Private Fotovoltaikanlagen

Gewinnerzielungsabsicht: Ja oder nein?


Helmut Lehr

Für viele Fotovoltaikanlagen der ersten Generation läuft die 20-jährige Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) bereits aus. Dennoch sind bis heute nicht alle steuerlichen Fragen geklärt. Die Finanzverwaltung wartet nun mit einer besonderen "Vereinfachungsregelung" auf.

Als vor rund 20 Jahren der große "Run" auf Fotovoltaikanlagen einsetzte, die häufig auf den Dächern privater Einfamilienhäuser installiert wurden, schien die Sache aus einkommensteuerlicher Sicht eigentlich klar: Der Strom wurde mehrheitlich gegen ein durchaus ordentliches Entgelt (Einspeisevergütung) in das allgemeine Stromnetz eingespeist, die Einnahmen versteuerte man dann nach dem Abzug der Ausgaben. Durch eine Fremdfinanzierung und Abschreibungen ergab sich nicht selten ein anfänglicher Verlust, den die Finanzämter zumeist berücksichtigten.

Im Laufe der Zeit hat sich das Blatt jedoch gewendet: Die Einspeisevergütungen wurden zusammengeschrumpft, der Eigenverbrauch erhöhte sich, und einzelne Finanzämter begannen, die Gewinnerzielungsabsicht infrage zu stellen. Im Rahmen einer in die Zukunft gerichteten Totalüberschussprognose sind nun die voraussichtlichen Einnahmen den Ausgaben gegenüberzustellen. Sofern das Gesamtergebnis negativ ausfällt, werden die steuerlichen Verluste kurzerhand gestrichen.

Hinweis: Die steuerliche Beurteilung der Gewinnerzielungsabsicht lässt natürlich keinen sicheren Rückschluss auf die eigentliche Rendite der Anlage zu (vgl. hierzu AWA 3/2020).

"Positive" Gerichtsentscheidung

Das Thüringer Finanzgericht hat zuletzt entschieden, dass der "Beweis des ersten Anscheins" stets für eine Gewinnerzielungsabsicht spricht (Urteil vom 11.09.2019, Aktenzeichen: 3 K 59/18). Im Streitfall hatte ein steuerpflichtiges Ehepaar im Oktober 2013 eine Fotovoltaikanlage mit einem Leistungsvermögen von 4,5 kW für rund 14.000 € angeschafft und dazu einen Stromspeicher für circa 6.000 € erworben.

2013 erklärte das Paar zunächst einen etwas größeren Verlust (die Umsatzsteuer aus der Anschaffung ist sofort als Betriebsausgabe abziehbar), 2014 wegen der Vorsteuererstattung vom Finanzamt einen Gewinn. In den Folgejahren wies es dann jeweils wieder (allerdings kleinere) Verluste aus.

Das Finanzamt ließ diese Verluste außer Acht und hielt dem Ehepaar vor, dass sich die Anlage nicht gewinnbringend betreiben lasse. Dazu verwies es auf die geringe Einspeisevergütung (von anfangs 0,1427 €/KWh) und die Abschreibungen.

Das Finanzgericht hat sehr deutlich gemacht, dass beim Betrieb einer Fotovoltaikanlage zunächst einmal grundsätzlich davon auszugehen ist, dass die Betreiber Gewinne erzielen möchten, sofern sie den Strom nicht ausschließlich für den Eigenbedarf verwenden. Das gelte selbst dann, wenn

  • die Anlage sehr hochwertig ist (hoher Kaufpreis),
  • die Einspeisevergütungen niedrig sind,
  • der Strom auch dazu dient, den eigenen Bedarf zu decken sowie
  • die Anlagenbetreiber sich auf die Renditeangaben des Herstellers verlassen und kein eigenes schlüssiges betriebswirtschaftliches Konzept für die künftigen Erträge erstellt haben.

Weil das Finanzgericht die Fotovoltaikanlage damit im Ergebnis nicht als Privatsache, sondern als eigenes kleines Gewerbe beurteilt hat, musste das Finanzamt die Verluste aus den ersten Jahren anerkennen.

Zwar hat das Finanzamt gegen die Entscheidung zunächst Revision eingelegt (Aktenzeichen: X R 32/19), diese allerdings später zurückgenommen. Eine solche Vorgehensweise soll im Allgemeinen verhindern, dass gerichtliche Entscheidungen, die sich gegen die Meinung der Finanzverwaltung richten, höchstrichterlich bestätigt werden und damit eine größere Breitenwirkung erlangen.

Hinweis: Wenn auch Sie mit Ihrem Finanzamt noch um "Verluste" aus einer privaten Fotovoltaikanlage streiten, finden Sie in dem Finanzgerichtsurteil wertvolle Argumente und Hilfestellungen, da es die gesamte Problematik detailliert – inklusive der wirtschaftlichen Hintergründe – beschreibt.

Auf Antrag "Privatsache"

Zwischenzeitlich haben die obersten Finanzbehörden der Länder nochmals über die Gewinnerzielungsabsicht bei kleineren Fotovoltaikanlagen (mit installierten Leistungen von bis zu 10 kW) beraten. Danach gilt Folgendes (Bundesfinanzministerium, Schreiben vom 02.06.2021, Aktenzeichen: IV C 6 – S 2240/19/10006 :006):

Sie können einen schriftlichen Antrag stellen, damit "aus Vereinfachungsgründen und ohne weitere Prüfung" in allen noch offenen Veranlagungszeiträumen die Gewinnerzielungsabsicht verneint (!) wird. Die Anlage wird dann als steuerlich unbeachtliche "Liebhaberei" eingeordnet, also praktisch zur Privatsache erklärt.

Damit entfällt die aufwendige und streitanfällige Ergebnisprognose. Sie müssen die Anlage dann nicht mehr in Ihrer Steuererklärung berücksichtigen und sparen sich die Kosten und den Verwaltungsaufwand. Etwaige Gewinne bleiben unversteuert! Die Kehrseite der Medaille ist klar: Steuerliche Verluste werden natürlich ebenfalls nicht mehr berücksichtigt. Der Antrag wirkt nach Aussage der Finanzverwaltung auch für Folgejahre.

Hinweis: Ob ein solcher Antrag für Sie unterm Strich vorteilhaft ist, sollten Sie kurzfristig mit Ihrem steuerlichen Berater besprechen. Die Möglichkeit, den Antrag zu stellen, besteht nur für solche Anlagen, die

  • auf zu eigenen Wohnzwecken genutzten (oder unentgeltlich überlassenen) Ein- und Zweifamilienhausgrundstücken einschließlich Außenanlagen (z.B. Garagen) installiert sind und
  • nach dem 31. Dezember 2003 in Betrieb genommen wurden.

Sie gilt auch für vergleichbare Blockheizkraftwerke.

Helmut Lehr, Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater, 55437 Appenheim

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2021; 46(13):16-16