„Weißt Du, wie das wird?“

Blick zurück nach vorn


Dr. Michael Brysch

„Zu neuen Taten!“ Der Vergleich mit Siegfried, jenem Drachentöter, der auszog, um die Welt zu erkunden, hinkt zwar stark – allein weil mein Bizeps nicht mit seinem mithalten kann. Aber dieses Zitat aus Richard Wagners „Götterdämmerung“ bietet sich nun mal an, um die Frage zu beantworten, die Sie sich vielleicht gerade stellen: Warum Sie hier ausnahmsweise nicht „Herzogs letzte Seite“ lesen?

Ja, mich zieht es zu ganz anderen „neuen Taten“, sodass dies meine letzte Seite für Sie sein wird – die ich einerseits mit einem lachenden Auge schreibe, weil ich mich auf das, was mich erwartet, naturgemäß freue. Andererseits schreibe ich sie auch mit einem weinenden Auge. Denn es hat mir viel Freude gemacht, Sie auf rund 2.000 Seiten durch die Irrungen und Wirrungen des apothekerlichen Unternehmertums begleiten zu dürfen. Dafür, dass Sie sich von mir haben begleiten lassen, bedanke ich mich ganz herzlich bei Ihnen!

Ganz herzlich bedanken möchte ich mich auch bei allen, die mich während der vergangenen vier Jahre tatkräftig unterstützt haben. Zunächst sind da die Geschäftsführer unseres Verlags – Dr. Christian Rotta, Dr. Benjamin Wessinger und André Caro –, die mir die AWA-Bühne anvertraut haben, um sie völlig frei zu bespielen und weiterzuentwickeln. Dann sind da diejenigen, die dafür sorgen, dass auch im Hintergrund all das reibungslos abläuft, was nach außen sichtbar wird – vor allem meine Assistentin Birthe Bode sowie Saskia Heller aus der Produktion und Dr. Patrick Hirt aus dem Marketing. Außerdem sind da meine Kolleginnen und Kollegen von der DAZ und von DAZ.online, die bei fachlichen und anderen Fragen immer ein offenes Ohr für mich hatten.

Und schließlich sind da alle Autorinnen und Autoren mit ihren ständig neuen Ideen und ihrer Expertise. Stellvertretend für sie möchte ich Professor Dr. Reinhard Herzog danken – nicht nur für seine analytisch auf den Punkt gebrachten, praxisrelevanten und dabei stets geistreich-unterhaltsamen Beiträge, sondern auch dafür, dass er mir als Herausgeber jederzeit ebenso eng wie konstruktiv zur Seite stand. Weil er dem AWA erhalten bleibt, weiß ich Sie, liebe Leserinnen und Leser, für die Zukunft in den besten Händen!

Denn diese Zukunft bringt einige Ungewissheiten mit sich – nicht nur durch das E-Rezept. Yuval Noah Harari etwa entwirft in seinem Buch „Homo deus“ ein Szenario, in dem Algorithmen Apotheker aus Fleisch und Blut überflüssig machen könnten: So habe ein Roboter-Apotheker in San Francisco schon vor einiger Zeit innerhalb eines Jahres zwei Mio. Rezepte komplett fehlerfrei „bedient“ – was seinen menschlichen Pendants in 1,7% der Fälle nicht gelinge. Auch in Sachen Empathie könnten die Algorithmen mehr als mithalten, da sie es vermöchten, Gefühlszustände mit der gleichen Genauigkeit wie körperliche Gebrechen festzustellen – und emotional passgenau zu reagieren.

Harari betont selbst, dass dies nur ein „mögliches“ Szenario sei. Das heißt: Wir alle können dazu beitragen, die Dinge in eine wünschenswerte Richtung zu lenken. Dass sich der Berufsstand dabei aber den gesellschaftlichen Entwicklungen nicht verschließen darf, sollte klar sein. Es gilt, den Wandel mitzugestalten – und nicht krampfhaft an allem festzuhalten, was mal funktioniert hat. Denn ansonsten ist der Innovationsstau eines Tages so groß, dass sich das ganze System selbst überflüssig macht.

Wenn man allerdings sieht, was viele von Ihnen während der Coronakrise quasi über Nacht auf die Beine gestellt haben, darf man wohl guten Mutes sein – und sogar darauf hoffen, dass sich ein paar neue (vielleicht auch weibliche?) Gesichter für die Standespolitik finden, die den Funktionären von Ärzteschaft, Krankenkassen und Co. in Sachen Visionen, Eloquenz, Durchsetzungskraft sowie manchmal auch Charme das Wasser reichen können.

„Weißt Du, wie das wird?“, fragen die schicksalspinnenden Nornen zu Beginn der „Götterdämmerung“. Eine wirkliche Antwort bleiben sie schuldig. Nachdem aber das Musikdrama seinen Lauf genommen hat und die Welt nach der Katastrophe im wahrsten Sinne des Wortes r(h)eingewaschen worden ist, verheißen die letzten Töne Hoffnung. Der Vergleich mit Corona mag zwar weit hergeholt sein: Aber vielleicht wirkt die Krise ja doch in mancher Hinsicht als eine Art Katharsis, weil sie auch zeigt, worauf es wirklich ankommt. Sind wir also optimistisch, dass es spätestens dann, wenn wir wieder ohne Angst vor SARS-CoV-2 eng nebeneinander in der „Götterdämmerung“ sitzen dürfen, gut wird!

Dr. Michael Brysch, Apotheker und Diplom-Kaufmann, Chefredakteur AWA, E-Mail: awa@dav-medien.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2021; 46(16):19-19