Die klimaneutrale Apotheke

Wie Apotheken ihren CO2-Fußabdruck verringern können


Florian Giermann

Der Klimawandel stellt uns alle vor immense Herausforderungen. Wie können Sie dem in Ihrer Apotheke Rechnung tragen und Ihre CO2-Emissionen senken? Und wie profitieren Sie gegebenenfalls sogar davon?

Auch an Apotheken gehen Hitzerekorde wie im vorigen Sommer nicht spurlos vorbei. Da nämlich wurden nicht nur die für die sichere Lagerung von Arzneimitteln festgelegten Höchsttemperaturen teils überschritten. Vielmehr reagierten auch die Mitarbeiter wegen der hohen Temperaturen gereizt und hatten mit Konzentrationsschwierigkeiten zu kämpfen – oder gar mit Erkältungen, weil die Klimaanlagen zu hoch eingestellt waren. Harte Zeiten also für den Berufsstand. Und leider müssen wir davon ausgehen, dass dies kein vorübergehendes Phänomen von einigen Sommern bleiben wird.

Dass der Klimawandel die Gesundheit beeinträchtigt, ist inzwischen unbestritten. Zum Wohl der nachfolgenden Generationen muss es daher eine der dringendsten Aufgaben sein, seine negativen Auswirkungen einzudämmen und – soweit möglich – wieder zu beheben.

Die Apotheke vor Ort als häufig erste Anlaufstelle bei Gesundheitsfragen kann hierbei ein deutliches Zeichen setzen – indem sie sich selbst klimaneutral stellt. Wenn sie das in ihrer Umgebung richtig kommuniziert, wird sie zum Leuchtturm, an dem sich andere Unternehmen und letztlich auch Privathaushalte orientieren können.

Wie gehen Sie den Weg in Richtung Klimaneutralität?

In einem ersten Schritt gilt es, die CO2-Bilanz der Apotheke anhand der ermittelbaren Emissionen zu erstellen. Dafür ist es zumeist sinnvoll, auf externe Unterstützung zurückzugreifen, die die Ergebnisse auch gemeinsam mit Ihnen bewertet und bespricht. Grundsätzlich werden die Emissionen unterteilt in

  • direkt in der Apotheke anfallende Emissionen,
  • indirekte Emissionen durch zugekaufte Energie sowie
  • sonstige indirekte Emissionen.

Der ersten Kategorie lassen sich vor allem die Emissionen zurechnen, die durch den Wärmeverbrauch von Heizungen sowie den Kraftstoffverbrauch von betrieblich genutzten Fahrzeugen entstehen. Zur zweiten Kategorie gehören insbesondere Emissionen, die aus dem Stromverbrauch sowie dem Bezug von Fernwärme und -kälte resultieren. Zur dritten Kategorie zählen schließlich Emissionen, die sich zurückführen lassen auf

  • die Herstellung und den Transport von Brennstoffen, die in der Apotheke verwendet werden ("vorgelagerte energiebezogene Emissionen"),
  • Geschäftsreisen inklusive Hotelübernachtungen,
  • die Arbeitswege der Arbeitnehmer,
  • Abfälle und Abwasser sowie
  • Büro-Verbrauchsmaterialien.

Um die Emissionen für diese drei Kategorien zu berechnen, müssen Sie alle relevanten Daten ermitteln. Dazu zählen beispielsweise

  • der durchschnittliche Kraftstoffverbrauch Ihrer Firmen- bzw. Botenfahrzeuge,
  • Ihr durchschnittlicher Strom- und Wärmeverbrauch sowie
  • Ihre Abfallmengen.

Da diese Werte z.B. in Einheiten wie Kilowattstunden oder Litern angegeben sind, müssen Sie sie zunächst mithilfe einer Tabelle in die dazugehörigen CO2-Mengen umrechnen.

Damit haben Sie dann auch schon die wichtigsten Instrumente für die Folgeschritte an der Hand. Vor allem ist nämlich der sogenannte ökologische Fußabdruck ermittelt: Sie wissen jetzt, wie viele Tonnen CO2 Ihre Apotheke pro Jahr emittiert. Durch die Unterteilung in die drei Kategorien erkennen Sie nun aber auch auf einen Blick, mit welchen Hebeln Sie Ihre derzeitigen Emissionen am besten verringern können.

Übrigens: Indem Sie Ihre gesamten Emissionen durch die Anzahl der Mitarbeiter dividieren, können Sie sich gut mit anderen Apotheken vergleichen: Der CO2-Ausstoß pro Mitarbeiter ist nämlich unabhängig von der Größe und Lage einer Apotheke.

