Noch nicht Umgesetztes umsetzen (Teil 1)

Was stark von Corona getroffene Apotheken jetzt tun können


Joachim Ullrich

Corona hat Ihnen allen einiges in Sachen Hygiene, Masken und Co. abverlangt. Daher sind manches Mal betriebswirtschaftliche Notwendigkeiten aus dem Blick geraten. Was können Apotheken tun, die durch die Krise starke Umsatzeinbußen hatten? Eine Erinnerung mitsamt Aktualisierung.

Seit einem Jahr leben wir nun mit Corona, und das Virus hat alle Bereiche unseres Lebens stark verändert, nicht zuletzt die Apotheken.

Verlierer und Gewinner

Die Kunden etwa kommen seltener in die Offizinen und verweilen hier pro Besuch kürzer als vor Corona. Sie kaufen außerdem weniger Over-the-Counter (OTC)-Artikel vor Ort. Denn entweder benötigen sie diese nicht, weil infolge der Schutzmaßnahmen auch deutlich weniger Erkältungskrankheiten auftreten. Oder sie decken ihren Bedarf im Internet – was ja bequem und ohne persönlichen Kontakt zu anderen Menschen möglich ist. Dass die Versandapotheken zu den Gewinnern der coronabedingten Veränderungen zählen, wissen wir alle.

Bekanntlich gehören aber auch stationäre Apotheken zu diesen Gewinnern – in der Regel solche, die sich in Stadtteillagen oder in Nahversorgungszentren befinden. Zu den Verlierern hingegen zählen Offizinen in den (vormaligen) Hochfrequenzlagen, also den Innenstädten, Einkaufszentren, Bahnhöfen, Flughäfen und Co.

Egal ob Sie zu den "Gewinnern" oder den "Verlierern" gehören: Sie alle haben sich bereits ausführlich mit den neuen Gegebenheiten beschäftigt. Die Praxis zeigt allerdings, dass einige Lösungsansätze bislang manchmal noch nicht umgesetzt worden sind.

Daher wollen wir Ihnen in diesem ersten Teil unserer kleinen Serie nochmals und upgedatet vorstellen, was Apotheken tun können, die mit einem deutlichen Kunden- oder Umsatzminus zu kämpfen haben. Im zweiten Teil wenden wir uns dann den "Gewinnern" zu.

Sparen im Fokus

Wenn Sie wirtschaftlich von der Krise betroffen sind, gilt es in erster Linie, alle Kosten auf den Prüfstand zu stellen und zu analysieren, was sich anpassen oder einsparen lässt.

Hierzu zählt zunächst die Miete. Auch wenn Gespräche mit den Vermietern über mögliche Mietminderungen leider eher selten von Erfolg gekrönt sind: Einen Versuch gilt es trotzdem immer zu unternehmen.

In diesen Gesprächen sollte Offenheit Ihre stärkste Waffe sein: Zeigen Sie Ihre Umsatz- und Ertragsrückgänge auf, und versuchen Sie, gemeinsam mit dem Vermieter eine temporäre Lösung zu vereinbaren. Jede Mietreduktion oder -stundung schont Ihre Liquidität, jeder Mietverzicht verbessert Ihr Ergebnis bzw. vermindert Ihren Verlust. Sprechen Sie auch das Thema Vorauszahlungen der Nebenkosten an – und verhandeln Sie es entsprechend.

Als in der Regel größter Kostenblock verdienen die Personalkosten besondere Betrachtung. Kosten einzusparen bedeutet hier allerdings nicht zwangsläufig, Personal zu entlassen. Denn wenn die (neue) Normalität wieder eingekehrt ist, werden wir hoffentlich auch unser gutes Personal wieder benötigen. Möglichkeiten, um Kosten zu sparen, ohne Mitarbeiter entlassen zu müssen, sind:

  • der Abbau von Urlaub und Überstunden,
  • befristete Stundenreduzierungen und
  • Kurzarbeit.

So noch nicht geschehen, sollten Sie Ihren Steuerberater mit ins Boot holen, um die Einsparungen richtig zu quantifizieren und die Auswirkungen korrekt zu berechnen. Auch wenn es darum geht, Zuschüsse zu beantragen, sollten Sie auf Ihren Steuerberater zurückgreifen.

Wichtiger denn je ist es im Augenblick, dass Ihnen die aktuellen betriebswirtschaftlichen Auswertungen (BWA) zeitnah vorliegen. Denn nur so lässt sich Ihre momentane unternehmerische Situation richtig einschätzen. Erst auf dieser Basis können Sie schließlich Maßnahmen in der richtigen Größenordnung treffen.

