In den Köpfen Ihrer Kunden

Wie Sie sich als E-Rezept-Experten etablieren


Anna Schatz

An die Telematikinfrastruktur müssen Sie bis zum 30. September angeschlossen sein – und das E-Rezept kommt spätestens im Januar 2022. Was können Sie tun, damit Ihre Patienten dann wissen, dass Sie auch in Sachen E-Rezept der beste Ansprechpartner sind?

Das E-Rezept hat sich mehr und mehr zum Reizthema unter Apothekern entwickelt. Denn was schon seit langer Zeit im Gespräch ist, zieht sich bei der Umsetzung wie Kaugummi: Nach diversen Verschiebungen soll das digitale Rezept sein Analogon aus Papier nun im Januar 2022 ablösen.

Auch die Patienten empfindendas Thema „E-Rezept“ derzeit noch nicht als drängend. Im Moment läuft in den meisten Apotheken und Arztpraxen alles wie gewohnt – und nur an einigen wenigen Stellen stoßen die Patienten zufällig auf die ein oder andere Botschaft à la „Wir können E-Rezept!“ Daher stellen sich im Augenblick (noch) die wenigsten von ihnen die Frage, ob ihre Stammapotheke das E-Rezept kann – zumal eines klar ist: Im Zweifelsfall gibt es schon diejenigen, die es können.

Denn die pflastern ja seit geraumer Zeit jede Bushaltestelle und viele Zeitschriften mit ihrer Werbung zu. „Ihr Rezept ist bei uns in guten Händen, auch als E-Rezept“ oder „Wir sind E-Rezept-ready“, steht da. Gut für die Patienten, das für den Zeitpunkt zu wissen, zu dem es so weit ist. Schlecht allerdings für diejenigen, die ihre Kunden bis dahin nicht vorbereitet haben. Denn wenn das E-Rezept erst mal da ist, ist es eigentlich schon zu spät – vor allem dann, wenn sich bereits das Bild eines (anderen) E-Rezept-Spezialisten in den Köpfen manifestiert hat.

„Mit 66 Jahren ist lange noch nicht Schluss“

Zunächst einmal: Wie weit verbreitet sind Smartphone, Tablet und Co. überhaupt? Hierzu ein paar Zahlen: Laut der Studie „Digital 2020“ der Agentur „We Are Social“ nutzen von Deutschlands ca. 83 Mio. Einwohnern fast 78 Mio. das Internet – also an die 95%. Und 132% der deutschen Bevölkerung nutzen überdies ein Smartphone. Diese Werte stoßen natürlich erst einmal seltsam auf, gerade wenn man berücksichtigt, dass kleine Kinder keine internetfähigen Geräte nutzen und dass es zudem Komplettverweigerer gibt. Inbegriffen sind jedoch auch Menschen mit mehreren Smartphones.

Letztlich machen die Zahlen somit eines klar: Es ist ein Irrglaube, dass die Zielgruppe für Handy-Apps bei Menschen im Rentenalter aufhört. Im Gegenteil: 45% der über 70-Jährigen besitzen internetfähige Geräte. Und diese Zahl hat vermutlich während der Isolation in der Corona-Pandemie nochmal deutlich zugenommen. Auch die ältere Klientel müssen Sie daher erreichen.

Den richtigen Moment abpassen

Wie aber gelingt das? Zunächst einmal müssen Sie eine Grundlage in den Köpfen aller Ihrer Mitarbeiter schaffen, nämlich: „Der Kunde darf bei uns beides – Online und vor Ort!“ Denn manche Mitarbeiter fühlen sich auch heute noch nicht ausreichend wertgeschätzt, wenn sie mitbekommen, dass Kunden sich nicht (immer) vor Ort von ihnen beraten lassen. Und das lassen sie bisweilen auch die Kunden spüren – die sich dann schlecht oder gar ertappt vorkommen, wenn sie etwas online bestellen.

Das aber darf in diesen Zeiten nicht mehr sein! Denn unsere Kunden sind autark und möchten selbstständig entscheiden: „Heute brauche ich eine ausführliche persönliche Beratung durch einen Mitarbeiter vor Ort. Und morgen möchte ich online bestellen, nur auf das Wichtigste hingewiesen werden und meine Medikamente genau dann von einem Boten geliefert bekommen, wenn es mir passt.“

Sofern Sie einen eigenen Online-Shop betreiben oder an eine Plattform angeschlossen sind, können Sie dem Kunden beides bieten. So bleibt er immer Kunde Ihrer Apotheke vor Ort, kann sich aber jedes Mal aufs Neue für das System entscheiden, das ihm gerade gelegen kommt.