Die Klima-Kombi: Kompensieren und Reduzieren

Im zweiten Schritt können Sie die Apotheke nun auf Basis der CO2-Bilanz klimaneutral stellen. Das umfasst zweierlei:

Zum einen lässt sich der CO2-Ausstoß der Apotheke, der im Durchschnitt übrigens bei 25 Tonnen pro Jahr liegen dürfte, durch die Förderung von Klimaprojekten kompensieren (z.B. über atmosfair.de, compensaid.com oder zeichen-setzen.com). Dabei handelt es sich mitnichten um eine moderne Form des Ablasshandels, bei der man lediglich das eigene Gewissen beruhigt, ansonsten aber wenig Nachhaltiges für das Klima bewirkt. Denn wer zur Kompensation seiner Emissionen z.B. Windkraftprojekte in Entwicklungsländern finanziell unterstützt, verhindert damit nicht nur u.a. den Bau von Kohlekraftwerken und fördert erneuerbare Energien, sondern sorgt auch für Innovationen und eine bessere Infrastruktur in den betroffenen Regionen.

Zum anderen gilt es, die Emissionen der Apotheke konsequent zu reduzieren – wenngleich das zumeist etwas länger dauert und damit nicht so unmittelbar und effektiv wirkt wie die Kompensation. Aus der CO2-Bilanz lassen sich Reduktionsmaßnahmen ableiten. Einige davon sind optional, andere jedoch sollten auf jeden Fall umgesetzt werden. Zu den erforderlichen Maßnahmen gehören:

  • Die Einführung eines Programms zur Mülltrennung,
  • die Senkung des Stromverbrauchs,
  • der Umstieg auf einen zertifizierten Anbieter von 100% Ökostrom,
  • ein Konzept zur Einsparung von Papier und Plastik,
  • der Umstieg auf Druckerzeugnisse aus recycelbarem Papier aus einer klimaneutralen Druckerei.

Zu den optionalen Maßnahmen zählt u.a. Folgendes:

  • Eine Zeitschaltuhr an der Heizung, die die Leistung außerhalb der Arbeitszeit reduziert, kann die Emissionen selbst bei klimaneutralen Wärmequellen nochmals senken. Wenn Sie den Timer programmieren, sollten Sie lediglich die Nacht- und Notdienste im Winter nicht vergessen.
  • Alte Elektrogeräte lassen sich durch energiesparende Geräte ersetzen. Als Beispiel: Ein Kühlschrank der Klasse A+++ verbraucht 22% weniger Strom als ein durchschnittliches Referenzgerät – und spart damit nicht nur Energie, sondern auch bares Geld.
  • Wer Anreizsysteme zur Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln oder zur Bildung von Fahrgemeinschaften schafft, kann den Bilanzposten "Arbeitswege der Arbeitnehmer" deutlich reduzieren.

Darüber hinaus ist es für größere Apotheken und Filialverbünde gewiss sinnvoll, einen internen Nachhaltigkeitsbeauftragten zu ernennen, der die Einhaltung der Maßnahmen überwacht und aus eigener Initiative Verbesserungsvorschläge macht. Denken Sie dabei auch an die Außenwirkung solch einer Stelle – insbesondere die jüngere Generation wird sich dann wohl sehr gerne mit Ihnen als Arbeitgeber identifizieren!

Spart Klimaschutz auch Geld?

Wie groß das finanzielle Einsparpotenzial dieser Maßnahmen ist, lässt sich nicht genau beziffern, weil sich die Tarife für Strom und die verschiedenen Heizarten in Deutschland zu stark unterscheiden. Wenn jedoch alle Mitarbeiter – auch auf Basis innerbetrieblicher Regeln – ein Verständnis dafür entwickeln, warum es so wichtig ist, die Ressourcen zu schonen, und was sie dafür tun müssen, dann sind geringere Kosten wahrscheinlich – und ein Imagegewinn ist sicher.

Jetzt handeln!

Abgesehen von den Auswirkungen, die der Klimawandel allgemein auf die Gesundheitsberufe und speziell auf die Apotheken hat, ist der Umwelt- und Klimaschutz für das Überleben der gesamten Menschheit elementar. Er ist die Grundlage, um unsere hohen Lebensstandards sowie unsere hervorragende Gesundheitsversorgung abzusichern. Und dazu kann und sollte jeder Einzelne von uns seinen Beitrag leisten.

Florian Giermann, Client Liaison Manager, Noventi Health SE, 81673 München, E-Mail: florian.giermann@noventi.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2020; 45(19):8-8