Bevor der Umzugswagen vor der Türe steht

Woran Sie beim Standortwechsel denken sollten


Joachim Ullrich

Ein Ärztehaus in Ihrer Umgebung wird dicht machen, und dann soll auch noch eine Haltestelle verlegt werden. Somit ist Ihre Entscheidung gefallen: Sie ziehen mit Ihrer Apotheke um! Dabei gibt es natürlich einiges zu beachten. Was sollten Sie auf keinen Fall vergessen?

Bei einem Apothekenumzug müssen wir zunächst zwischen zwei Szenarien unterscheiden:

  • Szenario 1: Sie ziehen ohne Ihre bisherige Einrichtung an einen anderen Standort und wollen dort eine neue Einrichtung einbauen.
  • Szenario 2: Sie ziehen mit Ihrer gesamten Einrichtung um, die dann an die neuen Räumlichkeiten angepasst wer-den muss.

Nur wenn das Gesagte nicht für beide Szenarien gilt, verweisen wir nachfolgend auf das entsprechende Szenario. Nun aber in medias res: Welche Aspekte sollten Sie beim Standortwechsel berücksichtigen?

Das Personal

Keine Apotheke funktioniert ohne Personal. Holen Sie Ihre Mitarbeiter daher so früh wie möglich durch eine geeignete Kommunikation mit ins Boot. Zum einen ersticken Sie damit alle Spekulationen über den Umzugsgrund im Keim. Und zum anderen müssen die Mitarbeiter sowieso schon rein rechtlich mit der Veränderung einverstanden sein, sprich: Sie sind spätestens vier Wochen, bevor der Umzug stattfindet, zu informieren – und können auch widersprechen.

Dieser Widerspruch muss schriftlich erfolgen. Für alles Weitere sieht das Arbeitsrecht verschiedene Lösungen vor – vom Aufhebungsvertrag über die Abfindung bis hin zur betriebsbedingten Kündigung.

In der Praxis kommt solch ein Widerspruch zwar eher selten vor. Er kann Sie aber, wenn er tatsächlich erfolgt, vor erhebliche Probleme stellen – nicht zuletzt, weil er das Betriebsklima belastet, die Stimmung verschlechtert und den Umzugsstress erhöht.

Übrigens: Wenn Sie für den neuen Standort noch zusätzliches Personal benötigen, sollten Sie rechtzeitig mit der Suche beginnen – am besten gleich, nachdem Sie Ihre Mitarbeiter über den Umzug informiert haben.

Das Konzept

Die Planung bildet den Grundstein für den reibungslosen Ablauf eines jeden Umzugs. Empfehlenswert ist es immer, einen Architekten oder einen Einrichter entweder zumindest einzubeziehen oder damit zu beauftragen, ein Konzept für den neuen Standort zu entwerfen.

In Szenario 1 ist das etwas einfacher, weil sich die neue Einrichtung optimal nach den Räumlichkeiten auswählen lässt. Schwieriger ist es hingegen in Szenario 2, denn Sie müssen hier eine gebrauchte Einrichtung an die neuen Räumlichkeiten anpassen. Somit ist ein Einrichter oder ein Schreiner gefordert, Teile zu verändern oder zu ergänzen. Am Ende kommt es darauf an, dass die Einrichtung sowohl Ihnen als auch Ihrem Team gefällt und von den Kunden ebenfalls angenommen wird.

Der dahinter stehende Planungsprozess erfordert es auch, dass Sie sich abstimmen und Kompromisse finden. Das Ganze ist ziemlich zeitintensiv – was oftmals leider unterschätzt wird.

Die Behörden

Vor dem Umzug müssen Sie dem Pharmazierat bzw. Amtsapotheker den Plan der Apotheke am neuen Standort zur Prüfung zukommen lassen und eventuelle Änderungswünsche umsetzen. Wurde Ihr Plan genehmigt, gilt es, mit der Behörde abzustimmen,

  • ob gleich nach dem Umzug eine Abnahme erfolgen muss,
  • oder ob es ausreicht, wenn die Apotheke am neuen Standort erst bei der nächsten Revision begutachtet wird.

Wichtig: Achten Sie darauf, dass Sie eine schriftliche Antwort der Behörde erhalten!

Die Kontaktdaten

Teilen Sie allen Geschäftspartnern unbedingt die neue Adresse mit – seien es Banken, Steuerberater, der Großhandel oder Ihre Direktlieferanten. Hier empfiehlt es sich, eine Liste zu erstellen, die nach der Wichtigkeit der Geschäftsbeziehung priorisiert.

