Umweltsünden in der Apotheke

Wo Sie aufpassen müssen – und welche Sanktionen drohen


Dr. Bettina Mecking

Zwar will sich vielleicht nicht jeder als Umweltschützer engagieren. Gewisse "Standards" müssen aber in jedem Fall erfüllt werden. Wer sich nicht daran hält, wird sanktioniert. Das gilt auch für Apotheken. Erfahren Sie, was Sie in Sachen Abfallentsorgung und Co. beachten müssen.

Nachhaltigkeit und Umweltschutz sind wichtige gesellschaftliche Ziele, die auch vom Gesetzgeber verfolgt werden. Das geltende Umweltrecht ist also nicht nur eine Richtlinie, die man aus Überzeugung in die Compliance der eigenen Apotheke integrieren kann. Vielmehr muss man bei Verstößen neben dem

  • Imageverlust bei Kunden und Geschäftspartnern auch mit
  • juristischen Folgen (inklusive den finanziellen) rechnen.

Im Dschungel des Umweltrechts

Die Regelungsdichte durch Gesetze, Verordnungen, Verwaltungsvorschriften, technische Regeln, Richtlinien, Normen und Satzungen der EU, des Bundes, der Länder und der Kommunen nimmt ständig zu. Das deutsche Umweltrecht wird dadurch immer umfangreicher, komplizierter und unübersichtlicher. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen wie Apotheken sind kaum noch in der Lage, alle Vorschriften zu kennen und ständig präsent zu haben.

Tipp: Aus diesem Grund haben die örtlichen Industrie- und Handelskammern (IHK) einen kostenlosen Umweltberatungsservice eingerichtet, an den Sie sich wenden können.

Das Umweltrecht umfasst die folgenden Straftatbestände:

  • Straftaten gegen die Umwelt, zu denen u.a. rechtswidrige Verunreinigungen von Gewässern (§324 Strafgesetzbuch, StGB), Boden (§324a StGB) und Luft (§325 StGB) gehören,
  • umweltgefährdende Handlungen, die den Umgang mit gefährlichen Abfällen (§326 StGB), das Betreiben gefährlicher Anlagen (§327 StGB) sowie den Umgang mit radioaktiven und anderen gefährlichen Stoffen (§328 StGB) umfassen, und
  • Umweltstraftaten in Nebengesetzen.

Zu den für die Apotheke relevanten Nebengesetzen zählen beispielsweise:

  • Das Chemikaliengesetz (ChemG), das den Umgang mit gefährlichen Stoffen grundsätzlich regelt.
  • Die Gefahrstoffverordnung (GefStoffV), in der sich Regeln über die Sicherheit hinsichtlich gefährlicher Stoffe im Arbeitsschutz finden. §51 GefStoffV verweist auf Vorschriften des ChemG und stellt beispielsweise das Herstellen und Verwenden bestimmter gefährlicher Stoffe unter Strafe.

Da das deutsche Strafrecht keine Strafbarkeit des Unternehmens selbst kennt, führen Regelverstöße in der Apotheke regelmäßig dazu, dass Sie als Chef persönlich haften und die strafrechtliche Verantwortung tragen. §27 ChemG etwa sieht Geld- oder Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren für Tätigkeiten vor, die im Zusammenhang mit dem Inverkehrbringen von gefährlichen Stoffen stehen.

Übrigens: In Deutschland hat jedes Bundesland seinen eigenen Umwelt-Bußgeldkatalog. Die Spannweite der entsprechenden Strafen reicht von kleinen Summen bis hin zu Beträgen von über 50.000 € für einzelne Vergehen.

Die Bußgelder fallen insbesondere für Wasserverschmutzung, die Verletzung von Emissionsbestimmungen und die falsche Müllentsorgung an. Weil letztere zu den Haupt-Umweltsünden von Apotheken zählt, wollen wir Sie nachfolgend näher betrachten.

So ein Müll!

Sie als Apothekenleitung müssen gewährleisten, dass alle Abfälle dem Arbeitsschutz- und dem Abfallrecht entsprechend entsorgt werden. Zu diesen Abfällen gehören zunächst Arzneimittelreste und Altmedikamente. Sie dürfen keinesfalls über die Toilette oder den Ausguss beseitigt werden. Die meisten Medikamente lassen sich aber – zusammen mit dem Hausmüll – als nicht gefährlicher Abfall entsorgen, sofern sie dabei nicht in die Hände Dritter gelangen. Alternativ ist eine Entsorgung an den kommunalen Schadstoffsammelstellen möglich.

