Verbilligte Vermietung

Mietspiegel ist nicht das Maß aller Dinge


Helmut Lehr

Wer eine Wohnung verbilligt vermietet, muss neuerdings nur noch mindestens 50% der ortsüblichen Miete berechnen, um die Steuervorteile voll nutzen zu können. Wie sich die ortsübliche Miete ermittelt, ist allerdings oftmals umstritten.

Verbilligte Vermietungen sind insbesondere unter nahen Angehörigen beliebt, weil sich auf diese Weise Steuern sparen lassen. Faktisch werden durch verbilligte Mieten häufig Unterhaltszahlungen (oder gar Schenkungen) ersetzt.

Seit 2012 mussten Sie als Vermieter darauf achten, mindestens 66% der ortsüblichen Miete zu verlangen, damit die Finanzverwaltung das Mietverhältnis anerkannt bzw. den Werbungskostenabzug in voller Höhe berücksichtigt hat. Mit dem Jahressteuergesetz 2020 wurde die Grenze von 66% auf 50% gesenkt (vgl. AWA 4/2021).

Hinweis: Liegt die tatsächliche Miete allerdings "dazwischen", prüft das Finanzamt anhand einer Totalüberschussprognose, ob dauerhaft bzw. unterm Strich positive Einkünfte erzielt werden (können).

Welcher Vergleichsmaßstab gilt?

Das Steuersparmodell "verbilligte Miete" ist natürlich umso effektiver, je weiter sich die tatsächlich verlangte Miete von oben der 50%-Grenze (oder gegebenenfalls der 66%-Grenze) nähert. Wird die Grenze unterschritten, geht der Steuervorteil größtenteils verloren. Für die Beteiligten ist es daher von besonderem Interesse, die Vergleichsmiete als Maßstab für die verbilligte Miete möglichst genau zu kennen.

Die Finanzverwaltung orientiert sich in der Regel am örtlichen Mietspiegel. Daneben kann auch

  • ein Sachverständigengutachten die ortsübliche Miete belegen oder
  • auf die Miete einer vergleichbaren, im selben Haus liegenden Wohnung zurückgegriffen werden.

Beispiel

Apotheker Armstadt besitzt ein frisch renoviertes Objekt mit vier möblierten Appartements. Er vermietet ein Appartement (Größe: 19 m2; Miete: 200 € warm) an seine Tochter und ein weiteres (Größe: 20 m2; Miete: 175 € warm) an seinen Sohn. Der Sohn zahlt etwas weniger, weil er noch Hausmeisterdienste im Objekt verrichtet. Die beiden anderen Appartements (Größe: jeweils 26 m2) vermietet Armstadt jeweils für eine monatliche Warmmiete von 520 € an Fremde. Den gleichen "Preis" verlangt seine Tochter, die "ihre" Wohnung ebenfalls an einen Dritten (unter-)vermietet.

In einem vergleichbaren Fall musste das Finanzgericht (FG) Köln entscheiden, ob als Vergleichsmaßstab für die verbilligte Miete die Miete laut Mietspiegel (hier: für Objekte bis Baujahr 1960) heranzuziehen ist – oder die Miete, die für die fremdvermieteten Appartements verlangt wurde. Das Gericht gab dem Finanzamt Recht und ließ den Mietspiegel außen vor (Urteil vom 28.05.2021, Aktenzeichen: 13 K 196/18).

Hinweis: Aufgrund der vergleichsweise hohen Mieten für die fremdvermieteten Appartements wurde die im Streitjahr geltende 66%-Grenze unterschritten. Die Werbungskosten hat man deshalb nur anteilig berücksichtigt.

Das sollten Sie beachten

Zunächst müssen Sie wissen, dass die ortsübliche Marktmiete grundsätzlich geschätzt wird. Als Maßstab für eine sachgerechte Schätzung kann insbesondere der Mietspiegel herangezogen werden. Zumindest nach Ansicht des FG Köln ist dieser allerdings nicht zwingend vorrangig zu verwenden – insbesondere dann nicht, wenn im gleichen Objekt andere gleichartige Wohnungen auch fremdvermietet werden.

Im Beispiel hat es sich für das Finanzamt natürlich geradezu aufgedrängt, die ortsübliche Miete anhand der tatsächlich vereinbarten Fremdmieten zu berechnen. Generell ist auf die ortsübliche Kaltmiete abzustellen – zuzüglich der nach der Betriebskostenverordnung umlagefähigen Kosten.

Hinweis: Werden möblierte oder teilmöblierte Wohnungen vermietet, ist grundsätzlich ein (ortsüblicher) Möblierungszuschlag zu berücksichtigen (vgl. hierzu AWA 16/2018).

Übrigens: Dass die Tochter im Beispiel ihre verbilligt angemietete Wohnung zum Marktpreis untervermietet hat, ist aus Sicht des Finanzamts natürlich besonders prüfungswürdig. Hier ließe sich unter Umständen eine missbräuchliche Gestaltung vermuten – selbst wenn die 50%- bzw. 66%-Grenze eingehalten würde.

Spanne im Mietspiegel

Bislang bestehen seitens der Finanzverwaltung regelmäßig keine Bedenken, wenn sich Steuerpflichtige bei der Bemessung der "verbilligten Miete" am unteren Ende der Mietpreisspanne im Mietspiegel orientieren. Das FG Berlin-Brandenburg sieht die Sache allerdings offenbar etwas kritischer (Urteil vom 13.08.2020, Aktenzeichen: 10 K 10303/19).

Sofern sich im Mietspiegel selbst eine Anleitung zur Spanneneinordnung finde (wie im für den Fall maßgebenden Mietspiegel Berlins), lasse sich die Schätzung darüber präzisieren, so das Gericht. Dann sei die Spanneneinordnung auch vorzunehmen – mit der Folge, dass sich der Vermieter nicht einfach am unteren Ende der Mietpreisspanne orientieren dürfe. Hierdurch wird sich wohl häufig ein Wert (mindestens) in der Mitte der Spanne ergeben.

Unterm Strich bleibt festzuhalten, dass die Bestimmung der ortsüblichen Miete einem Minenfeld gleicht. Im Zweifel sollten Sie sich hier auch frühzeitig mit Ihrem steuerlichen Berater abstimmen.

Hinweis: Am besten versehen Sie die "errechnete" verbilligte Miete möglichst noch mit einem "Puffer". So können Sie vermeiden, dass die Finanzverwaltung Jahre später eine genauere Berechnung vorlegt, nach der die Grenzen geringfügig unterschritten sind.

Helmut Lehr, Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater, 55437 Appenheim

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2021; 46(08):16-16