Editorial

Kompetenz mit Chic


Dr. Michael Brysch

Liebe Leserinnen und Leser,

„unterm schlechten Kleid schlägt oft das beste Herz“, lautet ein altes deutsches Sprichwort. Um unserer heilberuflichen Überzeugung nachzukommen und uns das Vertrauen der Patienten zu verdienen, wäre der wohlüberlegte morgendliche Blick in den Kleiderschrank demzufolge wohl eher kontraproduktiv.

Dass dem nicht so ist, ja, dass vielmehr Kleider Leute machen, wusste allerdings schon der römische Rhetoriklehrer Quintilian (ca. 35–ca. 96). Und erst jüngst zeigt das auch wieder eine Studie (Oh D.W. et al., Nature Human Behaviour 2020 [4]: 287–293). Dafür legten die Forscher ihren Probanden Porträtbilder vor, auf denen Gesichter von Menschen jeweils mit unterschiedlich bekleideten Oberkörpern kombiniert waren. Das Resultat: Die Probanden schätzten ein und dasselbe Gesicht in über 80% der Fälle als kompetenter ein, wenn die dazugehörige Kleidung „reicher“ wirkte – und zwar bereits dann, wenn sie sich das Bild nur 129 Millisekunden angeschaut hatten. Insofern ist ein adäquater Kleidungsstil nicht zuletzt für den ersten Eindruck gerade auch dann wichtig, wenn es darum geht, anderen Menschen teils sehr komplexe oder sensible (Gesundheits-)Informationen glaubwürdig zu vermitteln.

Einige Aspekte, die im Zusammenhang mit Kittel und Co. eine Rolle in der Apotheke spielen, haben wir in unserem „Update Arbeitskleidung“ für Sie zusammengestellt. Vielleicht animiert Sie der Beitrag zu den „Dresscode-Alternativen“ ja sogar dazu, mutig zu sein? Denn wie sagte doch der norwegische Polarforscher Fridtjof Nansen (1861–1930): „Wir brauchen Mut, um die alten Kleider wegzuwerfen, die ihre besten Tage hinter sich haben.“

Es grüßt Sie herzlichst

Ihr

Dr. Michael Brysch

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2021; 46(12):2-2