Kleines ABC für Testwillige

Wie Sie erfolgreich ein Testzentrum aufziehen


Linda Wnendt

Die Pandemie gibt Apotheken die Möglichkeit, sich den Kunden auch in Krisenzeiten als starker Partner zu präsentieren. In besonderem Maße gelingt das derzeit allen, die Corona-Schnelltests durchführen. Was müssen Sie dabei beachten – von A bis Z?

Fehlende Räumlichkeiten, Personalmangel und Bedenken, weil man nicht geimpft war, haben viele Apotheken davon abgehalten, ihren Kunden die mittlerweile von der Bundesregierung finanzierten, kostenlosen Coronatestungen anzubieten. In der Praxis zeigt sich aber immer häufiger, dass sich die meisten Bedenken in Luft auflösen, wenn man das Projekt "Testzentrum" einfach angeht.

Indem wir testen, werden wir nicht nur unserer Berufung gerecht, sondern können auch ein Stück weit zu den Lockerungen beitragen. Doch wie gelingt es, ein Testzentrum aufzuziehen? Hangeln wir uns anhand eigener Praxiserfahrungen am ABC entlang.

Von Ausbildung bis Familie

Zunächst ist eine umfassende Ausbildung der Testenden erforderlich – was aber bequem online stattfinden kann. Wer sich entsprechend qualifiziert hat, darf weiteres Personal schulen. In den meisten Online-Schulungen gibt es alle Hygienepläne, Qualitätsmanagement-Dokumente, Ergebnisblätter und Materiallisten zum Download, sodass sie nur noch mit dem Apothekennamen versehen werden müssen.

Grundsätzlich lohnt es sich, die Stadt, den Bürgermeister und/oder die Oberbürgermeisterin mit einzubinden. Hier erhalten Sie u.a. Hilfe, wenn Sie Räume für das Testzentrum benötigen – wofür Sie übrigens auch finanzielle Unterstützung bekommen können.

Lassen Sie sich die Chance nicht entgehen, ein Testzentrum in unmittelbarer Apothekennähe aufzubauen – gerade weil Sie Ihren Kunden damit einen unfassbaren Mehrwert gegenüber dem Versandhandel bieten. Ob mit einem Zelt bzw. einer ausrangierten Weihnachtsmarkthütte vor der Türe oder durch das Fenster des Beratungs- bzw. Aufenthaltsraums – hier ist Fantasie erlaubt (vgl. zu den rechtlichen Vorgaben AWA 7/2021). Nur auf die Temperatur im "Labor"-Bereich sollten Sie achten, da die Testkassetten keine Kälte mögen.

Natürlich benötigt man Durchhaltevermögen und Energie. Der Gedanke, dass man selbst – anders als so viele Menschen in dieser Pandemie – Arbeit hat und arbeiten darf, ermutigt ungemein. Auch ein Blick auf das fortschreitende Apothekensterben hilft zu erkennen, was zu tun ist.

Da das Ganze Zeit kostet, verlangen Sie Ihrer Familie so manches ab. Mein Tipp: Lassen Sie sich von Ihren Lieben helfen, angefangen beim Auspacken der Materialien bis hin zum geschulten Auftropfen der Testlösung – und verbringen Sie Ihre Zeit so bei einer sinnvollen Tätigkeit gemeinsam.

Von Grundausstattung bis Neuigkeiten-Verbreitung

Die Grundausstattung für das Testzentrum zu beschaffen, ist eine der größeren Herausforderungen. Zusätzlich zur persönlichen Schutzausrüstung (wie Kittel, Visier, Schutzbrille, Maske, Handschuhe und Desinfektionsmaterialien) müssen auch die Antigentests selbst stets zur Verfügung stehen – in ausreichender Menge und in vorgegebener Qualität. Zur Beschaffung sind, neben der eigenen Recherche im Internet, vor allem Erfahrungsaustausch (ERFA)-Gruppen Gold wert – zumal wir so (endlich) alle lernen, als Teamplayer zu fungieren und unsere Kräfte zu bündeln.

Über unsere Internetpräsenz sowohl in den sozialen Medien als auch auf unserer Homepage machen wir auf unser noch Junges Schnelltestangebot aufmerksam. Unsere Kunden können sich so nicht nur über unser Konzept und den Testablauf informieren, sondern über ein Onlinetool (s.u.) auch direkt ihren Wunschtermin reservieren.

Ein neues Projekt bedeutet immer: "Learning by Doing". Das gilt auch für den Aufbau eines Testzentrums. Dabei ist es wichtig, nicht nur die Kunden, sondern auch das Team stets auf dem Laufenden zu halten – nicht zuletzt zur Motivationssteigerung. Ich bin dankbar für meine motivierten Mitarbeiterinnen, die enthusiastisch neue (Test-)Aufgaben annehmen, gerne etwas für das Allgemeinwohl leisten und sich von der Apothekenleitung mitreißen lassen.

