Sinnige und unsinnige Klauseln in Apothekenkaufverträgen (Teil 1)

Vertragsgestaltung mit Augenmaß


Dr. Markus Rohner

Apothekenkaufverträge sind ein komplexes Feld. Es gibt eine Vielzahl an möglichen Klauseln, und es fällt schwer einzuschätzen, welche davon sinnvoll sind. Was also sollte unbedingt in diesen Verträgen stehen? Und worauf können Sie getrost verzichten?

Der Verkauf bzw. Kauf einer Apotheke hat eine erhebliche wirtschaftliche und emotionale Tragweite. So will auf der einen Seite der Verkäufer sein "Lebenswerk" in guten Händen wissen und außerdem sicher den Verkaufserlös erhalten. Der Käufer auf der anderen Seite geht zumeist eine erhebliche finanzielle Verpflichtung ein.

Ein guter Kaufvertrag muss diese Bedürfnisse und Risiken ebenso ausreichend wie angemessen abdecken – was aber leider nicht immer der Fall ist. Denn häufig gibt es entweder zu viele oder zu wenige Regelungen – und oft auch zu umständliche. Dabei sind vor allem auch die apothekenspezifischen Vorschriften zu beachten. Nachfolgend beleuchten wir einige wichtige Punkte, die in keinem bzw. in jedem Kaufvertrag fehlen sollten.

Das Vorfeld

Bereits wenn Käufer und Verkäufer Kontakt miteinander aufnehmen, kann es durchaus sinnvoll sein, eine Vertraulichkeitsvereinbarung abzuschließen. Denn als Verkäufer will man verhindern, dass die Konkurrenz bzw. ein Strohmann Apothekendaten ausspioniert. Ob man diese Vereinbarung mit einer Vertragsstrafe versehen will, hängt vom Einzelfall und dem persönlichen Eindruck ab, den der Vertragspartner hinterlässt. In der Regel geht es allerdings zu weit, den Kaufinteressenten nach einem Scheitern der Gespräche zu verpflichten, während eines Zeitraums von z.B. zwei Jahren keine andere Apotheke in einem bestimmten Radius um den eigenen Standort zu eröffnen bzw. zu erwerben.

Noch vor dem Kaufvertrag stehen die sorgfältige Untersuchung der Apotheke und die Verhandlungen über den Kaufpreis. Dabei ist es in der Regel aber ebenso wenig angezeigt, mit Datenräumen zu operieren, wie die Verhandlungs- und Untersuchungsergebnisse in einer Absichtserklärung festzuhalten. Lässt man sich darauf ein, kann das bereits bindend sein.

Damit ein Kaufvertrag wirksam wird, reicht es streng genommen schon aus, sich mündlich über die wesentlichen Vertragsbestandteile zu einigen. Zu Beweiszwecken ist jedoch immer ein schriftlicher Vertrag angezeigt – den der Käufer überdies benötigt, um eine Finanzierungszusage und auch die Betriebserlaubnis zu bekommen. Allerdings liegt darin auch eine juristische Tücke: Hat man sich schriftlich ohne Vorbehalte über alle wesentlichen Punkte geeinigt, könnte die jeweils andere Partei daraus Rechte herleiten.

Ein notarieller Vertrag ist indes weder erforderlich noch sinnvoll – es sei denn, dass zusammen mit der Apotheke auch die Immobilie verkauft werden soll.

Ansonsten gilt: Der Vertrag muss angemessen auf den Einzelfall ausgerichtet sein. Dabei sollte man tunlichst nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen. Aber ein "One-Pager" reicht eben auch nicht aus.

Verkauftes und Behaltenes

Zunächst muss im Vertrag bezeichnet sein, was überhaupt verkauft wird. Bei einer Apotheke sind das immer die einzelnen, zum Betrieb gehörigen Wirtschaftsgüter. Die Apotheke an sich ist nämlich kein verkehrsfähiges Rechtsgut.

Es ist weder erforderlich noch zielführend, die in §266 Abs. 2 Handelsgesetzbuch (HGB) genannten Bilanzpositionen ausführlich zu beschreiben. Verkauft werden in der Regel

  • das Anlagevermögen (Einrichtung, Ausstattung und Instrumente),
  • das Warenlager und
  • immaterielle Vermögenswerte (Firmenbezeichnung sowie Kundenstamm).

Das Anlagevermögen lässt sich in einer Anlage konkretisieren, auf die der Vertrag Bezug nimmt. Kleinere Positionen können durch eine Generalklausel abgedeckt werden.