In Sachen Adressänderung häufig vergessen werden leider gerne beispielsweise

  • die Homepage,
  • Hinweisschilder auf die Apotheke,
  • Werbeflyer sowie
  • Anzeigen in digitalen Medien.

Aber das ist nicht alles. Denken Sie überdies daran, auch die komplette Geschäftsausstattung (inklusive Briefpapier etc.) und diverse Stempel rechtzeitig umzustellen.

Ihre in der Regel seit vielen Jahren etablierte Telefonnummer sollten Sie an den neuen Standort mitnehmen, damit die Kunden hier nicht umlernen müssen. Je nach Telefonanbieter kann diese Mitnahme allerdings sehr zeitintensiv sein.

Prüfen Sie alle SEPA-Mandate, die Sie irgendwann einmal erteilt haben: Denn einige Geschäftspartner wollen, dass Sie ihnen ein neues Formular unterschreiben – während andere darauf verzichten, sofern sich Ihre Bankverbindung nicht geändert hat.

Ebenfalls prüfen sollten Sie Ihre von den Kunden unterschriebenen Datenschutzerklärungen. Denn wenn darin die Adresse der Apotheke genannt ist, müssen Sie sich die alten Erklärungen eventuell neu von den Kunden bestätigen lassen – je nach verwendetem Text.

Die Versicherungen

Das Thema Versicherungen haben viele Apothekeninhaber kaum oder gar nicht auf dem Radar, wenn es um eine Standortverlegung geht. Dabei können Fehler, die hier gemacht werden, leider sehr schnell sehr teuer oder sogar existenzbedrohend werden.

In Szenario 1 wird die neue Einrichtung deutlich mehr wert sein als die des alten Standortes. Aber auch in Szenario 2 ergibt sich durch Ergänzungen von einzelnen Teilen, Anpassungen etc. in der Regel ein höherer Versicherungswert als vorher. In beiden Fällen müssen folglich sowohl die Versicherungssumme für das Inventar als auch die Beiträge angepasst werden. Wenn das unterbleibt, kann es im Schadensfall dazu kommen, dass die Versicherung wegen einer Unterversicherung nicht (vollständig) zahlt.

Übrigens: In diesem Zusammenhang sollten Sie auch prüfen, wie und in welcher Höhe die Themen Elementarschäden und Betriebsunterbrechungen geregelt sind. Wie die jüngsten Wetterereignisse zeigen, liegt darin eine immer brisanter werdende Gefahr (vgl. ausführlich AWA 15/2021). Außerdem sollten Sie die Chance nutzen, um mögliche Doppelversicherungen zu überprüfen. Denn wenn ein Risiko bei mehreren Anbietern versichert ist, muss im Schadensfall eventuell gar keiner leisten. Hier ist also jeweils ein Gespräch mit Ihrem Versicherungsmakler zu empfehlen.

Die Warenwirtschaft

Die Warenwirtschaft ist in der Regel der letzte Baustein, den Sie an den neuen Standort umziehen. Daher empfiehlt es sich, Mitarbeiter Ihres Warenwirtschaftsanbieters am Umzugstag vor Ort einzubestellen, damit diese alles Notwendige durchführen können.

Um den Betrieb nicht zu lange unterbrechen zu müssen, fällt der Umzug in der Regel auf ein Wochenende. Gerade auch deswegen sollten Sie Ihrem Warenwirtschaftsanbieter den Termin frühzeitig mitteilen, damit er planen kann.

Sorgen Sie außerdem dafür, dass zusätzlich genügend Köpfe und Hände vorhanden sind. Denn die Demontage, der Transport und die (Neu-)Installation der Warenwirtschaft am neuen Standort sowie die Durchführung eines kompletten Funktionstests werden oft unterschätzt.

Weiterhin empfiehlt es sich zu klären, wer den Umzug aller elektrischen Zusatzgeräte (wie z.B. Drucker, Server, EC-Cash-Geräte oder Bildschirme) begleitet. In diesem Zusammenhang ist es sinnvoll, am Umzugstag auch auf einen Elektriker und eventuell einen IT-Fachmann zurückgreifen zu können. Nur wenn alle Geräte am neuen Standort wieder reibungslos funktionieren, ist der Umzug auch wirklich gelungen.

Die Einrichtung

In Szenario 1 ist die Einrichtung schnell an den neuen Standort umgezogen. Sie kann hier ohne Zeitdruck eingebaut werden und steht in der Regel schon am Umzugstag komplett zur Verfügung.

