Sinnige und unsinnige Klauseln in Apothekenkaufverträgen (Teil 2)

Wie der Vertrag zu Gold werden kann


Dr. Markus Rohner

Wer eine Apotheke kauft, sollte sich bestimmte Garantien vom Verkäufer geben lassen. Ebenso kommt es darauf an, bestehende Verträge (wie z.B. Arbeitsverträge) so zu übernehmen, dass sie auch weiterhin gültig sind. Erfahren Sie, was hierzu (nicht) in Apothekenkaufverträgen stehen sollte!

Nachdem wir uns im ersten Teil dieser kleinen Serie u.a. mit den zu übertragenden Vermögensgegenständen sowie mit Kaufpreisklauseln beschäftigt haben (vgl. AWA 24/2020), geht es nun um Garantien, Wettbewerbsverbote und Co.

Garantiert richtig

Garantien und Haftungen werden in Apothekenkaufverträgen oft sehr nachlässig und falsch geregelt. Denn schließt man nur die Gewährleistung aus, würden die entsprechenden gesetzlichen Regelungen greifen, und eine Rückabwicklung des Vertrags wäre möglich – was aber bei einem Unternehmen nicht opportun ist: Stellen Sie sich vor, eine gekaufte Apotheke wird wesentlich verändert und soll z.B. nach einem Jahr zurückgegeben werden!

Deshalb sollte jeder Vertrag eine eigene Garantiesystematik enthalten. Damit garantiert der Verkäufer beispielsweise, dass

  • er Eigentümer und Rechteinhaber ist,
  • er alle betrieblichen Steuern gezahlt hat, und dass
  • die Bilanzen nach den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Buchführung aufgestellt sind.

Ausgeschlossen werden muss immer eine Garantie für Umsatz und Ertrag der Apotheke. Im Einzelfall können auch Erklärungen zu umliegenden Ärzten oder Stadtentwicklungen (z.B. zum Neubau eines Einkaufszentrums) erforderlich sein.

Was bei Garantiekatalogen auf den ersten Blick wie ein Nachteil für den Verkäufer erscheint, schafft auf den zweiten Blick Klarheit und Transparenz für beide Seiten: Der Käufer kann die für ihn wichtigen Punkte regeln, und dem Verkäufer lässt sich nicht vorwerfen, etwas verschwiegen zu haben.

Ebenfalls zu regeln sind die Folgen von Garantieverletzungen. In der Regel sollte der Verkäufer zunächst innerhalb einer bestimmten Frist die Gelegenheit bekommen, den garantierten Zustand (wieder-)herzustellen. Gelingt das nicht, muss er Schadensersatz zahlen. Angezeigt ist es auch, eine kurze Verjährung von zwei Jahren zu vereinbaren.

Was übrigens gelegentlich vergessen wird: Wenn er die Firmierung (also den Apothekennamen) fortführt, haftet der Käufer – und zwar für die im Betrieb bis zum Stichtag entstandenen Verbindlichkeiten des Verkäufers. Allerdings lässt sich diese Haftung ausschließen und der Ausschluss im Handelsregister eintragen.

Im Außenverhältnis indes kann die Haftung des Käufers für betriebliche Steuerschulden des Verkäufers nicht ausgeschlossen werden. Insofern sollte sich der Käufer garantieren lassen, dass alle betrieblichen Steuern gezahlt sind. Sollten Zweifel bestehen, ist es ratsam, eine Bestätigung des Steuerberaters oder eine Negativbescheinigung des Finanzamtes einzufordern.

Konkurrenz vermeiden

Der Käufer hat "mit Zitronen gehandelt", wenn der Verkäufer nach dem Übergang nebenan eine neue Apotheke aufmachen könnte. Insofern muss ein Wettbewerbsverbot vereinbart werden.

Dreh- und Angelpunkt ist dabei zum einen die Dauer des Verbots. Bei zwei Jahren ist man hier auf der sicheren Seite. Werden hingegen fünf Jahre vereinbart, ist die Klausel in der Regel nichtig. Zum anderen muss der räumliche Geltungsbereich geregelt werden, und zwar abhängig vom Umfeld (Stadt oder Land) und von sonstigen örtlichen Gegebenheiten. Allgemeingültige Aussagen sind folglich nicht möglich.

Damit der Verkäufer nicht gegen das Verbot verstößt, ist eine angemessene Vertragsstrafe verbunden mit einem verbleibenden Unterlassungs- und Schadensersatzanspruch sinnvoll.

Vertragliches zu Verträgen

Bei zu übernehmenden Verträgen gelten je nach Vertragsart unterschiedliche Regelungen. Arbeitsverträge etwa gehen, sofern der Arbeitnehmer nicht widerspricht, nach §613a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) immer automatisch auf den Käufer über.

