Die Apotheke im Nachlass (Teil 1)

Wie Sie Probleme mit der Erbfolge vermeiden


Dr. Markus Rohner

Wenn ein Apothekeninhaber verstirbt, erweist sich die Nachfolge als sehr komplexes Thema, das eine Vielzahl verschiedener (steuer-)rechtlicher Überlegungen erfordert. Wir geben Ihnen einen Überblick – und Gestaltungshinweise für das Testament.

Das deutsche Erbrecht sieht grundsätzlich eine Nachfolge nach dem Stammes- und Liniensystem vor, bei dem der Ehepartner besonders berücksichtigt wird. Wir gehen hier von einer Musterfamilie aus: Einem Ehepaar mit zwei Kindern, das im Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebt. Ein Ehepartner sei Apothekeninhaber.

Verstirbt dieser Inhaber („Erblasser“), erben der andere Ehepartner die Hälfte und die beiden Kinder jeweils ein Viertel des Nachlasses, zu dem sämtliche Aktiva und Passiva des Erblassers gehören. Die drei Erben bilden dann eine Erbengemeinschaft, in der das Vermögen gesamthänderisch gebunden ist.

Einführend noch kurz zwei steuerrechtliche Aspekte, die an späterer Stelle relevant sein werden:

  • Die weitestgehende Steuerbefreiung („Verschonung“) für Betriebsvermögen nach den §§13a und b Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) kann in der Regel auch für Apotheken in Anspruch genommen werden – was voraussetzt, dass die Apotheke je nach Verschonungsmodell für fünf oder sieben Jahre im Wesentlichen unverändert fortgeführt wird.
  • Auf persönlicher Ebene gelten die besonderen Freibeträge für den Ehegatten und die Kinder.

Was sagt das Apothekenrecht?

Für einen Zeitraum von einem Jahr nach dem Todesfall können die Erben die Apotheke gemäß §13 Apothekengesetz (ApoG) durch einen Apotheker verwalten lassen. Auch wenn die Erben also nicht berechtigt sind, selbst eine Apotheke zu betreiben, sichert diese Verwaltungsbefugnis den Fortbestand der Apotheke über diesen Zeitraum. Kann die Apotheke derweil nicht verpachtet werden, ist sie anschließend zu veräußern.

Ehepartner von Verstorbenen dürfen die Apotheke nach §9 Abs. 1 Nr. 2 ApoG so lange verpachten, bis sie wieder heiraten oder eine neue Lebenspartnerschaft eingehen. Die erbberechtigten Kinder können das gemäß §9 Abs. 1 Nr. 1 ApoG tun, bis das jüngste Kind das 23. Lebensjahr vollendet oder – sofern es Pharmazie studiert – die Voraussetzungen für eine eigene Betriebserlaubnis erlangt hat.

Weil die Verpachtungsberechtigung bei allen Erben vorliegen muss, liegen die Probleme in unserem Musterfall auch schon auf der Hand: Heiratet der Ehepartner neu oder überschreitet das jüngste Kind die Altersgrenze, endet die Verpachtungsberechtigung und die Apotheke muss verkauft werden – was übrigens auch die Mehrheit der Erben vorab schon entscheiden kann.

Der unfreiwillige Verkauf der Apotheke ist insbesondere erbschaftsteuerlich schmerzhaft: Die „Verschonung“ des Betriebsvermögens setzt ja eben voraus, dass die Apotheke fünf oder sieben Jahre fortgeführt wird. Da die Verwaltung und die Verpachtung als Fortführung gelten, schmilzt die Erbschaftsteuer dann pro Jahr um ein Fünftel bzw. ein Siebtel ab. Wird die Apotheke z.B. nach einem Jahr verkauft, müssen nachträglich noch vier Fünftel oder sechs Siebtel der Erbschaftsteuer gezahlt werden.

Was kann im Testament geregelt werden?

Einen „Ausweg“ aus der gesetzlichen Erbfolgeregelung bietet ein Testament. Dabei gilt: Das Testament kann immer nur den gesamten Nachlass regeln. Es ist also nicht möglich, ein Testament lediglich für einzelne Nachlassgegenstände zu verfassen.

Der Apothekeninhaber kann nun im Testament bestimmen, dass z.B. nur der Ehepartner oder nur die Kinder oder auch nur ein Kind erben. Wird allerdings ein gesetzlicher Erbe nicht berücksichtigt, steht diesem sein gesetzlicher Pflichtteil in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils zu. Wird im Musterfall z.B. ein Kind nicht berücksichtigt, hat es gegen die anderen Erben (Ehepartner und Geschwisterkind) einen monetären Anspruch in Höhe von einem Achtel des Nachlasswertes.