Komplizierter wird die Angelegenheit in Szenario 2. Hier ist eine perfekt aufeinander abgestimmte Ablaufplanung zwingend erforderlich, müssen doch verschiedene Handwerksbetriebe zusammenarbeiten.

Für die Mitarbeiter all dieser Betriebe sollten Sie einen verantwortlichen Ansprechpartner benennen, der auch immer auf der Baustelle anwesend ist und Entscheidungen treffen kann. Diese Aufgabe sollte allerdings kein Apotheker übernehmen, sondern ein fachkundiger Handwerker, Architekt oder Planer.

Dadurch, dass der Umzug in der Regel am Wochenende stattfindet, werden auch hier die Planung und die Verfügbarkeit von Ressourcen komplizierter. Und weil die Zeitspanne für den Umzug nur begrenzt ist, wirken sich Fehler oder Versäumnisse schnell schwerwiegend aus. Im Extremfall lässt sich zudem der Zeitplan nicht einhalten.

Das Warenlager

Vorneweg: Die Großhändler unterstützen ihre Kunden in der Regel gerne bei Umzugsprojekten – sowohl personell als auch mit Konzepten. Hier ist eine frühzeitige Planung ebenfalls sehr wichtig, da die Großhändler an einem Wochenende oft bei mehreren Umzügen helfen.

Die Frei- und Sichtwahl des neuen Standortes kann aus dem Übervorrat bestückt werden – oder Sie verzichten am alten Standort kurzzeitig auf diese Sortimente und beginnen schon ein oder zwei Tage früher mit dem Umzug. Das Generalalphabet muss dann am Umzugswochenende an den neuen Standort verbracht werden.

Tipp: Wer den Umzug etwas eleganter gestalten will, vereinbart mit seinem Großhändler eine komplette Neubestückung des neuen Standorts, zieht den Warenbestand des alten Standorts zeitnah um und retourniert dann die entsprechenden Überbestände.

Besprechen Sie die Konditionen, die Zahlungs- und die Retourenabwicklung im Vorfeld mit dem Großhandel. Dieser kann anschließend die Warenbestückung der Regale und der Schubsäulen oder des Kommissionierautomaten nach Ihren Vorgaben selbst durchführen. Sein Aufwand ist bei einer solchen Vorgehensweise zwar erhöht, Ihr eigener hingegen verringert sich – und Sie gewinnen zusätzlich Zeit.

Der Transport

In der Regel transportieren die beauftragten Schreiner oder Einrichter die Einrichtung. Denn sie können die Größe der zu transportierenden Einzelteile abschätzen und somit die entsprechenden Fahrzeuge zur Verfügung stellen. Berücksichtigen sollten Sie bei Ihrer Planung aber

  • schwere Gegenstände (z.B. Tresore) sowie
  • ungewöhnlich große Gegenstände (z.B. Teile von Klimaanlagen).

Auch spielt es eine Rolle,

  • mitwelchen Fahrzeugen der neue Standort angefahren werden kann,
  • wie die Parksituation vor Ort ist und
  • wie lange Fahrzeuge dort stehen dürfen.

Wichtig: Prüfen Sie die Türen und Fenster am neuen Standort im Vorfeld. Denn es ist schon vorgekommen, dass Teile zu groß waren und durch keine Öffnung in die neuen Räumlichkeiten verbracht werden konnten. Entsprechende Fehler führen meist zu einem Zeitverzug, der sich nicht mehr aufholen lässt.

Fazit

Die Standortverlegung einer Apotheke ist ein komplexes und kompliziertes Projekt, das eine frühzeitige Planung erfordert. Legen Sie die Abläufe und Verantwortlichkeiten exakt fest und organisieren Sie die Zeit realistisch durch.

Viele Problemfelder, die leicht unterschätzt oder vergessen werden, liegen im Umfeld des eigentlichen Umzugs. Nur wenn Sie alle diese Aspekte berücksichtigen und Ihre Mitarbeiter wie auch Dienstleister rechtzeitig informieren, beauftragen und koordinieren, kann ein stressarmer Umzug gelingen – sehr oft passiert allerdings das Gegenteil. Es liegt somit in Ihrer Verantwortung, wie gut Ihr Umzugsprojekt verläuft.

Joachim Ullrich, Apothekenberatung und -entwicklung, 61381 Friedrichsdorf, E-Mail: info@apothekenberatung-ullrich.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2021; 46(18):7-7