Beim Kauf schon an den Ruhestand denken

Wie Sie Ihr Karriereende rechtzeitig planen


Karin Wahl

Eigentlich können Sie gar nicht früh genug mit der Planung anfangen: Denn das Karriereende ist häufig viel schneller da, als Sie es sich vorstellen. Deswegen sollten Sie während Ihrer gesamten beruflichen Laufbahn immer auch Ihr Ausscheiden aus der Apotheke im Blick behalten.

Jeder frisch selbstständige Kollege hat Ideen und weiß, wo er wann in etwa stehen will. Denn das ist ja schließlich auch das Tolle an der Selbstständigkeit: Für sich bestimmen zu können, wo es hingehen soll – und dann auch zu sehen, wie sich die eigene Apotheke dorthin entwickelt.

Dabei verdrängt manch einer allerdings gerne mal, dass jede Karriere irgendwann endet – manchmal durch eine Krankheit oder einen Unfall leider sogar viel früher als gedacht. Insofern sollten Sie sich rechtzeitig Gedanken darüber machen, wie es dann mit Ihrer Apotheke weitergehen soll.

Am besten beginnen Sie hiermit schon beim Kauf bzw. bei der Übernahme. Aber woran sollten Sie denken? Und wie stellen Sie Ihre Apotheke so optimal auf, dass

  • Ihre Kinder, die die Apotheke möglicherweise eines Tages übernehmen wollen, dies zu jedem Zeitpunkt unkompliziert können, bzw. dass sich
  • im Fall der Fälle auch kurzfristig möglichst problemlos ein „externer“ Nachfolger findet?

Stets verhandlungssicher?

Zu Beginn Ihrer Karriere legen Sie die Grundlagen für Ihr später wichtigstes Kapital, nämlich für eine

  • hervorragende pharmazeutische Ausbildung unterlegt mit
  • sehr guten betriebswirtschaftlichen Kenntnissen.

Letzteres ist nicht zuletzt nötig, um mit dem Großhandel, der Bank, dem Steuerberater und anderen Geschäftspartnern stets auf Augenhöhe verhandeln zu können. Nur so merken Sie selbst, wenn etwas schief läuft – und können notfalls rechtzeitig intervenieren.

Tipp: Führen Sie mit Ihrem Steuerberater regelmäßige Quartalsgespräche über den Status quo Ihrer Apotheke und über (potenzielle) Veränderungen.

Übrigens: Sie sollten selbst immer auch einigermaßen einschätzen können, welchen Wert Ihre Apotheke gerade hat.

Um betriebswirtschaftlich fit zu werden, lohnt sich eventuell ein Aufbaustudium (z.B. Apothekenbetriebswirt oder Betriebswirt für die Pharmazie). Weiterhin sind Seminare oder Fortbildungen sinnvoll, die gar nicht zwingend auf Apotheken gemünzt sein müssen. Denn wenn verschiedene Branchen angesprochen werden, erweitert das oft den Horizont. Erkundigen Sie sich hierzu z.B. bei Ihrer Industrie- und Handelskammer (IHK). Eine Investition fürs ganze Leben ist auch ein Kurs „Verhandeln nach Harvard“. Und last, but not least sollten Sie natürlich regelmäßig den AWA lesen.

Alles im Blick?

Damit Sie im Arbeitsalltag nichts übersehen, das den Wert der Apotheke kurz- oder langfristig verringern könnte, sollten Sie ein- bis zweimal jährlich eine Eigenrevision durchführen. So haben Sie die Chance, drohenden Gefahren frühzeitig entgegenzuwirken.

Außerdem ist so auch der Pharmazierat bzw. Amtsapotheker meist zufrieden – und macht Ihnen vielleicht noch den ein oder anderen gut gemeinten Verbesserungsvorschlag. Dazu allerdings sollten Sie ihn als „amtlichen Berater“ – und nicht als „Feind“ – ansehen. Insbesondere wenn er am schwarzen Brett sein Konterfei mit dem Text „Wanted“ sieht, dürfte sein Wille, Sie mit guten Ratschlägen zu versorgen, nämlich eher gering sein.

Außerdem bietet es sich an, zweimal jährlich eine Standortanalyse aus Bordmitteln zu machen, die immer an Ihre individuelle Situation (Land-, Stadt- bzw. Center-Apotheke etc.) angepasst sein sollte: Zählen Sie z.B. die Passanten, die an der Apotheke vorbeikommen. Kaufen Sie überdies selbst in den umliegenden Geschäften ein, und beobachten Sie dabei die anderen Kunden.

Sofern Sie nicht sowieso schon im Gemeinderat etc. aktiv sind, sollten Sie zudem regelmäßig bei der Gemeinde nachfragen, ob bzw. welche Pläne es für Infrastrukturveränderungen gibt. Denn gerade wenn Sie einen Investitionsstau beheben wollen, ist es wichtig zu wissen, ob Haltestellen verlegt oder verkehrsberuhigte Zonen eingerichtet werden sollen – oder ob sich gar die Bevölkerungsstruktur langfristig verändern dürfte. Wer hiervon nichts weiß, kann sehr leicht sehr viel Geld in den Sand setzen.

