"Das mache ich schon noch ... irgendwann" (Teil 2)

Was Sie gegen die "Aufschieberitis" tun können


Anna Schatz

In Teil 1 dieser kleinen Serie haben wir Ihnen verschiedene Prokrastinierer vorgestellt. Haben Sie sich wiedererkannt? Dann ist es höchste Zeit, etwas dagegen zu tun. Auch Sie selbst können vieles bewegen – sofern Sie am Ball bleiben. Starten Sie am besten gleich heute!

Um der Prokrastination entgegenzuwirken, gibt es verschiedene Tipps und Tricks. Manche helfen allerdings nur kurzfristig. Entscheidend ist jedoch, das erlernte Aufschiebeverhalten langfristig oder gar für immer abzulegen. Das allerdings erfordert ein diszipliniertes Training – dem wiederum die Prokrastination im Wege steht.

Prokrastinations-Exorzismus

Um diesen Teufelskreis zu durchbrechen, müssen wir am Anfang beginnen. Deswegen sollten Sie zunächst herausfinden, was genau Sie in welchem Zusammenhang aufschieben. Beobachten Sie dafür Ihr Verhalten über einen Zeitraum von zwei Wochen sehr genau. Führen Sie zu diesem Zweck ein Tagebuch und beantworten Sie täglich die folgenden Fragen:

  • "Habe ich mit allen Aufgaben, die ich mir vorgenommen habe, (pünktlich) angefangen? Falls nein, warum nicht? Und was habe ich dabei gedacht?"
  • "Gab es Unterbrechungen? Falls ja, warum? Und was habe ich dabei gedacht?"
  • "Habe ich geschafft, was ich mir vorgenommen habe? Falls nein, warum nicht? Und was habe ich dabei gedacht?"

Auf dieser Basis gilt es dann herauszufiltern, ob Sie ein Erregungs- oder ein Vermeidungsaufschieber sind (vgl. dazu Teil 1 im AWA 8/2021): Haben Sie Aufgaben aufgeschoben, weil Ihnen langweilig war und Sie das Gefühl hatten, erst kurz vor einer eventuellen Deadline so richtig kreativ zu werden? Vielleicht war auch Ihr sonstiger Arbeitstag eher träge? Oder Ihre Tätigkeit hat generell nicht mehr denselben Reiz für Sie wie noch vor ein paar Jahren? Dann gehören Sie wahrscheinlich zu den Erregungsaufschiebern.

Vielleicht hatten Sie aber auch das Gefühl, dass Sie die zu lösende Aufgabe sowieso nicht vollkommen richtig und gut lösen können? Dass es andere gibt, die dazu besser in der Lage wären – und dass Ihnen das auch irgendjemand sagen wird? Sie erwischen sich dabei, dass Sie viele Ausreden in Ihr Tagebuch schreiben? Beispielsweise, dass Ihre Mitarbeiter auf Ihre Unterstützung angewiesen sind und sauer gewesen wären, wenn Sie sich zurückgezogen hätten? Dann gehören Sie wahrscheinlich zu den Vermeidungsaufschiebern.

Tipp: Andere können das Aufschiebeverhalten häufig besser einschätzen als man selbst. Befragen Sie daher auch mal die Menschen aus Ihrem nächsten Umfeld, ob sie Sie eher für einen Erregungs- oder einen Vermeidungsaufschieber halten.

Wollen ist die halbe Miete

Egal zu welchem Prokrastinationstyp Sie gehören: Als Grundlage für konkrete Gegenmaßnahmen benötigen Sie zunächst ein hohes Maß an Willenskraft. Diese befähigt Sie dazu, sich selbst zu beherrschen [1]. Denn es wird immer andere Dinge geben, die Sie denjenigen Aufgaben vorziehen, die Sie sich vorgenommen haben – beispielsweise daddeln Sie ja vielleicht lieber auf dem Handy als Ihre Abverkäufe zu analysieren? Auf diese anderen Dinge werden Sie aber (zuerst einmal) verzichten müssen – was zu einer Menge Frustration führen kann. Und diese Frustration können Sie nur mit einer ausreichenden Selbstbeherrschung in den Griff bekommen.

Die Willenskraft als Basis dafür funktioniert Forschungen zufolge wie ein Muskel, der irgendwann ermüdet. Wenn Sie nach einer entsprechenden "Anstrengung" aber konzentriert an einer Sache weiterarbeiten oder gar erst mit einer neuen Aufgabe anfangen wollen, obwohl Sie lieber etwas anderes tun würden, ist Ihre Willenskraft vielleicht schon aufgebraucht. Insofern kann es gerade in solchen Fällen von Vorteil sein, die verlockenden Reize – wie z.B. das Handy – ganz aus dem Blickfeld zu räumen.

Tipp: Wie Sie Ihre Willenskraft grundsätzlich trainieren können, erfahren Sie im Exkurs.