Wird nur ein Erbe als Alleinerbe bestimmt, können die anderen erbberechtigen Personen als Vermächtnisnehmer bedacht werden – also explizit bestimmte Teile des Nachlasses erhalten, ohne Erben zu werden. So lässt sich das Vermögen unter den Erben verteilen, ohne dass eine Erbengemeinschaft mit allen ihren Nachteilen entsteht.

Ist ausnahmsweise eine Erbengemeinschaft sinnvoll, können und müssen im Testament Regelungen getroffen werden, wie diese gegebenenfalls aufzulösen ist („Teilungsanordnung“).

Woran ist noch zu denken?

Wird ein Testament verfasst, muss geregelt werden, wie die übrigen Vermögenswerte unter den Erben zu verteilen sind und auf welchem Wege das erfolgt. Im Sinne des Familienfriedens sind dafür klare und gültige Regelungen und eine gewisse Verteilungsgerechtigkeit vonnöten.

Aber machen Sie sich keine Illusionen: Eine exakte Verteilungsgerechtigkeit lässt sich nie erzielen. Werden z.B. die Apotheke, eine Immobilie, ein Aktiendepot und ein Kontoguthaben unter den Erben verteilt, beinhalten diese Vermögenswerte unterschiedliche Chancen und Risiken.

Auch ist an die Versorgung des Ehepartners (oder besonders bedürftiger Kinder) zu denken und eine steuerlich optimierte Nachfolgegestaltung anzustreben. Sollen einzelne Nachkommen indes nichts bekommen, muss das – natürlich unter Berücksichtigung der Pflichtteilsregelungen – ebenfalls festgehalten werden.

Steht noch nicht fest, ob eines der Kinder Apotheker wird, lässt sich im Testament absichern, dass die Apotheke solange in Familienhand bleibt, bis eine Entscheidung darüber getroffen ist. Dann – aber auch grundsätzlich bei jüngeren Kindern und komplexen Vermögensverhältnissen – ist es ratsam, den Erben einen Testamentsvollstrecker zur Seite zu stellen, dem in gewissem Umfang auch Entscheidungen übertragen werden können.

In der Regel ist es empfehlenswert, ein gemeinsames Testament mit dem Ehepartner zu verfassen. Dort wird geregelt, was geschieht, wenn beide entweder gemeinsam oder nacheinander versterben. Für letztgenannten Fall sollte dem überlebenden Ehegatten immer das Recht eingeräumt werden, die Regelungen bezüglich der Kinder zu ändern: Ansonsten kann er die ursprünglich getroffene Nachfolgeregelung auch dann nicht mehr anpassen, wenn es z.B. aus persönlichen oder wirtschaftlichen Gründen angezeigt wäre, nur ein Kind zu bedenken.

Um wirksam zu sein, muss ein Testament handschriftlich geschrieben sowie unterschrieben sein. Eine notarielle Beurkundung ist nicht erforderlich. Zudem sollte es bei einer Vertrauensperson (z.B. dem Testamentsvollstrecker) oder öffentlich hinterlegt werden.

Wenn sich dann die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse ändern, kann das Testament leicht neu verfasst werden. Das sollte man alle drei bis fünf Jahre überprüfen.

Entscheidend ist: Ein ausgewogenes wirtschaftliches und steuerlich optimiertes Nachfolgekonzept muss rechtlich richtig, klar und einfach umgesetzt werden, um den Familienfrieden zu wahren, unnötige Kosten zu vermeiden und das Vermögen (inklusive der Apotheke) zu sichern.

Auch wenn sich im Testament weder alle zukünftigen Entwicklungen regeln noch eine exakte Verteilungsgerechtigkeit erzielen lassen, gilt: Das Testament führt in der Regel zu deutlich besseren Ergebnissen als die gesetzliche Erbfolge. Ihre Erben werden es Ihnen danken!

Ausblick

In Teil 2 erfahren Sie, wie mit der Apotheke zu verfahren ist, wenn es mehrere Erben gibt.

Service

Wer mehr zum Thema wissen möchten, sei auf den Vortrag „Familieninterne Apothekenübergabe – Vererben & Verschenken“ verwiesen, den Dr. Markus Rohner am 14. Juli 2021 im Rahmen der vom AWA in Kooperation mit dem Filialapotheken-Magazin „Eins&Drei“ und der RST Beratung veranstalteten Online-Seminarreihe „Inhaberwechsel gezielt vorbereiten“ gehalten hat. Die Aufzeichnungen aller drei Online-Seminare können Sie sich als AWA-Abonnenten noch bis zum 31. Oktober 2021 kostenlos auf der Akademie des Deutschen Apotheker Verlags anschauen.

Dr. Markus Rohner, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht RST Dr. Rohner & Partner mbB, 45128 Essen, E-Mail: mrohner@rst-beratung.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2021; 46(14):14-14