Zeit für einen Chill-out?

Tipps und Tricks für den Umgang mit Stress


Esther Stollenwerk

Noch vor 50 Jahren kannte den Begriff "Stress" kaum jemand. Heute aber gehört er zu den meist verwendeten Wörtern in unserem Alltag. Und das, was sich dahinter verbirgt, zählt zu den größten gesundheitlichen Risikofaktoren. Was also können wir gegen Stress tun?

So viel vorab: Wenn Sie diesen Beitrag lesen, wird das nicht dazu führen, dass Sie anschließend nie wieder Stress haben. Denn dafür sind wir tagtäglich – beruflich wie privat – zu vielen Dingen ausgesetzt, die uns Stress bereiten. Es soll auch nicht darum gehen, jegliche Anstrengung zu vermeiden und ein möglichst "belastungsarmes" Leben zu führen.

Vielmehr wollen wir uns mit der Frage beschäftigen, wie Sie auf gesunde Art und Weise mit den tagtäglichen Anforderungen umgehen können. Glücklicherweise gibt es drei sehr wirkungsvolle Ansätze, mit denen Sie Stress entweder reduzieren oder vorbeugen können.

1. Etwas an der Situation verändern

Häufiger als wir denken, haben wir es selbst in der Hand, Stress zu vermeiden. Dazu ist es im ersten Schritt hilfreich, genau hinzuschauen, wann wir in Stress geraten. Versuchen Sie doch einmal, Ihrem eigenen Stress auf die Spur zu kommen, und beobachten Sie sich einen Tag lang sehr genau bei Ihrer Arbeit in der Apotheke:

  • In welchen typischen Situationen geraten Sie hier in Stress?
  • Und wie reagieren Sie in diesen Situationen?

Die Antworten ermöglichen es Ihnen, die stressauslösenden Situationen frühzeitig wahrzunehmen, um dann etwas dagegen zu tun. Vielleicht erkennen Sie in Ihrer persönlichen Stressanalyse, dass Sie unter Stress geraten, weil

  • Sie schlecht "Nein!" sagen können,
  • immer alles zu 150% erledigen wollen,
  • Ihr Zeitmanagement noch nicht optimal ist, oder
  • Ihnen noch eine soziale oder fachliche Kompetenz fehlt?

All das sind "Stressoren", die Sie so beeinflussen können, dass der Stress reduziert wird oder gar nicht erst entsteht. Gelingen kann das etwa, indem Sie

  • sich regelmäßig bewusst die Zeit nehmen, um in sich hineinzuspüren, Ihre eigenen Bedürfnisse zu erkennen und diesen nachzugehen,
  • sich selbst auch mal einen Fehler erlauben, und anderen nicht immer alles recht machen wollen,
  • Ihre fachliche Kompetenz erweitern (z.B. durch Information, Fortbildung oder kollegialen Austausch),
  • Ihr Selbstmanagement durch eine realistische Zeitplanung mit ausreichend Puffer und Pausen, durch das Setzen von Prioritäten ("Was ist wirklich wichtig?") sowie durch Delegation verbessern, und
  • möglicherweise externe Hilfe in Anspruch nehmen.

Natürlich lassen sich nicht alle Belastungen auf diese Weise abbauen. Denn Sie sind in Ihrem Job und privat Situationen ausgesetzt, die sich nicht verändern lassen und auf die Sie keinen (direkten) Einfluss nehmen können. Doch es gibt auch Möglichkeiten, damit umzugehen.

2. Einstellung und Bewertungsmuster verändern

Den wohl größten Stellhebel, den wir haben, mit Stress umzugehen, sind wir selbst. Denn Stress entsteht zu einem erheblichen Teil in unseren Köpfen – nämlich dadurch, wie wir die Anforderungen, die an uns gestellt werden, und uns selbst bzw. unsere eigenen Kompetenzen bewerten. Durch welche Brille nehmen wir also die Dinge wahr? Neigen wir z.B. eher dazu,

  • negative und bedrohliche Aspekte, Risiken sowie die eigenen Defizite oder aber
  • positive Aspekte, Chancen und die eigenen Stärken zu sehen?

Hierzu ein aktuelles Beispiel: Die Pflicht, Ihre Apotheke startklar für die flächendeckende Einführung des E-Rezepts zu machen. Diese Pflicht könnten Sie als bedrohlich wahrnehmen und sich selbst unter Stress setzen, indem Sie denken: "Wenn das nur gut geht. Ich hoffe, dass es mir gelingt, alle notwendigen Prozesse zu berücksichtigen und auch mein Team entsprechend zu motivieren! Ich darf jetzt auf keinen Fall versagen!"

