„Hilfe, was ziehe ich als Chef denn eigentlich an?“

Wie Sie als „Primus inter pares“ auftreten


Ursula Diel

Führung findet nicht nur verbal statt, unsere äußere Wirkung und unser Auftreten sind ein wesentlicher Teil davon. Das gilt umso mehr für Menschen, die sich an exponierter Stelle befinden, Personal führen oder Kundenkontakt haben. Als Apothekenchef vereinen Sie dies alles.

„Man kann nicht nicht kommunizieren.“ Dieser Satz stammt vom österreich-amerikanischen Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick. Und er trifft zu: Innerhalb von Sekunden hinterlassen wir einen Eindruck – ob wir es beabsichtigen oder nicht. Wir senden Signale mit

  • unserer Mimik,
  • unserer Gestik,
  • unserer Stimme sowie
  • der Auswahl und dem Zustand unserer Garderobe.

Die schlechte Nachricht: Das alles können Sie nicht verhindern. Die gute Nachricht: Sie können es aber für sich und den Erfolg Ihrer Apotheke nutzen.

Willkommen im Rampenlicht!

Ist Ihre Apotheke womöglich schon seit Generationen gut geführt und am Ort fest etabliert? Sind Sie bei Ihren Mitarbeitern und Kunden gleichermaßen bekannt wie anerkannt? Und tragen alle Ihre Beschäftigten mit großer Selbstverständlichkeit und aus Überzeugung den gemeinsam verabredeten Farb- und Dresscode, der sie als stolzen Teil eines großartigen Teams zu erkennen gibt? Dann heißt es zwar zunächst einmal: Herzlichen Glückwunsch! Dennoch gilt es, diesen Status quo zu festigen – was Sie unbedingt tun sollten.

Denn selbst wenn Sie in Ihrer Rolle als Apothekenleitung etabliert sind und fest im Sattel sitzen, müssen Sie in Ihrer Führungsposition auch eine Vorbildfunktion haben. Das bedeutet, dass Sie die Kleiderordnung, die Sie Ihren Mitstreitern auferlegen, selbst ebenso einhalten.

Hinzu kommt: Ihr entscheidender Vorteil gegenüber den reinen Versendern ist der persönliche Eindruck, den Ihr ganzes Team hinterlässt. Ihre Kunden profitieren vom unmittelbaren Gespräch und der diskret-individuellen Beratung bei Ihnen – und das ist in der Regel auch der Grund, warum sie sich für den Gang zu Ihnen, und nicht für den Klick im Internet entscheiden. Dabei repräsentiert zwar jedes Teammitglied die Kompetenz und Vertrauenswürdigkeit Ihrer Vor-Ort-Apotheke. Der Spruch „Der Fisch stinkt vom Kopf her“ ist jedoch in vielen Köpfen aus gutem Grund fest verankert. Denn wenn Sie selbst nicht das richtige Aushängeschild sind, kann Ihr Personal das in der Außenwirkung nur mühsam oder gar nicht kompensieren.

Ihr Auftritt entscheidet aber nicht nur darüber, welchen (vor allem ersten) Eindruck Ihre Apotheke nach außen hinterlässt. Er entscheidet auch darüber, wie Sie von Ihren Mitarbeitern wahrgenommen werden, insbesondere wenn

  • Sie eine Apotheke neu übernehmen,
  • neue Mitarbeiter an Bord kommen,
  • Ihr Personal im Durchschnitt älter und erfahrener ist als Sie selbst oder
  • Sie einen Filialverbund mit einer großen Mitarbeiterzahl leiten und nicht ständig in den einzelnen Filialen präsent sein können.

Gerade also, wenn Teile Ihrer Kundschaft oder Ihres Personals Sie entweder noch nie oder allenfalls sporadisch gesehen haben, kann es klug sein kann, dem ersten Eindruck ein wenig auf die Sprünge zu helfen.

Kleider machen Chefs

Manch einer will sich vielleicht nicht als Chef aufspielen. Fakt ist jedoch: Sie sind Chef! Und spätestens, wenn einmal unangenehme Entscheidungen getroffen oder unpopuläre Veränderungen mitgeteilt werden müssen, sind Sie es, der die Verantwortung trägt und sich durchzusetzen hat. Spätestens dann sind Sie dankbar, wenn Sie sich bereits in Ihrer Rolle eingerichtet haben. Bei allem Wunsch nach einer demokratischen Führung: Sobald es unangenehm wird, sind Sie froh, wenn man Ihr Wort nicht hinterfragt und Ihre Rolle als gesetzt ansieht.

Wie also schaffen Sie es, eindeutig und offensichtlich als Apothekeninhaber ausgemacht zu werden, ohne dass es zu gewollt, verkrampft oder gar aufgesetzt wirkt? Und natürlich ohne dass Ihr Personal oder Ihre Kunden denken, Ihr Ego hätte es nötig, dass Sie sich als Chef präsentieren?

