Was versteht man unter ...

Produktivität


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Von Zeit zu Zeit greifen wir Begriffe aus dem Wirtschaftsleben auf und versuchen, sie auf die Apotheken-Realität zu übertragen. Heute widmen wir uns der Produktivität, einer volkswirtschaftlich wichtigen Größe. Gibt es so etwas wie Produktivität auch in der Apotheke?

In der Volkswirtschaft versteht man unter Produktivität ein Produktionsergebnis (den Output einer Gütermenge) in Relation zu der an seiner Erstellung beteiligten Input-Menge. Auf eine ganze Volkswirtschaft bezogen wäre es das Verhältnis von Bruttoinlandsprodukt ("Wirtschaftsleistung") und den Einsatzmengen aller "Faktoren" (zu jeweiligen Preisen bewertet), die zu dessen Zustandekommen nötig waren.

Letztlich geht es also darum, ein (Produktions-)Ergebnis den Einsatzfaktoren gegenüberzustellen. Beispiele wären die produzierten Tabletten je Stunde in einer Pharmafabrik (= technische Produktivität) oder der Produktionswert je eingesetzten Euro Kapital (= Wertproduktivität). Damit ist aber noch nichts über eine Rentabilität oder Wirtschaftlichkeit ausgesagt. So kann man natürlich viel je Stunde produzieren (oder als Versender zum Beispiel viele Päckchen je Stunde packen) und trotzdem kräftig drauflegen.

Dennoch erkennt man insbesondere im Zeitverlauf, wie es um die zumindest operative Leistung (bei allem, was man auf Zeiteinheiten bezieht) bestellt ist.

Apothekenbezug

Welche Werte eignen sich nun für eine Apotheke, um deren "Produktivität" zu bestimmen? Schauen wir zuerst auf die Ergebnisseite. Waren im eigentlichen Sinn werden kaum selbst produziert (Rezepturen mal ausgenommen). Die entscheidende Ergebnisgröße ist vielmehr die Zahl der versorgten Kunden, verbunden mit dem damit einhergehenden Packungsabsatz. Die Bezugsgröße ist sinnvollerweise die Zeit. Doch welche Zeit?

Zuerst stechen die Öffnungsstunden (pro Monat, pro Jahr) ins Auge. Da sich diese aber meist kaum ändern, reduziert sich der Aussagewert de facto auf die durchgelaufenen Kunden an sich. Viel zielgenauer ist es daher, den tatsächlichen Zeiteinsatz heranzuziehen, und zwar in Form der effektiv abgeleisteten Arbeitsstunden. Die Faustregel lautet auf 1.700 bis 1.750 effektive Arbeitsstunden pro Jahr und 40-Stunden-Vollzeitstelle. Im jeweiligen Betrieb kann das spürbar anders aussehen. Eine Arbeitszeiterfassung liefert dann die notwendigen Daten.

Wie "produktiv" Ihre Apotheke ist, illustriert die Kennzahl "Kunden je effektive Arbeitsstunde". Das kann man auf den Gesamtbetrieb beziehen, einzelne Bereiche oder auf Mitarbeiter. Ergänzt wird das Bild durch die "Packungen je effektive Arbeitsstunde". Da Rezepte mehr Arbeit machen als Barverkäufe, kann man die verordneten Packungen noch höher gewichten, z.B. mit einem Faktor F von 2 bis 3. Die Abbildung fasst das Gesagte zusammen.

Überraschend mag der im Schnitt geringe Kundendurchsatz von etwa fünf Kunden je Stunde, z.T. noch weniger, sein. Im reinen Handverkauf werden gern doppelt oder gar dreifach höhere Werte erzielt. Rechnet man jedoch die Inhaber-Arbeitsleistung als Vollstelle und das Backoffice ein, resultieren diese nur vermeintlich "schwachen" Werte und im Gefolge der entsprechende Packungsdurchsatz je Stunde.

Ihren ganzen Aussagewert entfalten diese Kennzahlen im Zeitverlauf über Monate und Jahre hinweg. Sich immer weiter verschlechternde Werte rufen zur Ursachenforschung auf, denn meist leidet dann auch die Rentabilität.

Prof. Dr. Reinhard Herzog, Apotheker, 72076 Tübingen, E-Mail: Heilpharm.andmore@t-online.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2021; 46(18):6-6