Oder aber, Sie sehen diese Pflicht als willkommene Herausforderung und freuen sich darauf: "Endlich mal wieder eine herausfordernde Aufgabe. Ich weiß, dass ich das mit meinem Team schaffe, denn wir haben in der Vergangenheit schon ganz andere Situationen gemeistert! Und wenn wir allein nicht weiterkommen, suchen wir uns halt Unterstützung!"

Ein und dieselbe Situation kann also aufgrund der eigenen Haltung und Bewertung entweder zu einer negativen oder zu einer positiven Reaktion führen. Insofern sollten Sie sich zunächst bewusst werden, was Ihre eigenen Einstellungen bzw. Bewertungen sind – und insbesondere Ihre persönlichen "Stressverstärker" erkennen. Das können z.B. Gedanken sein wie

  • "Ich muss perfekt sein!"
  • "Ich muss das allein schaffen!"
  • "Ich darf keine Fehler machen!" oder
  • "Ich möchte es allen recht machen!"

Diese "Stressverstärker" gilt es dann, durch positives Umdenken bzw. stressmindernde Gedanken, die sogenannten "Erlauber", zu ersetzen. Das könnten z.B. sein:

  • "Ich vertraue mir und meinen Fähigkeiten!"
  • "Auch ich darf scheitern!"
  • "Ich bin okay so, wie ich bin!" oder
  • "Ich darf anecken!"

Natürlich gelingt dieses Umdenken nicht sofort, und es ist überdies nicht einfach, denn unsere Gedanken laufen fast automatisch fort und sind uns quasi in Fleisch und Blut übergegangen. Doch es lohnt sich, Zeit und Aufmerksamkeit in das Umdenken zu investieren: Sie werden dadurch gelassener durchs Leben gehen können – was wiederum zu mehr Gesundheit, Wohlbefinden und Zufriedenheit führt.

Was Sie außerdem noch tun können, um Ihre Einstellung und Ihre Bewertungsmuster zu verändern:

  • Überprüfen Sie perfektionistische Leistungsansprüche kritisch, und akzeptieren Sie Ihre eigenen Leistungsgrenzen.
  • Identifizieren Sie sich nicht so stark persönlich mit Ihren alltäglichen Aufgaben, und wahren Sie mehr innere Distanz.
  • Freuen Sie sich stärker über die positiven Dinge: Werden Sie sich bewusst, was Ihnen gelungen ist, und empfinden Sie Dankbarkeit dafür.
  • Versuchen Sie, keine festen Vorstellungen von anderen und Erwartungen an andere zu haben, sondern akzeptieren Sie die Realität.

3. Entspannen und sich erholen

Körperliche und seelische Stressreaktionen werden sich nie ganz verhindern lassen, auch wenn Sie sich an den beiden bereits vorgestellten Ansätzen orientieren. Um langfristig gesund zu bleiben und überschüssige, stressinduzierte Energie wieder abzubauen, ist es daher sehr wichtig, für einen guten körperlichen Ausgleich zu sorgen, sich also regelmäßig zu entspannen und zu erholen.

Hierzu ist es ratsam, gezielt eine Entspannungstechnik zu lernen. Nachweislich wirksam sind beispielsweise:

  • autogenes Training,
  • progressive Muskelentspannung,
  • Yoga,
  • Tai Chi oder
  • Qigong.

Die gute Nachricht zum Schluss: Die Fähigkeit, sich zu entspannen, bringen wir alle schon mit und können sie wie einen Muskel trainieren. Je öfter Sie also eine Entspannungstechnik praktizieren, desto schneller tritt die Entspannung ein – und desto länger hält sie auch an.

Tipp: Entsprechende Präventionskurse werden übrigens von den gesetzlichen Krankenkassen mit bis zu 80% bezuschusst!

"Soforthilfe" bei Stress

  • Suchen Sie sich einen ruhigen Platz.
  • Setzen Sie sich bequem hin.
  • Atmen Sie ein paar Mal kräftig ein und aus. Achten Sie dabei auf Folgendes:
  • Zählen Sie beim Einatmen bis drei (oder vier), halten Sie die Luft kurz an, und zählen Sie beim Ausatmen bis sechs (oder sieben).
  • Lassen Sie beim Ausatmen die Spannung aus Ihrem Körper weichen.
  • Wiederholen Sie die Übung drei bis fünf Minuten lang.

Esther Stollenwerk, Wirtschaftspsychologin (M.Sc.), Beraterin für betriebliches Gesundheitsmanagement, 50670 Köln, E-Mail: esther_stollenwerk@web.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2021; 46(18):14-14