Heute hier, morgen dort?

Welche Vorsorge-Möglichkeiten es gegen das Job-Hopping gibt


Thomas Schmidt

Die Suche nach neuen Mitarbeitern auf dem leergefegten Arbeitsmarkt ist aufwendig und oft erfolglos. Deshalb lohnt es sich, bewährte Kräfte an die Apotheke zu binden. Wie wenden Sie ein potenzielles Job-Hopping ab – gerade auch, indem Sie für Ihre Mitarbeiter vorsorgen?

Wie in anderen Branchen auch, versuchen Arbeitgeber auf dem Apothekenpersonalmarkt, Mitarbeiter von der Konkurrenz abzuwerben. Gerade die Industrie kann oft z.B. mit

  • höheren Löhnen,
  • familienfreundlicheren Arbeitszeiten oder
  • betrieblichen Kitas punkten.

Hinzu kommt: Wenn viele Arbeitskräfte durch ein höheres Einkommen abgeworben werden, kann das Lohnniveau in der jeweiligen Region schnell spürbar steigen – was natürlich Ihr Betriebsergebnis belastet, sofern Sie Ihre Bruttolöhne anpassen (müssen).

Außerdem bildet sich mit der Zeit womöglich eine Art "Söldnermentalität" bei den Angestellten heraus, sprich: sie fühlen sich nicht mehr stark an einen bestimmten Arbeitgeber gebunden, sondern werden wegen der vielen attraktiven Angebote geradezu zum Job-Hopping verführt. Was also können Sie tun, um neues Personal zu gewinnen und bewährte Mitarbeiter zu halten?

Die Macht der Familie

Zunächst lassen sich eine familiäre Atmosphäre und ein wertschätzendes Miteinander in Apotheken (als eher kleineren Betrieben) sicherlich leichter leben als in anonymen Großunternehmen. Das sollten Sie nutzen!

Fragen Sie dazu Ihre Angestellten regelmäßig sowohl in Vieraugengesprächen als auch in Teamsitzungen nach ihren Meinungen, Erwartungen, Wünschen und Verbesserungsvorschlägen. Das kann zum einen die Identifikation der Mitarbeiter mit der Apotheke stärken und zum anderen Ihnen selbst einige wertvolle Ideen für die Optimierung Ihrer Prozesse liefern.

Wenn es Ihnen überdies gelingt, ein gemeinsames Leitbild zu etablieren, das Sie regelmäßig kommunizieren und hinter dem alle Mitarbeiter stehen, bildet sich schnell eine verschworene Gemeinschaft. Alle ziehen dann an einem Strang und werden zu überzeugten Markenbotschaftern: Ihre Mitarbeiter tragen die eigene positive Überzeugung von der Apotheke an andere weiter und sorgen so für ein gutes Image nach außen. Das wiederum macht Sie auch für potenzielle Bewerber als Arbeitgeber attraktiv.

Übrigens: Der Zusammenhalt lässt sich zusätzlich (und sofern wieder möglich) durch Weihnachtsfeiern, Sommerfeste, Ausflüge und andere gemeinsame Veranstaltungen stärken (zu den steuerlichen Aspekten vgl. auch AWA 21/2018).

Darüber hinaus können Sie mit konkreten monetären Anreizen als attraktiver Arbeitgeber in Erscheinung treten. Dazu gehört nicht nur eine übertarifliche Bezahlung, sondern auch eine Nettolohnoptimierung. Was genau sich dahinter verbirgt, können Sie z.B. im AWA 19/2020 nachlesen. Hier aber gehen wir auf zwei weitere Anreize ein, nämlich auf

  • eine betriebliche Altersversorgung (bAV) und
  • eine betriebliche Krankenversicherung (bKV).

Gemeinsam alt werden

Bekanntermaßen haben Ihre Mitarbeiter einen Anspruch auf eine bAV (vgl. auch AWA 9/2019). Da Sie eine bAV-Lösung also sowieso anbieten müssen, sollten Sie sie nicht als notwendiges Übel betrachten, sondern vielmehr als Chance, Mitarbeiter zu binden – zumal das Ganze oft einen Motivationsschub auslöst und sich dadurch auch betriebswirtschaftlich rechnen kann.

Bei einer "bAV-Grundausstattung" nach dem Bundesrahmentarifvertrag bzw. dem Rahmentarifvertrag Nordrhein fallen für Sie monatlich zwischen 10,00 € und 27,50 € pro Mitarbeiter an. Es steht es Ihnen natürlich frei, diesen Sockelbeitrag zu erhöhen.

Tipp: Wer seine Mitarbeiter binden möchte, kann den Sockelbeitrag an die Dienstzeit koppeln. Je länger Ihnen Ihre Angestellten treu bleiben, umso stärker steigt die betriebliche Rente.