Gerade in diesen Zeiten ist es sinnvoll, wenn jemand im Team zuverlässig die Neuigkeiten liest und an alle anderen weitergibt. Wir nutzen dazu ein internes, digitales Kommunikationstool.

Von Onlinetool bis Test-ID

Ohne ganztägig Termine anzubieten, schaffen wir es durch eine gute Organisation, innerhalb einer Stunde bis zu 50 Personen zu testen. Einen klaren Vorteil für die Terminvergabe bietet ein Onlinetool: Es entlastet nicht nur das Handverkaufs- und Backoffice-Personal am Telefon, sondern verhindert auch eine Pulkbildung vor der Apotheke.

Apropos Personal: Eine ausreichende Mitarbeiterzahl scheint neben den Räumlichkeiten oft die größte Hürde zu sein, um ein Testzentrum aufzuziehen: Wenn das eigene Team nicht mitzieht oder zu klein ist, lohnt sich ein Aufruf bei Facebook. Es gibt viele Freiwillige, die sich über einen Zusatzverdienst freuen und sich gerne schulen lassen.

Bevor wir uns dem Testen selbst zuwenden, zäumen wir das Pferd von hinten auf – ein paar Worte also zu den Testergebnissen: Unsere Kunden können diese nach circa 15 Minuten mittels einer desinfizier- und wiederverwendbaren Test-ID-Marke in der Apotheke abholen – dieses "Wiedersehen" nutzen wir dann auch zur Kundenbindung. Fällt ein Test "positiv" aus (was sehr selten ist), gehen wir vor die Apotheke, um das Ergebnis mitzuteilen.

Prinzipiell ist es möglich, das Ergebnis per QR-Code oder E-Mail auf das Handy der Kunden zu übermitteln. Das Einscannen und die Datenübermittlung nehmen jedoch Zeit in Anspruch und müssen gegebenenfalls von einer weiteren Person übernommen werden. Auch spielen die Altersstruktur der Kundschaft und die Tool-Kosten eine Rolle. Wir jedenfalls haben diesen letzten Schritt nicht digitalisiert – zumal während der Wartezeit die Türen unserer Apotheke für alle offen stehen.

Nach den Ergebnissen nun dazu, wie der Testvorgang bei uns in der Realität aussieht: Ein Kunde bucht entweder telefonisch, persönlich oder online einen Termin. Da alle Buchungen im Tool vermerkt werden, sind freie Termine immer online Sichtbar. Vor dem Test bereiten wir die Ergebniszettel bereits in der Testreihenfolge vor. Die Kunden werden dann namentlich am Beratungsfenster aufgerufen und unterschreiben hier eine Einverständniserklärung – die wir übrigens zusammen mit der Onlinebuchungsliste als möglichen Nachweis für die spätere Abrechnung nutzen.

Nachdem wir den Nasen-/Rachen-Abstrich genommen haben, erhalten die Kunden eine Wartemarke mit ihrer Test-ID, die sowohl auf dem Ergebniszettel als auch auf der Testkassette vermerkt wird. Das Abstrichpersonal gibt das Teststäbchen an unsere Labormitarbeiterin weiter, die den Test entsprechend der Anleitung verarbeitet und ihn zuordnend auf das Ergebnisblatt legt. Währenddessen haben wir bereits den nächsten Kunden aufgerufen.

Von Umarmungen bis Zugaben

Auch wenn sie nur imaginär sein mag, so spüren wir doch tagtäglich die Umarmung unserer Kunden. Das "Danke, dass Sie das machen!" entschädigt mehr als die Vergütung, die uns die Bundesregierung zahlt. Und: Unsere Kunden werden auch nach der Krise noch wissen, wer stets an ihrer Seite war.

Durch die Maskenvergütung war es uns möglich, die notwendigen Aufwendungen für unser Testzentrum Vorzufinanzieren. Die Abrechnung selbst erfolgt dann über die kassenärztliche Vereinigung. Ein guter Stundenlohn für unsere Arbeit ist uns bei einer straffen Organisation jedenfalls sicher. Die positive Wahrnehmung durch unsere Kunden toppt das Ganze dann X-fach!

Wer sich jetzt sagt: "Yes, we can!" und noch bei einer Zugabe mitmachen möchte: Apotheken können über Kooperationen sowohl Schulen bzw. Kitas als auch Betriebe unterstützen – in Form von Tests sowie von Schulungen.

Wir etwa haben im März das Personal von acht Schulen und Kitas in Rheinland-Pfalz getestet. Außerdem testen wir in einer integrativen Schule Kinder mit einer Behinderung, die sich selbst nicht testen können. Wenn wir in deren Gesichter schauen und mit großem Vertrauen belohnt werden, wissen wir jedes Mal aufs Neue, warum wir unser Testzentrum betreiben!

Linda Wnendt, Inhaberin Ahrtor-Apotheke, 53474 Bad Neuenahr-Ahrweiler, E-Mail: kontakt@ahrtor-apotheke.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2021; 46(08):6-6