Editorial

Vertrauen verpflichtet


Dr. Michael Brysch

Liebe Leserinnen und Leser,

manch einer hat ambitionierte Träume und nimmt dafür gerne bewusste Geschichtsklitterung in Kauf. Ob das auch auf Markus Söder zutrifft, der Corona kürzlich mit der Pest verglich? Wusste er nicht, dass der schwarze Tod zwischen 1347 und 1353 schätzungsweise ein ganzes Drittel der europäischen Bevölkerung dahingerafft hat? Und dass die Pest-Sterblichkeit laut Weltgesundheitsorganisation heute – trotz Antibiosemöglichkeit – immer noch bei 8% bis 10% liegt? Der ehemalige "SZ"-Chefredakteur und Geschwister-Scholl-Preisträger Heribert Prantl jedenfalls forderte, dass man dem bayerischen Landesfürsten seine Worte wieder in den Mund zurückstopfe: "Die machen den Leuten noch mehr Angst, als sie ohnehin schon haben."

Natürlich soll Corona nicht verharmlost werden. Wie gefährlich das Virus ist, zeigt Reinhard Herzog ja immer wieder auf (vgl. z.B. AWA 2/2021). Nichtsdestotrotz gilt es insbesondere in diesen Zeiten wieder, Mythen aus dem Weg zu räumen – Verschwörungstheorien ebenso wie interessengetriebene Panikmache.

Den Apotheken kommt hier große gesellschaftliche Verantwortung zu. Denn laut einer Studie des Bundesverbands der Arzneimittelhersteller bringen ihnen 78% der Bundesbürger hohes Vertrauen entgegen – mehr noch als den Ärzten (71%). Dieses Vertrauen verpflichtet gerade jetzt dazu, die Patienten wissenschaftlich fundiert aufzuklären. Nicht nur, damit sie sich verantwortungsvoll verhalten. Sondern auch, damit ein offen-konstruktiver Dialog über die Verhältnismäßigkeit der Einschränkungen möglich wird, der alle ethisch-humanitären Aspekte berücksichtigt. Dass das gelingt, mag Wunschdenken sein – aber immerhin ist nicht jeder Traum rein eigennützig begründet.

Mit herzlichen Grüßen

Ihr

Dr. Michael Brysch

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2021; 46(03):2-2