Sofern es in den Köpfen des ganzen Teams angekommen ist, dass auch Online-Käufe wichtig für die Apotheke sind, verändert sich idealerweise die Argumentation im Handverkauf: Statt nur einen Flyer oder Werbematerial zum E-Rezept mitzugeben oder lediglich auf Nachfrage vom eigenen Online-Shop zu berichten, sollten alle Mitarbeiter die Kunden gezielt ansprechen, wenn sie merken, dass der richtige Moment gekommen ist. Drei Situationen aus dem Apothekenalltag eignen sich dafür ganz besonders:

Situation 1: Ein Kunde kommt direkt vom Arzt mit einem Rezept in Ihre Apotheke. Als Sie ihm sagen, dass Sie seine Medikamente gerade nicht vorrätig haben, erwidert er, dass er nicht unmittelbar in der Umgebung wohne und deswegen woanders schauen möchte. Hier sollten Sie ganz dringend einhaken und den Kunden darauf aufmerksam machen, dass er seine Dauermedikation vor dem Arztbesuch immer online (oder auch telefonisch) bei Ihnen vorbestellen kann. Und vor allem: Dass er zukünftig auch E-Rezepte bei Ihnen einlösen können wird. Geben Sie ihm einen Flyer mit oder helfen Sie ihm direkt dabei, Ihre App einzurichten.

Situation 2: Ein Kunde ist richtig krank, und Sie bemerken, dass er eigentlich ins Bett gehört. Weisen Sie ihn darauf hin, dass eine reine Online-Bestellung möglich ist und ein Bote schnellstmöglich zu ihm nach Hause liefert. Führen Sie vor, wie einfach es ist, per App zu bestellen bzw. ein Rezept einzuscannen, und erklären Sie kurz, dass der Patient das Rezept in ein paar Monaten sogar direkt vom Arzt auf das Smartphone übermittelt bekommt – und dann an Ihre Apotheke weiterleiten kann.

Situation 3: Ein Kunde kommt immer gehetzt-gestresst in die Apotheke. Erläutern Sie ihm (wegen der Zeitnot natürlich nur ganz kurz), dass er sich bei einer Online-Bestellung vollkommen flexibel für eine Abholung oder eine Lieferung per Botendienst entscheiden kann – und dass sein Zeitplan dann funktioniert. Nehmen Sie ihm am besten gleich noch die Installation und Einrichtung Ihrer Apotheken-App ab.

Sagen können Sie z.B.: „Genau für Kunden wie Sie, die einen eng getakteten Zeitplan haben, gibt es bei uns die Möglichkeit, alle Produkte – und auch Rezepte – ganz einfach online über unsere App zu bestellen. Sie können sich dort für eine Abholung oder einen Lieferort entscheiden. So sind Sie in Ihrer Planung total flexibel. Die Einrichtung dauert nur wenige Sekunden und ist genau so einfach wie das Bestellen. Wäre das was für Sie?“

Die Zeit drängt

Natürlich werden Sie nicht alle Kunden immer überzeugen, aber Sie sollten keine Gelegenheit unversucht lassen. Begeistern Sie Ihre Kunden also jetzt schon im Gespräch für Ihre „digitale Flexibilität“ – und werden Sie auch darüber hinaus digital sichtbar. Denn damit ist zukünftig automatisch klar, dass Sie das E-Rezept können.

Dazu zählt, dass Sie sich – sofern nicht sowieso schon geschehen – professionelle Accounts auf allen gängigen Social-Media-Kanälen anlegen (vgl. AWA 9/2020, "Wie Sie sich in der Krise positionieren können"). Wenn Sie dort dann etwas posten, sollten Sie alle relevanten Hashtags setzen, die Sie z.B. auf der Seite likeometer.co/hashtags/weltweit finden. Und: Nutzen Sie immer den Hashtag #erezept.

Tipp: Machen Sie doch mal den Test, und geben Sie diesen Hashtag bei Google ein. Erscheint dann auch Ihre Apotheke?

Fragen Sie zudem bei Ihrem Homepage-Anbieter nach, ob das Keyword „E-Rezept“ als Suchwort hinterlegt ist. Es ist essenziell, dass Kunden Sie auch darüber finden.

Last, but not least: Lernen Sie von den „Großen“, nicht zuletzt von der unliebsamen Konkurrenz aus dem Netz: Sagen Sie Ihren Kunden ständig und auf allen Kanälen, dass Sie bereit für das E-Rezept sind – mal humorvoll, mal mit einem Bild aus Ihrem Apothekenalltag, mal mit einem professionell aufbereiteten Plakat im Schaufenster. Hauptsache, Sie sagen es immer wieder, sodass in den Köpfen Ihrer Kunden eines hängen bleibt: „Meine Apotheke ist der E-Rezept-Experte am Ort!“

Anna Schatz, Geschäftsführende Gesellschafterin, HealthcareComm GmbH 47802 Krefeld, E-Mail: kontakt@healthcarecomm.eu

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2020; 45(18):8-8