Für die Umwelt, für Ihre Mitarbeiter und für Sie selbst

Wie Sie Ihre Apotheke nachhaltig führen


Volkmar Haegele

Wer nachhaltig handelt, tut nicht nur Gutes für die Umwelt und die Menschen, sondern steht auch bei Kunden und (potenziellen) Mitarbeitern positiv da. Doch was zeichnet ein nachhaltiges Unternehmen aus? Und wie können Sie das in Ihrer Apotheke realisieren?

Tagtäglich werden auch in Apotheken viele Entscheidungen getroffen, die sich zuweilen negativ auf die Natur sowie die Menschen in und außerhalb des Unternehmens auswirken können. Problematisch sind die Schäden, die in erster Linie nicht direkt vor Ort auftreten (z.B. Klimawandel mitsamt Artensterben, Wassermangel, Migration etc.). Deswegen wird von unternehmerischer Verantwortung immer dann gesprochen, wenn es darum geht, jenseits von gesetzeskonformem Verhalten weitere Rücksicht auf Mensch und Natur zu nehmen.

In Zeiten von "Fridays for Future" profitieren Unternehmen, die sich "Nachhaltigkeit" auf die Fahnen geschrieben haben. Denn sie werden nicht nur ihrer ethischen Verantwortung gerecht, sondern erscheinen auch (neuen) Mitarbeitern, Kunden und Geschäftspartnern attraktiv – was sich positiv aufs Betriebsergebnis auswirkt. Nachhaltigkeit bedeutet letztlich:

  • Ressourcen nicht schneller zu verbrauchen, als sie sich regenerieren können,
  • Kräfte der Mitarbeiter nicht stärker zu verbrennen, als sie sich wiederherstellen lassen, sowie
  • (dauerhaft) nicht mehr Geld auszugeben, als verdient wird.

Wenn Sie Ihre Apotheke in diesem Sinne führen wollen, sollten Sie sich zunächst fragen, von welchen Ressourcen Sie abhängig sind und wie lange Ihnen (ebenso wie nachfolgenden Generationen) diese noch zur Verfügung stehen. Nachdem Sie diese Frage beantwortet haben, folgen im Rahmen eines strategischen Nachhaltigkeitsmanagements vier Schritte.

1. Aufnahme der Ist-Situation

Um zu überprüfen, wo Sie gerade stehen, gibt es z.B. die folgenden Möglichkeiten:

  • Mit einer Stärken-Schwächen-Chancen-Risiken (SWOT)-Analyse (vgl. AWA 10/2019) lassen sich Kunden- und Mitarbeiterbedürfnisse in Sachen Nachhaltigkeit sowie teure Ressourcennutzungen frühzeitig erkennen.
  • In diesem Rahmen bietet es sich auch an, den CO2-Fußabdruck zu ermitteln, also die Menge an Treibhausgasen, die Ihre Apotheke z.B. durch Energieverbrauch, Mobilität oder Werbematerialien verursacht (vgl. den Beitrag "Wie Apotheken ihren CO2-Fußabdruck verringern können").
  • Ebenfalls sinnvoll: Ein Energiekosten-Check, über den Sie erfahren, wie gut Sie mit Ihrem derzeitigen Anbieter dastehen.
  • Um wirksame Maßnahmen einzuleiten, müssen alle relevanten Akteure, ihre Bedürfnisse und ihre Bedeutung für die Apotheke identifiziert werden (Akteursanalyse).

Eine gesamtheitliche Analyse bietet auch die Gemeinwohl-Bilanzierung, über die geprüft wird, inwieweit Privatpersonen, Unternehmen, Gemeinden oder Institutionen dem Gemeinwohl dienen. Während konventionelle Handelsbilanzen vorwiegend ökonomische Kategorien berücksichtigen und Nachhaltigkeitsberichte überwiegend die positiven ökologischen Maßnahmen publizieren, zeigt die Gemeinwohl-Bilanz differenziert an, wo bereits ein Beitrag zum Gemeinwohl geleistet wird – und wo noch Entwicklungspotenziale liegen.

Die Gemeinwohl-Bilanz ist öffentlich einsehbar und sollte daher für jedermann verständlich formuliert sein. Damit werden Reflexion und Austausch möglich – was Innovationsimpulse sowie eine werteorientierte Aktualisierung der Unternehmensstrategie fördert (vgl. Service).