Gesund für die Gesundheit

Bei der bKV handelt es sich um eine Ergänzung zur gesetzlichen Krankenversicherung. Gerade in Apotheken, in denen sich (fast) alles um Gesundheit dreht, dürfte das auf eine positive Resonanz stoßen.

Mit einer bKV können Sie aber nicht nur Ihre Attraktivität als Arbeitgeber steigern, sondern z.B. oft auch die Ausfallzeiten nach schweren Erkrankungen verkürzen. Denn mit einer bKV bekommen die Beschäftigten in der Regel bessere Rehabilitationsmaßnahmen finanziert.

Grundsätzlich gibt es bei der bKV zwei Varianten:

  1. ein Baukastensystem mit klar definierten Zusatzleistungen (in der Regel Chefarztbehandlung und Einbettzimmer, Zahnbehandlung bzw. -ersatz im größeren Umfang sowie Krankentagegeld) und
  2. ein Potpourri aus Leistungen, die sich die Beschäftigten nach ihren eigenen Präferenzen heraussuchen.

Bei der Potpourri-Lösung gibt es weitere Optionen für Zusatzleistungen, die im Rahmen eines Baukastensystems nicht angeboten werden, wie z.B. Hörgeräte, Brillen, Heil- und Hilfsmittel, Zahnreinigungen, Akkupunktur sowie Heilpraktiker-, Physiotherapeuten- oder Osteopathenleistungen.

Außerdem sinnvoll, weil sich die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherungen während der letzten Jahre stark verändert haben: In die Potpourri-Lösungen lassen sich auch Vorsorgeuntersuchungen aufnehmen, wie etwa Krebs- und augenärztliche Vorsorgeuntersuchungen (z.B. auf ein Glaukom), urologische Ultraschalluntersuchungen oder vorgezogene Gesundheits-Checks.

Bei einem Baukastensystem zahlen die Versicherer unabhängig von den anfallenden Kosten für die vereinbarten Leistungen. Anders verhält es sich bei der Potpourri-Lösung: Hier legen Sie als Arbeitgeber ein jährliches Gesamtbudget fest, das Sie pro Mitarbeiter versichern lassen möchten. Die Mitarbeiter können dieses Gesamtbudget dann über alle vereinbarten Leistungen hinweg ausschöpfen. Alles, was darüber hinausgeht, müssen sie allerdings aus eigener Tasche bezahlen.

Die untere Grenze für ein solches Gesamtbudget liegt je nach Versicherer bei 250 € bis 300 €, die obere bei 1.200 € bis 1.500 €. Wie hoch Ihr jeweiliger Beitrag ist, berechnen die Versicherer über die Anzahl bzw. den Gesundheitszustand Ihrer Mitarbeiter. Es empfiehlt sich dementsprechend, verschiedene Anbieter zu vergleichen.

Übrigens: Erfahrungsgemäß entfaltet eine Potpourri-Lösung samt Vorsorgeuntersuchungen bei den Mitarbeitern eine nachhaltigere Bindungswirkung als ein Baukastensystem.

Achtung: Wenn Sie sich einmal entschieden haben, eine bKV einzuführen, müssen Sie mit einem permanenten finanziellen Mehraufwand rechnen. Denn die Vorteile und der hohe Erinnerungswert machen es so gut wie unmöglich, dieses Angebot an Ihre Mitarbeiter später einmal zurückzunehmen, ohne dass sich die positiven Ausstrahlungseffekte ins Gegenteil verkehren.

Aber: Die Kosten für die bKV sind als Betriebsausgaben von der Steuer absetzbar.

Geld ist nicht alles

Unabhängig davon, für welche Mitarbeiterbindungsmaßnahmen Sie sich letzten Endes entscheiden: Es kommt stets auch darauf an, dass Sie diese klar und transparent kommunizieren. Mitarbeiter wollen mit auf die Reise genommen werden und verstehen, warum etwas geändert wird – auch wenn die Änderung zu ihren Gunsten ausfällt.

Vergessen Sie bei allen monetären Anreizen aber nie, Ihren Mitarbeitern regelmäßig Ihre persönliche Wertschätzung zu zeigen. Denn für diese Art der (emotionalen) Entlohnung sind viele Menschen bereit, auf ein höheres Gehalt zu verzichten. Und Sie selbst kostet das nicht viel: Immer wieder mal fünf Minuten Ihrer Zeit und gelegentlich einen Blumenstrauß.

Thomas Schmidt, Versicherungskaufmann, bAV- und Renten-Experte, Conto Business Service GmbH, 14469 Potsdam, E-Mail: office@conto.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2021; 46(18):12-12