Reste oder Fehlchargen zytostatischer und zytotoxischer Arzneimittel – z.B. nicht vollständig entleerte Behältnisse, Reste an Trockensubstanzen und zerbrochene Tabletten – müssen aufgrund ihrer zumeist krebserzeugenden, keimzellmutagenen und/oder reproduktionstoxischen Inhaltsstoffe in der Regel gesondert als gefährlicher Abfall entsorgt werden (Abfallschlüsselnummer: 180108*). Sie sind in bauartgeprüften, gekennzeichneten, stich- und bruchfesten Behältnissen an den Entsorger zu übergeben, der sie anschließend in einer speziell dafür zugelassenen Anlage verbrennen muss (vgl. auch Service).

Neben Arzneimitteln fallen in Apotheken auch andere besondere Abfälle an: Quecksilber kann unter bestimmten Bedingungen kostengünstig der Wiederaufbereitung zugeführt werden. Säuren, Laugen, Farben, Verdünner und andere gefährliche Chemikalien dürfen nicht in die Kanalisation gelangen.

Gefährliche Stoffe, Gifte, Chemikalien und in großen Mengen anfallende gesundheitsschädliche und reizende Stoffe müssen Sie grundsätzlich als Sonderabfall entsorgen – und zwar nur in entsprechend behördlich zugelassenen Anlagen.

In Abstimmung mit den zuständigen Behörden dürfen kleine Mengen von Giften in den Müllverbrennungsanlagen der Städte beseitigt werden. Geringe Mengen an gesundheitsschädlichen und reizenden Gefahrstoffen sowie gereinigte leere Verpackungen können Sie eventuell auch in den Hausmüll geben.

Trennen – oder nicht?

Über diese stets gültigen Regelungen hinaus, müssen laut §3 Abs. 1 Gewerbeabfallverordnung (GewAbfV) seit dem 1. August 2017 auch Gewerbeabfällegetrennt gesammelt werden, und zwar nach

  • Papier, Pappe und Karton (ohne Hygienepapier),
  • Glas,
  • Kunststoffen,
  • Metallen,
  • Holz,
  • Textilien,
  • Biomüll und
  • weiteren Abfällen.

Diese Verpflichtung entfällt aber, wenn ein Betrieb weniger als 50 kg Abfall pro Woche produziert – was auf eine durchschnittliche Apotheke zutreffen dürfte.

In beiden Fällen müssen Sie aber dokumentieren – und zwar entweder, dass Sie den Gewerbeabfall tatsächlich getrennt entsorgen, oder dass bei Ihnen weniger als jene 50 kg pro Woche anfallen. Die entsprechenden Unterlagen müssen Sie für eventuelle Überprüfungen durch befugte Überwachungsstellen bereithalten.

Tipp: Bei Unklarheiten gibt Ihnen die örtliche Gewerbeabfallberatung Auskunft.

Je früher, desto besser

Eine Besonderheit des Umweltrechts: Die Gefährdungsdelikte sind überwiegend abstrakt. Das heißt: Ein "Erfolg" – also eine tatsächliche Schädigung oder eine konkrete Gefährdung der Umwelt – wird gerade nicht vorausgesetzt. Die Schwelle zur Strafbarkeit ist daher schneller überschritten, als man glauben mag.

Handeln Sie also nicht erst, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist. Sorgen Sie vielmehr präventiv für Gegenmaßnahmen – je nach Größe der Apotheke auch in Form ganzer Compliance-Programme. Damit beugen Sie nicht zuletzt Straftaten Ihrer Mitarbeiter im Sinne des Umweltrechts vor – und schützen sich auch vor zivilrechtlichen Schadenersatzansprüchen.

Dabei gilt natürlich für uns alle: Wer seine Abfälle korrekt entsorgt und die Ressourcen verantwortungsvoll nutzt, kann einen wichtigen Beitrag für die Umwelt und unsere Zukunft leisten.

Service

Hinweise zur Entsorgung von Zytostatika gibt die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW), so etwa in der Broschüre "Zytostatika im Gesundheitsdienst".

Dr. Bettina Mecking, M.M., Fachanwältin für Medizinrecht, Justiziarin der Apothekerkammer Nordrhein, 40213 Düsseldorf, E-Mail: b.mecking@aknr.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2020; 45(19):12-12