"Da fehlt doch jemand!"

Wie Sie Vertretungspersonal finden


Michael Jeinsen

Egal ob ein Mitarbeiter kurzfristig ausfällt oder Sie selbst demnächst einen längeren Urlaub planen: Wer eine Vertretung für seine Angestellten oder sich selbst sucht, der findet auf dem Markt einige Angebote. Ein paar Knackpunkte sollten Sie aber unbedingt beachten.

Was tun, wenn sich die PTA in den Mutterschutz verabschiedet, die PKA eine Grippe hat oder Sie selbst mit einem gebrochenen Bein im Hospital liegen? Oft können Apotheken Ausfälle – vor allem, wenn sie länger dauern – nicht aus eigener Kraft stemmen und brauchen Vertretungen. Prinzipiell sind vier Fälle denkbar:

  • absehbare kurze Engpässe wie Urlaub oder geplante medizinische Eingriffe,
  • absehbare lange Ausfälle wie Mutterschutz oder die Überbrückung nach "Abgängen",
  • plötzliche kurze Engpässe durch Krankheit oder Unfall sowie
  • plötzliche lange Ausfälle aus gesundheitlichen oder sonstigen Gründen.

Wer eine Vertretung für weniger als eine Woche sucht, sollte sich zunächst im eigenen Umfeld umhören. Doch auch einige professionelle Anbieter können Kurzbedarfe abdecken.

Bekannte Kanäle anzapfen

In Verbünden und größeren Apotheken lassen sich die meisten Ausfälle intern kompensieren. Der große Vorteil: Alle Vertreter sind bestens eingearbeitet, weil sie ja zum eigenen Personal gehören. Dass dabei immer Überstunden, oft mit Vertretungszulage, entstehen, erklärt sich von selbst. Kleinere Apotheken hingegen müssen ziemlich bald nach einer externen Vertretung suchen.

Wenden kann man sich zunächst an die eigenen Standesorganisationen: Viele Landesapothekerkammern und -verbände/-vereine haben eigene Vertreterpools aufgebaut. Auch der Großhandel kann oft aushelfen.

Zwar nicht alle elf Minuten ...

Darüber hinaus existieren etliche Online-Plattformen für kommerzielle Apothekenvertretungen. Sie vermitteln üblicherweise selbstständig tätige Apotheker. Gewissermaßen funktionieren diese Plattformen so ähnlich wie Partnerschaftsbörsen. Ob allerdings jeder Apothekenchef so schnell eine Vertretung findet, wie sich ein Single laut dem bekannten Werbespot angeblich verliebt, sei mal dahingestellt.

Wer die Dienste dieser Plattformen nutzen möchte, muss sich zunächst registrieren – wofür einige Plattformen Geld verlangen. Eine Rechnung über alle Kosten flattert dann zumeist nach dem Ende der Vertretung ins Haus.

Da der Markt schwierig zu durchschauen ist und sich die Anbieter oft nicht gerne in die Karten blicken lassen, sollten Sie zunächst Referenzen von ihnen anfordern und/oder sich bei befreundeten Apothekern nach deren Erfahrungen erkundigen, vor allem

  • zur Vertragsgestaltung,
  • den tatsächlichen Kosten,
  • dem Abrechnungsprozedere und
  • dem vermittelten Personal (Fachkompetenz, Freundlichkeit, Verlässlichkeit, Flexibilität, Pünktlichkeit etc.).

Zudem sollten Sie immer darauf achten, wo die Vertretung lebt. Je näher der Wohnort an Ihrer Apotheke liegt, desto geringer sind die Fahrtkosten. Eventuell können sogar Unterbringungskosten gespart werden.

Einige gängige Beispiele für solche Plattformen (wer sucht, findet natürlich noch mehr): Die Memminger Apocenna Consulting vermittelt Apotheker, inklusive Fachkräften aus dem Ausland. Wer die Plattform nur einen Monat lang in Anspruch nimmt, zahlt einen Einmalbetrag, wer häufiger einen zeitlich befristeten Ersatz sucht, kann eine Art Jahres-Abo buchen.

Das 2010 gegründete Düsseldorfer Unternehmen Flying Pharmacist sieht sich und seine Webseite explizit als Dienstleister für "zeitlich begrenzte Vertretungen während Urlauben, Engpässen und Notdiensten". Neben Apothekern werden PTA vermittelt.

Die Pharma Career GmbH mit Sitz in Frankfurt am Main betreibt ebenfalls eine Vertretervermittlungs-Plattform. Außer Apothekern können PTA und PKA angefragt werden.

Auf Zeit – oder zeitlos?

Über Zeitarbeitsfirmen lassen sich ebenfalls Vertretungen finden. Wer auf solch ein Angebot zurückgreift, muss weder Lohn- noch Lohnnebenkosten und auch keine Sozialversicherungsbeiträge bezahlen, sondern stattdessen die Rechnung des Personaldienstleisters. Die Vertretungen sind meist bei der Personalagentur angestellt. Um die Nebenkosten zu minimieren, ist es wieder empfehlenswert, sich zuerst im Umkreis umzuschauen.

