Kaufpreisaufteilung für bebaute Grundstücke

Arbeitshilfe der Finanzverwaltung ist "rechtswidrig"


Helmut Lehr

Ein Gesamtkaufpreis ist für steuerliche Zwecke immer anteilig dem Grund und Boden sowie dem Gebäude zuzuordnen. Über die Art und Weise der Kaufpreisaufteilung wird häufig gestritten. Jetzt hat die Finanzverwaltung einen Dämpfer von höchster Stelle erhalten.

Wenn Sie ein bebautes Grundstück erwerben und damit Einkünfte erzielen möchten, können Sie das Objekt steuerwirksam abschreiben. Aus steuerlicher Sicht handelt sich hierbei allerdings um zwei einzelne Wirtschaftsgüter:

  • einen Grundstücksteil ("Grund und Boden") und
  • einen Gebäudeteil.

Weil zunächst nur der Kaufpreisanteil für das Gebäude steuerwirksam berücksichtigt wird, vermuten die Finanzämter natürlich häufig, dass der Erwerber den Grund- und Bodenwert "bewusst" zu niedrig berechnet hat. Auseinandersetzungen sind also oftmals vorprogrammiert.

Hinweis: Eine geänderte Kaufpreisaufteilung zulasten des Gebäudewerts führt zu weniger Abschreibungsvolumen und damit zu höheren Steuerzahlungen während der Nutzung des Objekts.

Aufteilung im Notarvertrag maßgebend

Um solchen Auseinandersetzungen aus dem Weg zu gehen, ist jedem Erwerber dringend anzuraten, den Gesamtkaufpreis bereits im notariellen Kaufvertrag in "Grund und Boden" sowie "Gebäude" aufzuteilen – was eine starke Indizwirkung hat und nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) der Besteuerung im Allgemeinen zugrunde zu legen ist (vgl. AWA 3/2016).

Allerdings macht natürlich auch die Rechtsprechung einen Vorbehalt: Ist die Aufteilung offenbar nur zum Schein getroffen bzw. verfehlt sie die tatsächlichen Wertverhältnisse ganz grundsätzlich, darf die Finanzverwaltung von den Vorgaben im Kaufvertrag abweichen. Dazu muss jedoch klar sein, dass die von den Vertragsparteien vereinbarte Kaufpreisaufteilung wirtschaftlich nicht haltbar ist.

Fiskalisches Excel-Tool nicht zielführend

Um zu prüfen, ob die Vertragsparteien "regelkonform" gehandelt haben, verwenden die Finanzämter bereits seit April 2014 zumindest teilweise ein vom Bundesfinanzministerium (BMF) bereitgestelltes "unverbindliches" Excel-Tool. Diese Arbeitshilfe stand allerdings schon vom ersten Tag an in der Kritik, weil sie offenbar weder marktkonforme noch überzeugend nachvollziehbare Aufteilungsergebnisse liefert – zumindest nicht flächendeckend. Der BFH hat deshalb aktuell klargestellt, dass die Finanzämter eine offensichtlich unzutreffende Kaufpreisaufteilung nicht durch eine Berechnung mit dieser Arbeitshilfe ersetzen dürfen (Urteil vom 21.07.2020, Aktenzeichen: IX R 26/19).

Im Streitfall betrug der Kaufpreis für eine Eigentumswohnung 110.000 €, wovon laut Kaufvertrag 20.000 € (ca. 18%) auf den "Grund und Boden" entfallen sollten – nach "bestem Wissen" der Beteiligten. Das Finanzamt ermittelte davon abweichend mit dem BMF-Excel-Tool einen Gebäudewert von letztlich nur rund 35.000 € (inklusive Tiefgaragenstellplatz).

Zwar hielt auch der BFH die vertraglich vorgenommene Aufteilung für nicht sachgerecht, da der Bodenrichtwert bei rund 78.000 € lag. Allerdings sei die notwendige Aufteilung eines Gesamtkaufpreises nach den realen Verkehrswerten von "Grund und Boden" sowie "Gebäude" durch die BMF-Arbeitshilfe nicht gewährleistet. Konkret sieht der BFH folgende Schwachstellen:

  • Das Programm beschränke die Auswahl der grundsätzlich zur Verfügung stehenden Bewertungsverfahren auf das (vereinfachte) Sachwertverfahren.
  • Insbesondere für großstädtische Ballungsräume würden relevante Orts- und Regionalisierungsfaktoren bei der Ermittlung des Gebäudewerts außen vor bleiben. Hierin liege sogar ein systematischer Fehler, der zu deutlich überhöhten "Bodenwerten" führen könne.

Bedeutung für betroffene Steuerzahler

Dem BFH zufolge sind immer die Gesamtumstände des Einzelfalls zu würdigen. Will das Finanzamt der vertraglichen Kaufpreisaufteilung wegen offensichtlich unzutreffender Werte nicht folgen, muss es genau begründen, welches Bewertungsverfahren aus welchem Grund sachgerecht erscheint. In Betracht kommen

  • das Vergleichswertverfahren,
  • das Ertragswertverfahren,
  • das Sachwertverfahren oder
  • Kombinationen dieser Verfahren.

In Streitfällen ist das Finanzgericht in der Regel gehalten, das Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen einzuholen. Außerhalb eines Klageverfahrens besteht nun aber aufgrund der aktuellen Rechtsprechung zumindest die Chance, dass die Finanzämter in Einzelfällen auch ohne Gutachten ihren selbsterrechneten Wert zugunsten des Steuerpflichtigen korrigieren. Geeignete Argumente sind dafür natürlich vorzubringen.

Hinweis: Beachten Sie, dass Sie auch in "Altfällen" von der neuen Rechtsprechung profitieren können. Wegen des Prinzips der Abschnittsbesteuerung sind Sie nämlich an eine bereits in früheren Jahren getroffene Kaufpreisaufteilung der Finanzverwaltung nicht gebunden: Sie können in jedem noch "offenen Veranlagungsjahr" geltend machen, dass der Gebäudewert und damit auch die Abschreibung höher sein müssten. Das kann sich jetzt insbesondere dann lohnen, wenn Sie die Berechnung mit der BMF-Arbeitshilfe in früheren Jahren "kampflos" hingenommen haben.

Helmut Lehr, Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater, 55437 Appenheim

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2021; 46(07):16-16