Honorarkürzung

Testzentrum ade?


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Es ist ein offenes Geheimnis, dass mit einem Corona-Testhonorar von 18 € durchaus rentabel zu wirtschaften war. Zu rentabel offenkundig, denn mit den nunmehr absehbaren 11,50 € "all inclusive" wird die Vergütung doch spürbar gekappt. Droht jetzt das Ende der Testzentren?

Bislang wurden für einen "Corona-Bürgertest" 12 € Testhonorar (in einigen Regionen 15 €) plus bis zu 6 € als Erstattung für die Materialkosten bezahlt – mehrwertsteuerfrei. Damit sind die entsprechenden Kosten nicht vorsteuerabzugsberechtigt und insoweit brutto anzusetzen (und zu bezahlen). Wer ehrlich abgerechnet hat, für den waren die Materialkosten ein durchlaufender Posten, denn schon länger kosten die Tests weniger als 6 €. Andernfalls hätte man sogar Zusatzprofit gemacht.

Demnächst sollen 8 € Honorar plus 3,50 € pauschale Materialkostenerstattung gelten (angedacht waren erst 4,50 € Testkosten). Umso mehr zählt jetzt ein effektiver Einkauf.

Stürzt nun der wirtschaftliche Himmel ein, und ist die baldige Einstellung der Testaktivitäten die einzige Rettung vor drohenden Verlusten? Schauen wir genauer hin.

Die Kostenaufteilung

Basierend auf realen Erfahrungswerten stellt sich die Kostenaufteilung eines "Corona-Bürgertests" modellhaft in etwa so dar:

  • Um 4,00 € bis 5,00 € brutto für den Test und testbezogene Sachkosten sowie die – gerne je Test abgerechneten – Kosten für eine Verwaltungssoftware (wie z.B. die "DoctorBox").
  • Personalkosten im Bereich von 3,00 € bis 4,50 € je Test. Hier entscheiden die Personalstruktur (Stundenkosten!) sowie vor allem die Auslastung.
  • Fixkosten für den Betrieb an sich (z.B. Miete).
  • Eine kalkulatorische Monatsrate für Investitionen und gegebenenfalls Abwicklungs- sowie Rückbaukosten. Dies können je nach angesetztem Zeitraum und Ausgangsbeträgen tatsächlich einige tausend Euro sein.

Abbildung 1 zeigt die grundlegende Problematik.

Der Materialeinsatz je Test steht, abgesehen von Mengenrabatten, fest. Ebenso die Fixkosten wie Mieten, weitere Sachkosten etc., die sich pro Test umso geringer auswirken, je mehr Kunden "bedient" werden – hier greift der "Skaleneffekt". Der weitere große Kostenblock ist das Personal. Hier hängt es besonders von der Qualifikations- und der daraus abgeleiteten Lohnstruktur ab, ob 3,00 € oder 5,00 € je Test anfallen.

An diesem Punkt kommt die Auslastung ins Spiel. Tödlich sind "Leerzeiten" oder geringe Auslastungsgrade. Wer trotz gekürzter Honorare und zurückgehender Kundenzahlen Gewinne machen möchte, sollte eine Vorstellung davon haben, was "100%ige Auslastung" bedeutet – und die Personalplanung streng hieran ausrichten.

Tipp: Ermitteln Sie am Beispiel von flüssig laufenden, gut besuchten Testtagen (aber ohne "Chaos-Überlastbetrieb"), wie viele Abstriche, Datenerfassungen etc. je Stunde noch gut zu bewältigen sind. Das ist dann Ihre ganz individuelle 100%-Messlatte hinsichtlich Zeitaufwand je Test für die einzelnen "Personalgattungen".

Abbildung 2 illustriert das an einem Modellbetrieb.

Simuliert werden kontinuierlich fallende Testzahlen (Balken; Ausgangsniveau: starke 18.000 Tests pro Monat) sowie die Honorarkürzung (ab dem vierten Monat). Blieben die Honorare gleich, käme der Betrieb selbst ohne Kostenanpassungen erst bei weniger als 6.000 Tests in die Nähe der wirtschaftlichen Nulllinie. Passt er das Personal den Testzahlen an, bleibt er selbst bei unter 5.000 Tests noch gut im Plus. Kommt die Honorarkürzung, wird es schon mit 10.000 Tests kritisch. Hält man aber die Auslastung hoch, verkraftet man auch das und verweilt noch lange im (bescheideneren!) Plus. Voraussetzung: Die Personalstunden lassen sich schnell anpassen!

Auch wenn dies Modellrechnungen sind – sie kommen der Realität meist sehr nahe, selbst wenn die konkreten Zahlenwerte individuell anders ausfallen. Gerne können Sie das individuell mit unserem Excel-Rechenblatt nachvollziehen (siehe Service).

Als Zwischenfazit bleibt: Auf der neuen Honorarbasis lassen sich Testeinrichtungen immer noch rentabel betreiben, wenn auch nicht mehr mit den Traum-Umsatzrenditen von teils über 40%. Doch verschieben sich die Auslastungsgrenzen und Mindesttestzahlen, sprich: Professionalität und hohe Flexibilität bei der (Personal-)Kostenanpassung sind gefragt. Ohne eine deutlich dreistellige tägliche Testanzahl gelingt es jedoch regelhaft nicht mehr, wirklich risikoadäquate Gewinne zu erzielen.

Von geringer Bedeutung dürfte wohl der "beaufsichtigte Selbsttest" bleiben, mit immerhin 5,00 € Honorar ausgelobt (plus gegebenenfalls 3,50 € Sachkostenersatz für den Test). Das dürfte sich eher an Institutionen richten.

An morgen denken

Momentan fällt die Zahl der Tests in sich zusammen. Ein wegbrechender Markt ist für ein Geschäftsmodell stets die größte Bedrohung. Kommen noch sinkende Preise hinzu, ist schnell die rote Linie erreicht. Doch was dann? Schließen, Abbauen, Ende, Aus? Das wäre zu kurz gedacht.

Das Ende der Pandemie ist keineswegs ausgemacht, Impfungen hin oder her. Im Gegenteil: Angesichts des betulichen Impffortschritts steigt die Wahrscheinlichkeit für "Impfdurchbrüche" im Gefolge von Mutationen. Allein die indische Delta-Variante hat das Potenzial, für eine kräftige "Winterwelle" zu sorgen. Dann fallen wir wieder in alte Muster zurück: Lockdown, Kontaktbeschränkungen und eben Tests.

Skalieren Sie deshalb Ihre Testaktivitäten bestmöglich herunter, aber stellen Sie sie nicht ein. Bleiben Sie im "Stand-by-Modus", um im Herbst schnell hochfahren zu können. Zudem kann das Modell Testzentrum als Vorlage für ein dauerhaftes "Präventions-Center" dienen, idealerweise in enger Kooperation mit Ihren Ärzten. Dort können Sie Tests aller Art anbieten, ob zum Immunstatus, zum Vitamin-D-, Mineralstoff- oder Eisenspiegel sowie zu vielem mehr. Die rasante Entwicklung bei den erschwinglichen Diagnostika eröffnet immer mehr Möglichkeiten – aber diese muss man eben zu nutzen wissen! Corona legt dafür insoweit keine schlechte (Bewusstseins-)Grundlage.

Service

Auf OneDrive finden Sie diverse Rechenblätter des Autors - nicht nur zu diesem Thema.

Prof. Dr. Reinhard Herzog, Apotheker, 72076 Tübingen, E-Mail: Heilpharm.andmore@t-online.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2021; 46(13):4-4