Tatsächlich gibt es ein paar subtile Tricks und Methoden, mit denen Sie sich optisch ein wenig von Ihren Beschäftigten abheben können – und dabei dennoch den allgemein gültigen Dresscode einhalten.

Da sind zunächst einmal die Farben ...

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen kalten und warmen Farben:

  • Kalte Farben haben in der Regel einen blauen Unterton,
  • warme Farben einen höheren Gelb- oder Goldanteil.

Weiß, die Summe aller Farben, sowie die „Nicht-Farbe“ Schwarz werden vom menschlichen Auge ebenfalls als kalt empfunden.

Kalte Farben wirken sachlicher und kompetenter, warme Farben nahbarer. Wenn Sie also bei jedermann beliebt sind, jedoch bei harten Ansagen als Chef auch ernst genommen werden möchten, dann sollten Sie eher kalte Farben wählen.

Zu achten ist auch auf die Kombination von Farben: Durch kontrastreiche Outfits kommen wir dominanter rüber und ziehen die Blicke anderer stärker an – insbesondere wenn wir kontrastreiche Elemente in Gesichtsnähe tragen.

Dunkle Farben wirken formeller als helle: Je formeller also der Anlass und je höher Ihre Position, desto dunkler sollte Ihr Kostüm oder Ihr Anzug sein – das ist die Regel, die traditionell im Business gilt. Auch wenn „konservativere“ Dresscodes vielerorts zunehmend aufgeweicht werden, verfehlen sie noch immer ihre Wirkung nicht.

..., aber auch auf die Form kommt es an

Kantigere Schnitte setzen optisch Grenzen, wirken härter und durchsetzungsstärker. Runde Formen hingegen erscheinen weicher, an ihnen können sich andere – zumindest gefühlt – nicht weh tun. Verstärkt wird die Wirkung durch die Wahl der Materialien:

  • Matte Stoffe wirken wärmer,
  • glänzende Stoffe kühler,
  • fließende und flauschige Stoffe nahbarer,
  • festere und glatte Stoffe dynamischer.

Ganz in Weiß

Die weiße Farbe eines Kittels wirkt kühl, und sein gerader Schnitt repräsentiert konsequente Sachlichkeit, sodass allen, die ihn tragen, der Respekt der Kundschaft sicher ist. Tritt also Ihre gesamte Belegschaft (zumindest im Handverkauf) im Kittel auf, können Sie als Apothekenleitung natürlich ebenfalls auf dessen Wirkung setzen. Sofern Sie den Kittel aber zusätzlich mit kontrastreichen Accessoires wie Tuch oder Krawatte, Bluse oder Hemdkragen kombinieren, sorgen Sie für das „gewisse Etwas“, das Sie zum „Primus inter pares“ macht.

Und für den Fall, dass es Ihre Belegschaft gerne bequemer hat und dankbar ist, etwa im (Rundhals-)T- bzw. Sweatshirt, im Cardigan oder Pullover erscheinen zu dürfen, sodass Sie sich bewusst gegen den Kittel als Dresscode entscheiden (vgl. auch AWA 12/2021): Dann können Sie sich beispielsweise durch eine gut sitzende Bluse, ein Hemdblusenkleid oder eine lockere Kombination aus Stoffhose, Langarmhemd und Sakko dezent von Ihren Mitarbeitern abheben.

Weniger formell, jedoch immer noch „angezogen“, wirkt ein Poloshirt. Im Gegensatz zum Hemd oder der klassischen Bluse hat es in der Regel kurze Ärmel (beim Herrenhemd ansonsten stilistisch ein „No-Go“!), verfügt jedoch über einen etwas festeren Kragen sowie eine Knopfleiste.

Weibliche Chefs haben den Vorteil, dass sie durch geschicktes Make-up weitere Akzente setzen können. Ein perfekt geschminkter Mund kann den nötigen Kontrast zu einem vielleicht sonst etwas zu faden Outfit setzen, den Blick zum Gesicht lenken und bei der richtigen Farbwahl das ganze Gesicht zum Leuchten bringen.

Grundsätzlich sollten Sie Ihren eigenen Farb- und Figurtyp ebenfalls berücksichtigen. Mit den „richtigen“ Farben und Schnitten wirken Sie nicht nur kompetenter, sondern auch deutlich vitaler und attraktiver!

Ursula Diel, Vorstandsmitglied Deutsche-Knigge-Gesellschaft e.V., Geschäftsführerin StilStatement GmbH, 70174 Stuttgart, E-Mail: Ursula.Diel@stilstatement.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2021; 46(16):12-12