Tipp: Interessante Informationen zu Ihrem Standort gibt es auch, wenn Sie gut vernetzt sind – sei es mit Sportvereinen, Seniorenresidenzen, Schulen oder Kitas. Hier können Mitarbeiter mit Kindern häufig sehr hilfreich sein.

Apropos Investitionsstau: Lassen Sie es am besten gar nicht erst so weit kommen! Denn ein potenzieller Nachfolger, der die Apotheke betritt und dessen Blick gleich auf „Mooreiche 70er Jahre“ oder „farbige Schubladen 80er Jahre“ fällt, weiß sofort, was ihn sonst noch erwartet.

Sauber dokumentiert?

§2a Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) schreibt Ihnen vor, ein – bisweilen sicherlich als lästig empfundenes – Qualitätsmanagementsystem (QMS) zu betreiben. Wenn Sie dieser Verpflichtung aber auf strukturierte und sinnvolle Weise nachkommen, kann Ihnen das nicht nur den Arbeitsalltag, sondern vielmehr auch das Ausscheiden erleichtern. Denn für potenzielle Nachfolger wird es so wesentlich einfacher, die Prozesse in der Apotheke nachzuvollziehen – und da weiterzumachen, wo Sie aufhören. Ein gut geführtes QMS kann Ihre Apotheke für Käufer also durchaus attraktiver machen.

Um bei Verkaufsverhandlungen perfekt Auskunft über Ihren Betrieb geben zu können, ist es außerdem sinnvoll, eine Art „Apotheken-Tagebuch in Aktenordnerform“ zu führen – und zwar am besten gleich von der Übernahme bzw. Eröffnung an.

Hinein gehört – chronologisch nach Jahren und innerhalb der Jahre thematisch geordnet – alles, was dauerhaft relevant für die Apotheke ist, seien es Verträge, Mitarbeiterdaten oder auch Zusammenfassungen von apothekenrelevanten politischen Besonderheiten (wie z.B. die Einführung des E-Rezepts oder Änderungen der Preisbildung).

Übrigens: Auch wenn Sie Ihre aufbewahrungspflichtigen Unterlagen nach Ablauf der Frist ausmisten, sollten Sie sich immer fragen, was Ihnen zukünftig noch nutzen könnte.

Tipp: Versehen Sie die einzelnen Aktenordner mit den jeweiligen Jahreszahlen – allerdings nur mit denjenigen, zu denen Sie wirklich noch informatives Material haben.

Gut zu wissen: Potenzielle Käufer wollen immer drei Jahresbilanzen einsehen, um zu erkennen, ob es mit den Umsätzen und Erträgen auf- oder abwärts geht. Diese Bilanzen sollten Sie also immer parat haben.

Ist es schon soweit?

Wenn Ihr Ruhestand dann tatsächlich in greifbare Nähe rückt, sollten Sie rund drei bis fünf Jahre einplanen, um den richtigen Nachfolger für Ihre Apotheke zu finden. Denn oft ist der erste Kandidat nicht gleich der ideale. Und wenn Sie Ihre Apotheke unter Druck verkaufen, bekommen Sie oft nicht den gewünschten Preis und/oder Nachfolger.

Tipp: Es bietet sich an, immer wieder mal verschiedene Anzeigen in der Fachpresse zu schalten. Wenn Ihnen ein Kandidat nicht zusagt, müssen Sie nicht antworten. Aber immerhin bekommen Sie ein besseres Gefühl für den Apothekenverkaufs- bzw. -kaufmarkt.

Grundsätzlich müssen Sie überlegen, zu welchem Zeitpunkt Sie Ihr Team informieren und einbinden. Wenn Ihre Mitarbeiter allerdings nicht von Ihnen selbst, sondern z.B. aus einer Anzeige erfahren, dass Sie Ihren Ruhestand planen, ist das kontraproduktiv. Nichtsdestotrotz sollten Sie den Kreis der Eingeweihten sehr klein halten. Ansonsten verbreitet sich die Nachricht wie ein Lauffeuer und ruiniert womöglich sogar den Verkaufspreis.

Übrigens: Sobald Ihr Nachfolger feststeht, müssen Sie – so bitter es sein mag – fortan damit leben, dass nicht mehr Sie, sondern vielmehr er die zentrale Person für Großhandel, Außendienst, Berater und Co. ist.

Ein Appell noch zum Ende: Bleiben Sie immer fair – und übergeben Sie Ihren ganzen Stolz an einen Nachfolger, der die Apotheke in Ihrem Sinne fortführt.

Karin Wahl, Fachapothekerin für Offizinpharmazie, Beraterin im Gesundheitswesen, 70195 Stuttgart, E-Mail: karinruthwahl@t-online.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2021; 46(12):8-8