Flutkatastrophe in Deutschland

So hilft der Fiskus


Helmut Lehr

Das verheerende Hochwasser im Juli hat zahlreiche Bürger schwer getroffen, insbesondere im (Süd-)Westen des Landes. Für steuerliche Erleichterungen – auch bei Helfern bzw. Spendern –sorgen jetzt die Katastrophenerlasse und weitere Verwaltungsanweisungen.

In den letzten Jahren haben Unwetterereignisse in Deutschland immer wieder starke Schäden verursacht. Durch das Hochwasser im Juli wurden einige Regionen aber in ganz besonderem Maße verwüstet. Um die entstandenen materiellen Schäden zumindest etwas abzumildern, gewährt der Fiskus in solchen bzw. ähnlichen Fällen besondere Billigkeitsmaßnahmen, die zeitnah durch sogenannte Katastrophenerlasse bekannt gegeben werden.

Die Regelungen waren in den letzten Jahren meist sehr ähnlich und reichen von Stundungen, Erlassen, Sonderabschreibungen und herabgesetzten Vorauszahlungen bis hin zu Erleichterungen bei Spendennachweisen etc. (vgl. ausführlich AWA 19/2018).

Hinweis: Nach dem Juli-Hochwasser sind die Katastrophenerlasse mittlerweile wieder in Kraft getreten (vgl. Finanzministerium Nordrhein-Westfalen, Pressemitteilung vom 16.07.2021, und Finanzministerium Rheinland-Pfalz, Schreiben vom 16.07.2021, Aktenzeichen: S 1915#2018/0001-0401 447).

Besondere Regelungen zur Umsatzsteuer

Wegen des enormen Ausmaßes der Schäden und der großen Hilfsbereitschaft in der gesamten Republik wurden die „üblichen“ Erleichterungenausgeweitet. So gibt es nun auch eine Verwaltungsanweisung speziell zur Umsatzsteuer, die zumindest steuerliche Nachteile vermeiden soll (Bundesfinanzministerium, Schreiben vom 23.07.2021, Aktenzeichen: III C 2 – S 7030/21/10008 :001).

Unentgeltliche Beherbergung

Wenn private Unternehmen – insbesondere Hotels, aber auch Vermieter von Ferienwohnungen – Flutopfern oder Helfern unentgeltlich Wohnraum überlassen, hat das, zunächst bis Jahresende, keine nachteiligen umsatzsteuerlichen Folgen. Ohne diese Billigkeitsregelung könnte es nämlich sein, dass die Vermieter eine „unentgeltliche Wertabgabe“ zusätzlich versteuern müssten, wenn sie zuvor den Vorsteuerabzug für das Mietobjekt geltend gemacht haben.

Hinweis: In diesen Fällen ist der Vorsteuerabzug aus den laufenden (Neben-)Kosten wie für Strom, Wasser etc. weiterhin möglich.

Unentgeltliche Personalgestellung

Wer als Unternehmer Mitarbeiter abstellt, die im Katastrophengebiet helfen, muss ebenfalls keine zusätzliche Umsatzsteuer für diese „unentgeltliche Wertabgabe“ zahlen.

Sachspenden

Bei unentgeltlichen Zuwendungen aus einem Unternehmen, die im Zeitraum vom 15. Juli bis zum 31. Oktober 2021 erfolgen, verzichtet der Fiskus aus Billigkeitsgründen ebenfalls darauf, die Umsatzsteuer zu erheben, obwohl dies im Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist. Allerdings muss es sich bei diesen Zuwendungen um folgende Gegenstände handeln:

  • Lebensmittel bzw. Tierfutter,
  • Güter des täglichen Bedarfs (insbesondere Hygieneartikel, Reinigungsmittel, Kleidung, Geschirr sowie medizinische Produkte) oder
  • Wirtschaftsgüter, die zur unmittelbaren Bewältigung des Unwetterereignisses „sachdienlich“ sind (z.B. Pumpen, Werkzeuge und Maschinen).

Außerdem müssen die Sachspenden unmittelbar den Menschen zugutekommen, die von der Flutkatastrophe betroffen sind.

Hinweis: Da Hygieneartikel und medizinische Produkte ausdrücklich genannt sind, könnten Sie auch Teile des freiverkäuflichen Apothekensortiments (zumindest) ohne umsatzsteuerliche Nachteile spenden.

Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung

Wer selbst unmittelbar von der Flut getroffen wurde, kann neben den ertragsteuerlichen Erleichterungen – wie einer Stundung oder einer Herabsetzung der Vorauszahlungen – auch eine Herabsetzung der Sondervorauszahlung zur Umsatzsteuer beantragen. Die Sondervorauszahlung wird grundsätzlich im Zusammenhang mit einer Dauerfristverlängerung für die Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldungen („Ein Monat mehr Zeit“) erhoben.

Hinweis: Das Bundesfinanzministerium hat nun ausdrücklich klargestellt, dass die Dauerfristverlängerung auch bei einer Herabsetzung der Sondervorauszahlung bestehen bleibt!

Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung

Wenn Sie in einer der betroffenen Regionen eine Wohnung vermieten, die beschädigt bzw. ganz oder teilweise zerstört wurde, können Sie für den Wiederaufbau Sonderabschreibungen geltend machen. Insoweit gelten die gleichen Regelungen wie für den Wiederaufbau von zerstörten Betriebsgebäuden.

Bei den Vermietungseinkünften werden Aufwendungen für die Beseitigung von Schäden am Gebäude und Grundstück ohne nähere Prüfung als sofort abziehbarer Erhaltungsaufwand behandelt, wenn sie den Betrag von 70.000 € nicht übersteigen. Dies gilt allerdings nur, soweit die Kosten nicht durch Entschädigungen gedeckt sind. Sind die Aufwendungen höher, können sie gleichmäßig auf zwei bis fünf Jahre verteilt werden.

Abschließender Hinweis: Wer selbst unmittelbar und schwer getroffen wurde, sollte die besonderen Umstände – sobald es möglich ist – auch ausführlich mit dem steuerlichen Berater besprechen. Hier dürfte es sich anbieten, parallel gleich eine ganze Reihe von Billigkeitsmaßnahmen auf den Weg zu bringen. Sofern die Buchhaltungsunterlagen etc. beschädigt oder vernichtet wurden, sollen die Finanzämter nichts festsetzen, was nachteilige Folgen für die Betroffenen hat – auch das wurde ausdrücklich verfügt!

Helmut Lehr, Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater, 55437 Appenheim

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2021; 46(16):16-16