2. Entwicklung einer eigenen Nachhaltigkeitsstrategie

Um eine Strategie zu entwickeln, sollten Sie zunächst eine Zukunftsvision skizzieren. Lauten könnte sie z.B.: "Unsere Apotheke als Impulsgeber für verantwortungsvolles, umwelt- und mitarbeiterfreundliches Unternehmertum in der Region!" Anschließend gilt es, die sieben Handlungsfelder

  • Digitalisierung,
  • Kommunikation,
  • Lieferkettenmanagement,
  • Organisation und Management,
  • Soziales,
  • Umwelt und
  • Wirtschaft

zu priorisieren. Dann können Sie Maßnahmen entwickeln bzw. Aktionspläne erstellen. Die Ziele sollten von allen Akteuren getragen werden und den SMART-Kriterien entsprechen, also

  • spezifisch (S),
  • messbar (M),
  • aktionsorientiert (A),
  • realistisch (R) sowie
  • terminiert (T) sein.

Entsprechende Formulierungen könnten lauten:

  • "Bis 2021 gibt es bei uns nur noch umweltfreundliche Reinigungs- und Desinfektionsmittel."
  • "Bis 2022 werden wir klimaneutral wirtschaften."
  • "Bis 2025 bieten wir allen Mitarbeitern jährlich mindestens fünf Weiterbildungsseminare zum nachhaltigen Wirtschaften an."

Grundsätzlich sollten Sie zwischen kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmen unterscheiden. Beispiele dafür:

Kurzfristige Maßnahmen

  • Optimalerweise Umstieg auf 100% Ökostrom bzw. -gas (auch in Abhängigkeit vom Energiekosten-Check).
  • Umstellen des Fuhrparks auf ressourcenschonende Alternativen, wie E-Bikes, den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) oder Carsharing bei Botendiensten.

Mittelfristige Maßnahmen

  • Nachhaltiges Entgeltmanagement: Flexible, nachhaltige Konzepte mit Steuer- und Sozialversicherungs-Reduzierungsmöglichkeiten (über Job-Tickets und Co.) können u.a. optimal sein, um Mitarbeiter zu motivieren bzw. zu gewinnen (vgl. den Beitrag "Wie Sie Ihr Personal nachhaltig entlohnen").
  • Betriebliches Gesundheitsmanagement: Ausführliches hierzu erfahren Sie in der AWA-Serie ab Ausgabe 6/2020.

Langfristige Maßnahmen

  • Eigenes nachhaltiges Energiemanagement, z.B. mit energieoptimierter Heizung, Klimatisierung und EDV, stromsparender Beleuchtung (LED) sowie autarker Energie- und Wärmeerzeugung, etwa über Fotovoltaik oder ein Blockheizkraftwerk.
  • Kompensation nicht-reduzierbarer Emissionen, z.B. über CO2OL.de oder klimapatenschaft.de.

Behalten Sie bei allen Maßnahmen das sogenannte Nachhaltigkeitsdreieck im Blick. Diesem zufolge lässt sich ein

  • umweltfreundliches Gleichgewicht (Ökologie) nur dann erreichen,
  • wenn sowohl wirtschaftliche Sicherheit (Ökonomie)
  • als auch gesellschaftliche Gerechtigkeit (Soziales) gleichermaßen angestrebt werden.

3. Umsetzung

Nun gilt es, die festgelegten Maßnahmen umzusetzen. Beziehen Sie alle Akteure in der Apotheke mit ein – in Abhängigkeit von dem, was sie beitragen können und wollen. Denn wer Verantwortung überträgt, eine faire Fehlerkultur hochhält und individuelle Leistungen anerkennt, kann u.a. seine Mitarbeiter motivieren, sich selbst entlasten und die Kundenzufriedenheit steigern.

4. Monitoring und Kommunikation

Überprüfen Sie Ihre Nachhaltigkeitsziele und -maßnahmen regelmäßig, und passen Sie sie gegebenenfalls an.

Außerdem wichtig: Die Berichterstattung. Kommunizieren Sie in Zeitungsartikeln, sozialen Medien oder auf Ihrer Homepage, was Sie geplant oder schon geleistet haben. Hier können Sie z.B. auch einen Nachhaltigkeitsbericht oder eine Gemeinwohl-Bilanz mit Testat präsentieren.

Selbst wenn es eine vollständig nachhaltige Apotheke auf absehbare Zeit nicht geben wird: Wer offen für alternative Wege ist, kann sich mit einem entsprechenden Konzept neue Geschäftsziele setzen – und "for Future" vielfach davon profitieren.

Service

Mehr zur Gemeinwohl-Bilanzierung erfahren Sie z.B. auf der Webseite der "International Federation for the Economy for the Common Good e.V." oder am konkreten Apothekenbeispiel der St. Rochus Apotheke.

Volkmar H. Haegele, Diplom-Politologe, Inhaber von "grün vorsorgen", regionaler Repräsentant der Medical Network Stiftung e.V., 28199 Bremen, E-Mail: haegele@gruenvorsorgen.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2020; 45(19):4-4