Aber Obacht: Häufig wird vergessen, unterjährige Stichtage zu berücksichtigen. Beispiel: Die Apotheke geht am 1. Juli eines Jahres über, und die Arbeitnehmer haben entweder Überstunden geleistet oder einen größeren bzw. geringeren Anteil des Jahresurlaubs genommen, als ihnen bis dahin zusteht. Dann muss das zwischen Verkäufer und Käufer ausgeglichen werden.

Die Arbeitsverträge selbst sind dem Kaufvertrag zwar nicht unbedingt beizufügen, sollten aber naturgemäß vorab geprüft werden. In der Regel genügt eine Anlage, aus der sich die wesentlichen Schlüsseldaten ergeben, wie z.B. die Betriebszugehörigkeit, das Gehalt sowie ein eventueller Sonderstatus (etwa eine Schwerbehinderung). Regelungen hingegen, in denen der Gesetzeswortlaut wiedergegeben wird, sind naturgemäß sehr komplex und überflüssig.

Bei laufenden Verträgen ist das prinzipiell anders. Der Vertrag z.B. mit dem Softwareanbieter kann nur mit dessen Zustimmung fortgeführt werden. Grundsätzlich sollte der Kaufvertrag als Anlage eine Liste mit allen zu übernehmenden Verträgen haben. Dann ist die Zustimmung der Vertragspartner einzuholen. Für den Fall, dass diese bis zum Stichtag nicht zugestimmt haben, muss der Kaufvertrag eine Klausel enthalten, die den Käufer ab dem Stichtag wirtschaftlich berechtigt und verpflichtet. Unterjährige Stichtage sind auch hier zu berücksichtigen.

Besonders wichtig: Der Mietvertrag. Ohne ihn wird die Betriebserlaubnis in der Regel nicht erteilt. Liegt eine entsprechende Vereinbarung mit dem Vermieter noch nicht vor, besteht dennoch häufig schon das Bedürfnis, den Kaufvertrag zu unterschreiben. Geschehen muss das dann aber unter der aufschiebenden Bedingung, dass tatsächlich ein Mietvertrag geschlossen wird. Diese und weitere Bedingungen sind idealerweise in einer gesonderten Klausel näher zu definieren.

Ein weiterer Knackpunkt: Der Datenschutz. So sollte der Verkäufer ausdrücklich zustimmen, dass das Rechenzentrum seine betrieblichen Daten übertragen darf. Besondere Vorgaben gelten auch, wenn Kundendaten übertragen werden sollen. Hier muss der Kunde in der Regel einwilligen.

Tipp: Häufig wird versucht, die Anforderungen der Datenschutz-Grundverordnung minutiös zu beschreiben. Zwar müssen diese selbstredend erfüllt werden. Im Vertrag dürfte aber zumeist eine Klausel ausreichen, mit der sich die Parteien verpflichten, alle Daten gesetzeskonform zu übertragen.

Nicht bedingungslos

Soweit sollte deutlich geworden sein, dass in der Regel zwei aufschiebende Bedingungen unerlässlich sind: Zum einen die Finanzierungszusage (vgl. Teil 1) und zum anderen der abgeschlossene Mietvertrag. Eine dritte Bedingung kommt immer dazu: Die Erteilung der Betriebserlaubnis für den Käufer. Aber was ist, wenn eine dieser Bedingungen nicht rechtzeitig erfüllt wird? Der Vertrag gilt ja weiterhin, und die Parteien sind an ihn gebunden. Insofern ist zu regeln, wann nach dem Stichtag man vom Vertrag zurücktreten darf (z.B. nach drei Monaten) – und wer es darf: Nur eine oder beide Parteien?

Auch sollte der Käufer zustimmen müssen, wenn sich zwischen Vertragsschluss und Stichtag wesentliche Änderungen ergeben bzw. neue Verträge geschlossen werden. Zudem empfiehlt es sich zu regeln, was passiert, falls der Verkäufer oder der Käufer zwischenzeitlich verstirbt.

Keine prinzipielle Blaupause

Neben den Regelungen existiert je nach Situation eine Reihe weiterer sinniger und unsinniger Vertragsklauseln. Besonderheiten können sich z.B. ergeben, wenn eine Filiale oder eine Apotheke aus der Insolvenz erworben wird. Aber auch besondere Versorgungsstrukturen oder Umsätze können Spezialregelungen erforderlich machen.

Grundsätzlich gilt: Gehen Sie geplante Apothekentransaktionen immer mit der gebotenen Sorgfalt an. Gerade in Fällen, in denen es nicht rund läuft, ist ein guter Vertrag Gold wert.

Dr. Markus Rohner, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Partner der RST Beratungsgruppe, 45128 Essen, E-Mail: mrohner@rst-beratung.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2021; 46(02):12-12