Gegenmaßnahmen für Erregungsaufschieber

Wenn Sie zu den Erregungsaufschiebern gehören, geht es Ihnen vor allem um den Nervenkitzel. Daher sollten Sie Ihren Tag so strukturieren, dass Sie immer mal wieder zwischen verschiedenen Aufgaben wechseln. Fordern Sie Ihren eigenen Ehrgeiz stets aufs Neue heraus. Wie aber gelingt Ihnen das?

Am besten beginnen Sie Ihren Tag direkt mit einer richtig anspruchsvollen Aufgabe: Lösen Sie sofort ein großes Problem, oder schaffen Sie etwas, was für große Begeisterung unter Ihren Mitarbeitern sorgen wird. Sie werden sich danach gut fühlen – und Ihr Gehirn belohnt Sie mit einer Extraportion Dopamin.

Setzen Sie sich außerdem sportliche Ziele: Nehmen Sie sich z.B. vor, Aufgaben in zwei Dritteln der Zeit zu lösen, die Sie beim letzten Mal benötigt haben. Gehen Sie in den sportlichen Wettkampf mit sich selbst!

Feiern Sie zudem Ihren Erfolg: Belohnen Sie sich, wenn Sie Ihre Ziele erreicht haben – vor allem auch zwischendurch. Diese "Belohnungsinseln" sollten Sie in Ihrem Tagesplan festhalten, um sie auch wirklich "anzufahren". Sobald Sie dann auf den Inseln angekommen sind, dürfen Sie tun, was Ihnen wirklich Spaß macht.

Gegenmaßnahmen für Vermeidungsaufschieber

Wenn Sie zu den Vermeidungsaufschiebern gehören, kann Ihnen zunächst ein festes Ritual helfen. Dieses Ritual sollten Sie jedes Mal auf die immer gleiche Art und Weise durchführen, bevor Sie eine unliebsame Aufgabe beginnen wollen. Sie selbst wählen das Ritual aus – sei es, dass Sie sich einen Kaffee holen, bevor Sie sich an den Schreibtisch setzen, oder dass Sie Ihre Schuhe ausziehen und die Füße auf eine Massagematte stellen.

Falls Sie Ihre Aufgaben nicht angehen, weil Sie Angst davor haben, sie nicht perfekt erledigen zu können: Das müssen Sie auch gar nicht immer! Ab und zu reichen auch 80%! Definieren Sie daher Ihr Minimalziel!

So schaffen Sie es nach ein paar Tagen vielleicht schon, unliebsame Aufgaben tatsächlich anzugehen. Doch hier lauert bereits das nächste Problem: Sie unterbrechen sich selbst immer wieder – was fatal ist. Denn unser Gehirn benötigt im Durchschnitt 20 Minuten, um nach einer Unterbrechung wieder voll konzentriert zu sein.

Das bedeutet für Sie: Wenn Sie nur mal eben die neuesten Schlagzeilen checken oder auf eine Nachricht antworten, dauert es am Ende jene rund 20 Minuten länger, bis Sie eine Aufgabe beendet haben. Beobachten Sie deshalb genau, zu welchen Tageszeiten und unter welchen Umständen es zu Unterbrechungen kommt.

Was Ihnen in diesem Fall hilft, ist letztlich eine Art Tagebuch-Fortsetzung: Erstellen Sie eine Liste mit allen Unterbrechungen. Notieren Sie sich dazu jeweils Ideen, mit denen Sie die Unterbrechung in Zukunft verhindern können – sei es, dass Sie Ihre Arbeitsumgebung verändern oder dass Sie den Reiz, der die Unterbrechung auslöst, gedanklich antizipieren – und ihm daher nicht mehr nachgeben.

Nur nicht aufgeben!

Vermutlich wird es Ihnen zwar nicht auf Anhieb gelingen, jedes Prokrastinationsverhalten und alle Unterbrechungen zu vermeiden. Versuchen Sie es trotzdem immer wieder – denn ein regelmäßiges "Training" führt mit der Zeit zum Erfolg. Außerdem gibt es Coaches und Therapeuten, die Sie begleiten können. Unterstützung finden Sie nicht zuletzt auch bei den Prokrastinationsambulanzen z.B. der Universitätskliniken.

Exkurs: Gewolltes effektiver umsetzen

Sofern regelmäßig ausgeführt, helfen Ihnen diese drei einfachen Übungen, Ihre Willenskraft zu trainieren:

  1. Statt sich immer unter die angenehme heiße Dusche zu stellen, versuchen Sie doch mal, täglich für längere Zeit kalt zu duschen.
  2. Schreiben Sie als Rechtshänder täglich zehn Minuten mit links – und als Linkshänder zehn Minuten mit rechts.
  3. Meditieren Sie jeden Morgen zehn Minuten.

Literatur

[1] Baumeister, R. F., Tierney, J.: Die Macht der Disziplin. Wie wir unseren Willen trainieren können, Goldmann: München 2014

Anna Schatz, Geschäftsführende Gesellschafterin, HealthcareComm GmbH, 47802 Krefeld, E-Mail: kontakt@healthcarecomm.eu

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2021; 46(11):8-8