Editorial

Mit Beigeschmack gebraut


Dr. Michael Brysch

Liebe Leserinnen und Leser,

was braut sich denn da am Versender-/Plattform-Horizont zusammen? Erst kürzlich ist Amazon mit "Amazon Pharmacy" weiter in den US-amerikanischen Apothekenmarkt eingestiegen (vgl. AWA 23/2020). Und jetzt berichtet das "Handelsblatt", der Versandriese werde seinen Gesundheitsdienst "Amazon Care" – eine Mischung aus telemedizinischer und "analogärztlicher" Betreuung – ab Sommer 2021 nicht nur sämtlichen Mitarbeitern, sondern auch anderen Konzernen (dann gegen eine Gebühr) in den USA anbieten.

Zwar spielen räumliche Distanzen im Zeitalter des Internets kaum mehr eine Rolle. Trotzdem scheinen der US-Markt zunächst einmal ziemlich weit entfernt und die hiesigen Versender mit ihren Plattform-Ambitionen die akutere Gefahr. Nun jedoch plant Amazon laut Medienberichten im deutsch-niederländischen Gewerbegebiet Avantis ein neues Verteilzentrum, und zwar – richtig! – gleich neben dem riesigen Lager von DocMorris.

Ein Schelm, wer dabei Böses denkt? Schließlich hat Zur-Rose-Chef Walter Oberhänsli doch erst im vergangenen September erklärt, dass man gut gerüstet sei, wenn Amazon weiter in den Arzneimittelmarkt einsteigen wolle – sodass man meinen könnte, er sehe den US-Konzern als Feindbild an. Allerdings: Oberhänsli hat dabei nicht ausgeschlossen, dass sich Amazon durchaus irgendwann die Zur-Rose-Gruppe einverleiben könnte – über ein entsprechendes Angebot müssten im Fall der Fälle halt die Aktionäre entscheiden.

Was auch immer sich also zusammenbrauen mag, halten wir es mit Kemal Atatürk (1881–1938): "Der Wanderer muss nicht nur den Weg, sondern auch den Horizont dahinter sehen."

Es grüßt Sie herzlichst

Ihr

Dr. Michael Brysch

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2021; 46(07):2-2