Auch hierfür einige Beispiele: Die approtime Apothekenvertretungen GmbH aus Saarbrücken beschäftigt laut eigenen Aussagen 23 Mitarbeiter, die als Vertretungen fungieren. Neben approbierten Kräften hat das Unternehmen PTA auf der Gehaltsliste.

Einen ähnlichen Service bietet die acbira GmbH aus dem rheinland-pfälzischen Uelversheim an. Apotheker und PTA sind auch hier als Vertretungen wochenweise buchbar. Und wer von der Vertretungskraft so überzeugt ist, dass er sie fest einstellen will, hat Verhandlungsmöglichkeiten.

Über die Senior Pharmacists, die zur Hamburger Personallösungen FBI GmbH gehören, können neben Apothekern PTA, PKA, chemisch-technische bzw. biologisch-technische Assistenten, medizinische Fachangestellte und Apothekenboten für eine befristete Zeit übernommen werden. Laut eigenen Angaben arbeitet die Agentur mit 200 Apotheken zusammen – Tendenz steigend. Das "Senior" im Namen verweist übrigens darauf, dass die Vertretungsapotheker mehrjährige Berufserfahrung haben.

Die Belu Industrie Service GmbH aus Offenbach sieht sich selbst als Spezialist "für die Personalsuche im Apothekenbereich" mit mehr als 30 Jahren Erfahrung: Sie vermittelt neben approbierten Kräften PTA, PKA und Pharmazieingenieure. Im Rhein-Main-Gebiet betreut Belu etwa 230 Apotheken.

Das Apo-Team aus Berlin besitzt seit 2012 eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung. Apotheken in Berlin müssen für Vertretungen keine Fahrtkosten bezahlen, außerhalb der Hauptstadt werden 35 Cent pro Kilometer fällig. Bei langfristigen Einsätzen über drei Wochen werde eine Heimfahrt pro Monat in Rechnung gestellt, heißt es.

Frei wie ein Vogel

Darüber hinaus bieten zahlreiche Freelancer ihre Dienste an – teils auch über die genannten Online-Plattformen. Mit den gängigen Suchmaschinen lassen sie sich schnell finden. Viele von ihnen sind häufig ausgebucht – insbesondere diejenigen, die Zusatzleistungen anbieten und deshalb manchmal sogar ohne Vertretungsnot gebucht werden.

So coachen einige freischaffende Apotheker Apothekenteams während der Vertretung auch noch z.B. in Sachen Softwarenutzung, Datensicherheit, Qualitätsmanagement, Teambuilding oder auch mit ihrem Fachwissen in bestimmten Indikationen. Es gibt sogar ehemalige Pharmazieräte, die Apotheken während der Vertretung revisionsfähig machen.

Angesichts des vielfältigen Angebots verwundert es nicht, dass die finanziellen Konditionen unterschiedlich ausfallen. Die Stundensätze variieren u.a. abhängig von der Qualifikation, der Wochenarbeits- und der Jahreszeit. Eine Vertretung in den Sommerferien etwa ist in der Regel teurer als außerhalb der Urlaubssaison. Als Richtwert: Der Stundenlohn von selbstständigen Apothekern liegt ungefähr bei 45 € bis 50 €, Fahrt- und Unterbringungskosten kommen dazu.

Einige Tipps in Kürze

  • Sie suchen eine externe Vertretung, wissen aber nicht wo? Dann fragen Sie am besten zuerst in Ihrem Umfeld nach, wer Ihnen einen guten Tipp geben könnte, sei es bei Ihren Nachbarapotheken oder bei eventuellen Dienstleistern vor Ort.
  • Bevor Sie einen Vertrag unterschreiben, sollten Sie ihn genau durchlesen und den Anbieter immer auch dezidiert nach möglichen "versteckten" Kosten fragen.
  • Sie haben mit einer Vertretung zusammengearbeitet, die prima ins Team passt? Dann sollten Sie sich diese Person warmhalten und sie auch gleich schon für zukünftige planbare Vertretungen vorbuchen.
  • Klären Sie den Haftungsschutz für die Vertreter: Greift Ihre Betriebshaftpflicht, oder muss sich der Vertreter selbst versichern?
  • Worauf es bei Chefvertretungen darüber hinaus noch ankommt, erfahren Sie übrigens im Beitrag "Worau"Worf Sie bei Chefvertretungen rechtlich achten sollten".

Michael Jeinsen, Diplom-Politologe und -Pädagoge, zertifizierter Berater Heilwesen (IHK), IHK-Dozent für Maklerfortbildung, 12209 Berlin, E-Mail: berlin@die-apothekerhelfer.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2021; 46(01):12-12