Investitionen sollten Sie, sofern nicht unbedingt notwendig, aufschieben. So bleiben Sie liquide und können die Neuverschuldung niedrig halten.

Analysieren Sie auch alle anderen Kosten. Nicht zu empfehlen ist es jedoch, jegliche Werbung oder alle Zusatz- bzw. Dienstleistungen (inklusive Bonussystemen) einzustellen. Denn die Kunden vergessen nicht, was man ihnen weggenommen hat!

Erfolgreich für die Kostendämpfung hat sich die Veränderung von Öffnungszeiten erwiesen. Entscheiden Sie hier standortspezifisch sowie nach der Kundenfrequenz – und überprüfen Sie Ihre Öffnungszeiten vor allem regelmäßig.

Den Versendern Paroli bieten

Auf keinen Fall verzichten sollten Sie in diesen Zeiten darauf, einen Bestellservice bzw. Botendienst anzubieten. Denn beides sind die Mittel der Wahl für Vor-Ort-Apotheken, um dem reinen Versandhandel etwas entgegenzusetzen.

Schöpfen Sie beim Bestellservice alle Optionen aus, und strukturieren Sie ihn so professionell wie möglich – und zwar unabhängig davon, ob die Kunden telefonisch, per App oder auch über soziale Medien (WhatsApp, Facebook etc.) bei Ihnen bestellen (zu den datenschutzrechtlichen Bedenken vgl. z.B. AWA 18/2018).

Wichtig dabei: Die Kunden müssen eine zeitnahe, verbindliche und freundliche Antwort über die Verfügbarkeit und den Liefertermin erhalten.

Mit dem Botendienst runden Sie den Bestellprozess ab: Wie bei den Versendern auch, bekommen die Kunden ihre Arzneimittel bequem nach Hause geliefert, müssen sich keiner zusätzlichen Infektionsgefahr aussetzen und können z.B. auch per Rechnung bezahlen. Aber Ihr großer Vorteil als Vor-Ort-Apotheke ist: Sie bieten nicht nur die persönlichere Beratung, sondern sind auch einfach schneller!

Tipp: Selbst wenn Sie denken, dass der Botendienst eine selbstverständliche Dienstleistung ist, wissen das viele Kunden immer noch nicht! Nutzen Sie also jede Möglichkeit, um auf Ihren Botendienst aufmerksam zu machen!

Den Verfall im Blick behalten

Ein weiteres pandemiebedingtes Problem, das jetzt schon massiv auftritt, sind die ablaufenden Verfalldaten der Sicht- und Freiwahlartikel. Denn diese Waren sind im vergangenen Jahr wesentlich seltener abverkauft worden als in den Jahren zuvor. Insbesondere gilt das auch für Kosmetika.

Hier drohen durch den Verfall oder die Unverkäuflichkeit der Ware Verluste, deren Höhe sich nur sehr schwer einschätzen lässt. Im Augenblick erfordert es somit noch mehr Sorgfalt als in normalen Zeiten, das Warenlager zu pflegen und dessen richtige Breite wie auch Tiefe zu finden.

Wichtig: Trotzdem sollten Sie natürlich darauf achten, dass Ihre Lieferfähigkeit weitestgehend erhalten bleibt. Andernfalls sinkt die Kundenzufriedenheit – oder Sie treiben zumindest die Kosten für den Botendienst zusätzlich in die Höhe.

Die Kommunikation nicht unterschätzen

Was leider häufig falsch gemacht wird, in diesen Zeiten aber sehr wichtig ist: Die Kommunikation zur Situation der Apotheke – und zwar sowohl den Kunden als auch den Mitarbeitern gegenüber. Beide Personengruppen benötigen nämlich die Sicherheit, dass die Apotheke fortbestehen wird. Ansonsten kann sehr schnell ein Abwanderungsprozess einsetzen.

Verbreiten Sie deswegen positive Meldungen. Ganz konkret: Dass es trotz der derzeit prekären Situation weitergehen wird! Richten Sie den Fokus auf die Zukunft, und betonen Sie, dass Sie weiterhin auf die eigene Stärke und Leistungsfähigkeit vertrauen. Und heben Sie zur Motivation ganz klar hervor, dass Sie ohne Ihr Team nicht so stark und leistungsfähig wären – zumal Ihre Mitarbeiter eine hohe Kundenbindung sicherstellen.

Joachim Ullrich, Apothekenberatung und -entwicklung, 61381 Friedrichsdorf, E-Mail: info@apothekenberatung-ullrich.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2021; 46(07):10-10