur Vorkommastellen ausweist, fehlt ebenfalls ein wichtiges Kriterium. Denn dann besteht eine Messunsicherheit von 1°C bis 2°C: Zeigt das Gerät in einem solchen Fall etwa +3°C bzw. +7°C an, könnten damit die +2°C unter- bzw. die +8°C überschritten sein.

Leider bieten die Hersteller ihre Kühlschrankmodelle meist in zwei verschiedenen Ausführungen an, die im Katalog völlig identisch aussehen, obwohl sie unterschiedlich viel kosten. Der Qualitätsunterschied zwischen der günstigeren und der teureren Kühlgerätvariante erschließt sich oft auch nicht gleich beim Kauf, sondern erst im Schadensfall:

  • Die günstigere Variante schlägt zwar geräuschvoll Alarm, wenn Temperaturgrenzwerte überschritten werden. Trotzdem dürfen zumindest alle kühlkettenpflichtigen Medikamente danach nicht mehr abgegeben werden, wenn z.B. an Wochenenden oder Feiertagen niemand in der Apotheke war und den Alarm hören konnte.
  • Die teurere Variante hingegen ruft mit SMS und Push-E-Mails an beliebig viele Empfänger auch Hilfe von außerhalb herbei – womit sich wesentlich effektiver verhindern lässt, dass die 2°C-Grenze unter- bzw. die 8°C-Grenze überschritten wird.

Kühlschrank kaputt – und nun?

Viele Gewerbepolicen sehen zwar einen Schadensersatz vor, wenn die öffentliche Stromversorgung ausfällt – nicht jedoch dann, wenn der Arzneimittelkühlschrank einen technischen Defekt aufweist. Allerdings liegen die häufigsten Schadensursachen nun eben mal an technischem Versagen, wie etwa

  • dem Ausfall von Sensoren,
  • defekten Sicherungen,
  • Unterkühlungen,
  • Störungen nach Blitzschlägen,
  • Schwelbränden oder
  • auslaufender Kühlflüssigkeit.

Verdirbt dadurch der Inhalt des Kühlschranks, geht der Schaden folglich zu Ihren Lasten. Insofern sollten Sie darauf achten, dass Ihre Versicherung neben dem Ausfall des öffentlichen Stromnetzes auch diese Risiken abdeckt.

Übrigens: Wenn Arzneimittel verderben, weil jemand vergessen hat, sie in den Kühlschrank zu legen, kommen Versicherungen kaum dafür auf.

Wer sollte eine Kühlgutversicherung abschließen?

Prinzipiell sollte jede Apotheke über einen Kühlgutschutz verfügen. Unverzichtbar ist er aber insbesondere für all jene, die beispielsweise regelmäßig Zytostatika, Impfstoffe oder Hämophilie-Medikamente aufbewahren müssen. Denn hier sind im Schadensfall exorbitante Verluste zu erwarten – selbst wenn der Kühlschrank nur über Nacht oder auch ansonsten für ein paar Stunden ausfällt.

Und der Kühlschrank selbst?

Der Arzneimittelkühlschrank steht in den Apothekenräumen. Deshalb werden Sachschäden an ihm durch die Geschäftsinhaltsversicherung ersetzt. Für rein technische Schäden hingegen bedarf es einer zusätzlichen Versicherung, die aber in vielen Heilwesen-Spezialpolicen für DIN-58345-Geräte schon eingeschlossen ist.

Übrigens: Einige Spezialpolicen erhöhen den pauschal versicherten Warenwert seit Inkrafttreten des GSAV auf Anfrage von 50.000 € auf 75.000 €. Bei Bedarf sind auch höhere Summen möglich.

Zu guter Letzt

Zusammenfassend gibt es also vier weit verbreitete Schwachstellen bei der Absicherung von Kühlschrankinhalten:

1. Sie sind häufig nicht automatisch mitversichert.

2. Ihr versicherter Wert liegt oft unter dem tatsächlichen Wert.

3. Viele Schadensursachen bleiben unversichert.

4. Kühlpflichtige Medikamente werden nicht in den Kühlschrank gelegt – oder zu früh herausgeholt.

Übrigens: Was beim Transport von temperatursensiblen Arzneimitteln in welcher Form abgesichert sein sollte, können Sie im AWA 15/2020 im Artikel "Welche Versicherungs-Fallstricke bei 'ausgelagerten Apothekenwerten' drohen" nachlesen.

Michael Jeinsen, Diplom-Politologe und -Pädagoge, zertifizierter Berater Heilwesen (IHK), IHK-Dozent für Maklerfortbildung, 12209 Berlin, E-Mail: berlin@die-apothekerhelfer.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2020; 45(18):12-12