Verzicht auf die 2 € Eigenanteil, Wertgutscheine on top und Co.

Was das Recht zu Werbeaktionen bei der Maskenabgabe sagt


Dr. Bettina Mecking

Manche Apotheken nutzen die aktuelle Ausgabe der FFP2-Masken, um sich mit Werbeaktionen zu profilieren. Sie erlassen den Kunden z.B. die Eigenbeteiligung oder spenden die 2 € für einen guten Zweck. Aber: Ist das eigentlich erlaubt?

Nach §6 Satz 1 Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung (SchutzmV) müssen anspruchsberechtigte Personen 2 € Eigenbeteiligung leisten, wenn sie sechs Schutzmasken nach §4 Abs. 2 Satz 1 derselben Verordnung erhalten. Diese Eigenbeteiligung verbleibt in der Apotheke und wird auf den Erstattungsbetrag von 36 € angerechnet.

Ab in den "Schnäppchenblog"?

Laut Begründung im Referentenentwurf soll die Eigenbeteiligung "zur verantwortungsvollen Inanspruchnahme der Berechtigung zum Bezug von Schutzmasken beitragen." Einige Apotheken haben sich über diesen eigentlichen Verordnungszweck hinaus kreative Marketingaktionen einfallen lassen. Dabei handelt es sich – wie so oft – um eine Gratwanderung zwischen kaufmännischen Entscheidungen und der heilberuflichen Profession, die sich mit den rechtlichen Leitplanken allein nicht dirigieren lässt – zumal sich die Frage nach der "Kollegialität" entsprechender Aktionen stellt.

Wie wir Ihnen im Folgenden zeigen werden, lassen sich viele dieser Marketingaktionen trotz entgegenstehenden Bauchgefühls gleichwohl nicht mit Erfolg unterbinden. Selbstverständlich ist es trotzdem möglich, die Aktionen gerichtlich überprüfen zu lassen – was jedoch das Risiko mit sich bringt, auf den hohen Kosten sitzen zu bleiben.

Auf die 2 € verzichten?

Rechtlich ist eine Vielzahl an Regelungen zu beachten, zunächst einmal die SchutzmV selbst: Nach dem Wortlaut von §6 Satz 1 könnte man annehmen, dass die Anspruchsberechtigten verpflichtet sind, die Eigenbeteiligung zu leisten. Inzwischen hat sich allerdings herumgesprochen, dass es sich dabei gar nicht um eine Zuzahlung im Sinne des Sozialgesetzbuchs (SGB) V handelt.

Hinzu kommt, dass die Leistungserbringer auch "echte" Zuzahlungen, wie etwa bei der Abgabe von Hilfsmitteln, nicht einziehen müssen – obwohl das Verhalten der Patienten ja durch die Zuzahlungspflicht gesteuert werden soll (Bundesgerichtshof, Urteil vom 01.12.2016, Aktenzeichen: I ZR 143/15).

In einer nicht rechtskräftigen Einzelfallentscheidung hat das Landgericht Düsseldorf jedoch den Verzicht von Apotheken auf die 2 € Eigenbeteiligung des Versicherten als Wettbewerbsverstoß eingestuft (Beschluss vom 15.01.2021, Aktenzeichen: 34 O 4/21). Mit der Regelung zur Eigenbeteiligung werde das Marktverhalten der Verbraucher und damit auch der Wettbewerber geregelt. §6 SchutzmV sei somit eine verpflichtende Vorgabe mit dem Ziel, die Versorgung besonders schutzbedürftiger Personen mit FFP2-Masken sicherzustellen. Deshalb hat das Landgericht einem Apothekenkooperationsunternehmen durch eine einstweilige Verfügung untersagt, damit zu werben, dass die mit ihr verbundenen Apotheken auf die Eigenbeteiligung von 2 € verzichten.

Goodies obendrauf?

Manche Apotheken verzichten nicht nur auf den Eigenanteil, sondern packen den Anspruchsberechtigten noch zusätzliche kostenlose Masken und/oder Einkaufsgutscheine obendrauf. Ist das erlaubt?

Grundsätzlich ist die Werbung mit Geschenken und geldwerten Zuwendungen nicht unlauter. Ein unlauteres Handeln ist lediglich dann anzunehmen, wenn die Werbung einer gesetzlichen Norm zuwiderläuft oder wenn besondere Umstände vorliegen. In den oben genannten Fallkonstellationen könnte sich eine Unzulässigkeit aber wohl nur aus §7 Heilmittelwerbegesetz (HWG) ergeben.

Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass das HWG überhaupt gilt – was davon abhängt, ob es sich bei den Masken um Medizinprodukte oder um persönliche Schutzausrüstung handelt. Entscheidend für die Zuordnung ist die Zweckbestimmung, die der Hersteller selbst formuliert. Je nachdem, welcher Kategorie er das jeweilige Produkt zuordnet, gelten unterschiedliche rechtliche Vorgaben. Überwiegend bieten die Hersteller FFP2-Masken an, die als persönliche Schutzausrüstung einzustufen sind und somit nicht in den Anwendungsbereich des HWG fallen.

Doch selbst wenn die Schutzmasken im Einzelfall als Medizinprodukte klassifiziert sind, dürfen Sie trotzdem Gratismasken mitgeben. Denn für Medizinprodukte gelten keine gesetzlichen Preisvorgaben. Insofern sind Mengen- bzw. Naturalrabatte nach §7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2b HWG zulässig, sofern es sich dabei um Waren gleicher Art handelt.

Vorsicht ist bei Wertgutscheinen geboten, die Sie mit den Masken ausgeben. Denn solche Gutscheine können irreführende Werbung sein. Und zwar, wenn Sie die Einschränkungen, die bei der Einlösung zu beachten sind, nicht klar kenntlich machen. Sprich: Sie müssen die Kunden darüber in Kenntnis setzen, dass die arzneimittelrechtliche Preisbindung gilt und sich der Gutschein bei den entsprechenden Arzneimitteln eben nicht einlösen lässt. Diese Einschränkung ist insbesondere für Privatversicherte relevant, die die Arzneimittel zunächst selbst bezahlen müssen.

Und das Berufsrecht?

Berufsrechtlich gibt es keinen Grundsatz, nach dem Geschenke und geldwerte Zuwendungen per se nicht erlaubt sind. Verboten ist aber übertriebene Werbung. Hierbei jedoch handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der im Einzelfall mit Leben zu füllen ist.

Für das preisfreie Warensortiment und außerhalb des HWG-Geltungsbereichs gibt es nur wenige beschränkende berufsrechtliche Vorgaben. Nicht gegen das Berufsrecht verstößt beispielsweise, wer für jeden Maskenbezug einen bestimmten Spendenbetrag an einen örtlichen Sportverein oder eine karitative Einrichtung überweist.

Unzulässige Kooperation?

Rechtliche Fragen stellen sich aber nicht nur im Hinblick auf eventuelle Marketingaktionen. Vorsicht ist nämlich auch geboten, wenn Dritte bei der Maskenausgabe mit im Spiel sind.

In der Praxis kann das folgendermaßen aussehen: Die Dritten werben damit, die Masken zuzahlungsfrei an die Versicherten nach Hause zu liefern. Dafür müssen die Versicherten ihnen das Anschreiben der Krankenkasse sowie die beiden Berechtigungsscheine zukommen lassen und überdies einwilligen, dass ihre Daten an eine Apotheke übermittelt werden – an welche, ist zumeist nicht ersichtlich. Anschließend leiten die Dritten die Schriftstücke an eine Apotheke aus ihrem Kooperationsnetzwerk weiter. Und diese Apotheke beliefert die Versicherten am Ende mit den Masken.

Mit derartigen Vermittlungsaktionen verstoßen alle Beteiligten gegen §11 Abs. 1 Apothekengesetz (ApoG). Nach dieser Vorschrift dürfen Apotheken mit Dritten keine Rechtsgeschäfte oder Absprachen treffen, die dazu dienen, ihnen Patienten zuzuführen. Dabei ist es egal, ob bzw. in welchem Umfang die Dritten an dem Service mitverdienen.

Ebenfalls rechtlich kritisch: Einige findige Privatleute kaufen den Anspruchsberechtigten ihre Scheine sehr günstig ab und bieten sie anschließend Apotheken preiswert zur weiteren Verwendung (insbesondere zur Abrechnung) an, ohne dass überhaupt ein Kontakt zwischen Apotheke und Versichertem stattfindet. Auch von solchen Angeboten sollten Sie besser die Finger lassen.

Service

Empfehlenswert ist ein Blick in den ABDA-Leitfaden "Beschaffung und Abgabe von Schutzmasken", den Sie nach Login auf der ABDA-Homepage finden. Dort gibt es auch Links zu mehreren voneinander unabhängigen Produktmelde-Datenbanken mit Informationen über die Maskenqualität, nämlich

  • zur Datenbank "Gefährliche Produkte in Deutschland" der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA),
  • zur Datenbank "Rapex" der Europäischen Kommission sowie
  • zu einer Übersicht der European Safety Federation zu gefälschten Zertifikaten.

Dr. Bettina Mecking, M.M., Fachanwältin für Medizinrecht, Justiziarin der Apothekerkammer Nordrhein, 40213 Düsseldorf, E-Mail: b.mecking@aknr.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2021; 46(03):14-14