Kauf einer Immobilie

Rechtzeitiges Renovieren spart Steuern


Helmut Lehr

Größere anschaffungsnahe (Erhaltungs-)Aufwendungen lassen sich oftmals nur im Wege der Abschreibung berücksichtigen. Haben Sie die Arbeiten allerdings bereits vor dem Übergang von Besitz, Nutzungen und Lasten ausgeführt, ist ein Sofortabzug möglich.

Zu den Herstellungskosten eines Gebäudes gehören auch die Aufwendungen für diejenigen Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung durchgeführt werden. Das gilt zumindest dann zwingend, wenn die Nettoaufwendungen (also "ohne Umsatzsteuer") 15% der Anschaffungskosten übersteigen (vgl. §6 Abs. 1 Nr. 1a Einkommensteuergesetz).

In der Praxis bedeutet das: Nachdem Sie ein Mietobjekt erworben haben, überwacht das Finanzamt Ihre Ausgaben für mindestens drei Jahre. Summieren sich die Erhaltungsaufwendungen in dieser Zeit auf einen Betrag, der 15% der Gebäudeanschaffungskosten erreicht bzw. übersteigt, schnappt die Steuerfalle zu. Die dem Grunde nach sofort als Werbungskosten abziehbaren Aufwendungen werden rückwirkend in "Herstellungskosten" umqualifiziert und sind dann nur noch über die Abschreibung zu berücksichtigen – als anschaffungsnahe Aufwendungen.

Hinweis: Entgegen der früheren Ansicht zählen mittlerweile auch die Kosten für klassische Schönheitsreparaturen zu diesen anschaffungsnahen Aufwendungen (vgl. AWA 16/2017) – also beispielsweise Kosten für das Tapezieren, das Anstreichen oder Kalken der Wände und Decken und das Streichen der Fußböden, Heizkörper (einschließlich der Heizrohre), Innentüren sowie der Fenster und Außentüren.

Beispiel

Apothekerin Schultheiß hat im Oktober 2020 einen Notarvertrag über den Erwerb eines Mietobjektes unterzeichnet (Kaufpreis: 300.000 €, davon entfallen 225.000 € auf das Gebäude). Besitz, Nutzungen, Lasten und Gefahren sind mit der Zahlung des Kaufpreises am 15. April 2021 auf sie übergegangen. Schultheiß hatte mit dem Verkäufer vereinbart, dass sie bereits vor der Kaufpreiszahlung Renovierungs- und Modernisierungsmaßnahmen auf eigene Kosten vornehmen darf. In der Zeit von November 2020 bis März 2021 hat sie solche Arbeiten für insgesamt 70.000 € durchführen lassen.

Bislang sind die meisten Finanzämter in derartigen Fällen davon ausgegangen, dass die 15%-Grenze überschritten ist. Dann haben sie die Renovierungs- und Modernisierungsmaßnahmen nur im Wege der Abschreibung als Werbungskosten – also mit jährlich 1.400 € (70.000 € ⋅ 2%) – berücksichtigt.

Steuerzahlerfreundliche Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hat dieser Vorgehensweise nun eine klare Absage erteilt. Die obersten Steuerrichter haben nämlich entschieden, dass in die 15%-Grenze nach dem klaren Gesetzeswortlaut nur solche Aufwendungen einzubeziehen sind, die "nach" dem Kauf anfallen (Beschluss vom 28.04.2020, Aktenzeichen: IX B 121/19). Ausgaben "vor" der Anschaffung zählen hier nicht mit und sind deshalb in der Regel sofort abzugsfähig – nämlich als vorweggenommene Werbungskosten.

Sofern im Einzelfall möglich, ist es deshalb zumindest aus rein steuerlicher Sicht sinnvoll, größere Maßnahmen oder Teile davon vor dem Erwerb durchzuführen.

Hinweis: Als steuerlich maßgebendes "Anschaffungsdatum" gilt der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums. Bei Grundstücksübertragungen ist das im Allgemeinen der Zeitpunkt, zu dem laut Kaufvertrag Besitz, Nutzungen, Lasten und Gefahren auf den Käufer übergehen. Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn die Eigentumsumschreibung im Grundbuch bereits zu einem früheren Zeitpunkt erfolgt – was aber regelmäßig nicht der Fall sein dürfte.

Gegenargumente des Finanzamts

Diese Rechtsprechung dürfte der Finanzverwaltung gar nicht schmecken. Gut möglich, dass die Finanzämter deswegen andere Aspekte ins Feld führen, die für „Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten“ sprechen, so z.B.

  • Entsteht durch die "Baumaßnahmen" ein neues Wirtschaftsgut, wären die Kosten allein aus diesem Grund als originäre Herstellungskosten zu beurteilen und nur im Wege der Abschreibung zu berücksichtigen – so etwa, wenn aus einer Wohnung zwei Wohnungen werden.
  • Vergrößert sich die Nutzfläche des Gebäudes durch die "Renovierung", wird das Finanzamt ebenfalls von Herstellungskosten ausgehen.
  • Auch wenn die Instandsetzungsarbeiten erst nach dem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums endgültig abgeschlossen werden, könnte des Finanzamt die Kosten in die 15%-Grenze miteinbeziehen.

Hinweis: Zumindest das letztgenannte Risiko lässt sich durch eine rechtzeitige Abnahme der Baumaßnahmen beseitigen. Die Abnahme sollten Sie natürlich wasserdicht dokumentieren. Nicht maßgebend ist, wann die Handwerker die Rechnung stellen, und zu welchem Zeitpunkt Sie sie bezahlen.

Übrigens: Haben Sie größere Erhaltungsaufwendungen geleistet, müssen Sie diese nicht sofort im Jahr der Zahlung als Werbungskosten geltend machen. Nach §82b Einkommensteuer-Durchführungsverordnung können Sie solche Kosten auch gleichmäßig auf zwei bis fünf Jahre verteilen.

Und noch etwas zum Schluss: Die 15%-Grenze müssen Sie nicht nur bei vermieteten Wohnimmobilien beachten, sie gilt ganz allgemein auch für Objekte im Betriebsvermögen (z.B. für ein Geschäftshaus mit Apotheke) und hat deshalb auch Bedeutung für den Betriebsausgabenabzug.

Helmut Lehr, Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater, 55437 Appenheim

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2021; 46(09):16-16