Das Warenlager lässt sich naturgemäß erst endgültig zum Stichtag ermitteln, also zum Zeitpunkt der tatsächlichen juristischen Übertragung. Die Parteien müssen sich daher im Kaufvertrag auf ein Bewertungsverfahren für das Warenlager (inklusive Bewertungsparametern und Abschlägen für Einkaufsvorteile) einigen und regeln, wann sie Mehr- oder Minderbeträgeausgleichen. Trotzdem ist es grundsätzlich ratsam, den voraussichtlichen Wert des Warenlagers möglichst genau anzugeben. Hierfür kann es sinnvoll sein, eine Fremdfirma zu beauftragen. Die entsprechenden Kosten sind dann aufzuteilen.

Unbedingt festzuhalten ist auch, was nicht verkauft wird. Das sind in der Regel sämtliche Forderungen und Verbindlichkeiten sowie die liquiden Mittel. Im Vertrag sollte stehen, dass diese Positionen beim Verkäufer verbleiben. Denn ansonsten ist im Zweifel alles verkauft – inklusive eben den Forderungen und Verbindlichkeiten.

Kompromisslos beim Kaufpreis

Beim Kaufpreis gibt es wenig (Ver-)Handlungsspielraum: Der Käufer muss ihn komplett zum Stichtag zahlen, entweder aus Eigenmitteln oder fremdfinanziert. Hier finden sich in Kaufverträgen zwar unzählige Regelungsvarianten, von denen aber die meisten nicht akzeptabel sind. So ist insbesondere unbedingt darauf zu achten, dass auch der antizipierte "variable Anteil" des Kaufpreises schon zum Stichtag gezahlt wird. Klauseln wie "Fälligkeit 14 Tage nach Übergabe" oder Ähnliches müssen strikt abgelehnt werden. Denn wer den Schlüssel aus der Hand gibt, muss das Geld für die Apotheke auf dem Konto haben.

Doch wie immer gibt es Ausnahmen von der Regel. Denkbar ist z.B., dass der Verkäufer dem Käufer bei einem sehr guten Vertrauensverhältnis ein Darlehen über einen Teil des Kaufpreises gewährt – mit oder ohne Sicherheiten. Aber Achtung: Der Verkäufer muss den Kaufpreis trotzdem in voller Höhe im Kalenderjahr des Übertragungsstichtags versteuern. Eine solche (Ratenzahlungs-)Abrede hat übrigens im Kaufvertrag nichts zu suchen, sondern sollte in einem gesonderten Vertrag vereinbart werden.

Denkbar ist weiterhin, die Fälligkeit einzelner Kaufpreisteile von bestimmten Ereignissen abhängig zu machen, z.B. von der Neubesetzung einer Arztpraxis oder der Realisierung eines geplanten Einkaufszentrums in Apothekennähe. Solche Klauseln müssen sehr sorgfältig formuliert werden, um steuerlich und apothekenrechtlich sicher zu sein. So etwa sind sogenannte Earn-Out-Klauseln, die den Kaufpreis an den zukünftigen Ertrag oder Umsatz koppeln, apothekenrechtlich in der Regel nicht zulässig.

Wer fürchtet, sein Geld nicht zu erhalten, kann die Wirksamkeit des Vertrages an zweierlei (aufschiebende) Bedingungen knüpfen. Wird zum einen der Kaufpreis aus Eigenmitteln bestritten, ist es unerlässlich, sich bis zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Bürgschaft vorlegen zu lassen. Weil diese Bürgschaft mit den Eigenmitteln des Käufers bei der Bank hinterlegt wird, werden diese Eigenmittel zum Zahltag nicht "verschwunden" sein: Die Bürgschaft lässt sich also im Ernstfall ziehen. Zum anderen sollte man bei einer Fremdfinanzierung auf die Finanzierungszusage der Bank beharren. In beiden Fällen ist exakt zu regeln, wer in welchem Zeitraum vom Vertrag zurücktreten darf, wenn die Bürgschaft bzw. die Finanzierungszusage nicht vorgelegt wird.

Wind of Change?

Liegt ein längerer Zeitraum zwischen Vertragsschluss und Übertragung, können äußere Umstände eintreten, die die Ausgangssituation stark verändern – Corona hat es gezeigt. Sinnvoll können sogenannte Material-Adverse-Change-Klauseln sein, die es beiden Parteien während der Zeit vor der Übertragung ermöglichen, den Vertrag unter gewissen Bedingungen anzupassen. Alternativ bzw. zusätzlich lässt sich auch vereinbaren, dass der Käufer zu einem gewissen Zeitpunkt vor der Übertragung eine zweite Finanzierungszusage seiner Bank vorlegt.

Ausblick

Weitere (un-)sinnige Kaufvertragsklauseln gibt es u.a. auch zu Arbeitsverhältnissen, Kundendaten, Mietverträgen und zukünftigen Wettbewerbertätigkeiten des Verkäufers. Mehr dazu erfahren Sie im zweiten Teil.

Dr. Markus Rohner, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Partner der RST Beratungsgruppe, 45128 Essen, E-Mail: mrohner@rst-beratung.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2020; 45(24):10-10