Ist das noch Klimaschutz oder schon Greenwashing?

Wie Sie nachhaltige Unternehmen erkennen


Florian Giermann

Apothekeninhaber(innen) werden aus den verschiedensten Motiven beim Klimaschutz aktiv. In den seltensten Fällen können sie das jedoch alleine bewerkstelligen und sind auf Partner angewiesen. Welche Merkmale zeichnen seriöse Anbieter in diesem Bereich aus?

Für Unternehmer sollte nachhaltiges Handeln eine Selbstverständlichkeit sein. Schließlich ist der bewusste Umgang mit den endlichen Ressourcen für den unternehmerischen Erfolg mitentscheidend. Aber nicht nur die allgemeine Produktivität, auch die emotionale Bindung und die Leistung der Mitarbeiter lassen sich durch die Teilnahme an Klimaschutzprojekten steigern. Umweltschutz muss also nicht immer nur aus reinem Altruismus geschehen!

In den seltensten Fällen kann eine Apotheke Klimaschutz und Nachhaltigkeit ganz alleine stemmen. Partner sind gefragt, entsprechend groß ist die Nachfrage in diesem Bereich. Das zieht verschiedenste Anbieter an. Doch woran kann man seriöse Anbieter erkennen? Auf die Probe stellen kann man seine Partner insbesondere anhand der "drei Säulen der Nachhaltigkeit". Wenn man sie kennt und ihre Anwendung kritisch hinterfragt, lassen sich wertvolle Indizien gewinnen.

Das Drei-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit

Anhand der drei Dimensionen Ökologie, Ökonomie und Soziales werden seit den 1990er Jahren Leitlinien für nachhaltiges Handeln entwickelt. Sie finden nicht nur in internationalen Verträgen Verwendung, sondern sind als allgemeine Bausteine für Nachhaltigkeit weitgehend anerkannt. Wichtig ist, dass diese drei Säulen gleichberechtigt nebeneinander existieren. Keine hat den Vorrang vor einer der anderen. Das basiert auf der Vorstellung, dass eine nachhaltige Entwicklung nur dann auch tatsächlich zu erreichen ist, wenn zeitgleich und ohne hierarchische Unterschiede Ziele aus den Bereichen Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft umgesetzt werden.

Unter Ökologie versteht man die Schonung der Umwelt sowie der natürlichen, endlichen Ressourcen. Der Erde sollen nur so viele nicht nachwachsende Rohstoffe entnommen werden, wie durch "erneuerbare" Ressourcen ersetzt werden können. Schäden am Ökosystem sollen vermieden und die Biodiversität gefördert werden. Auch die menschliche Gesundheit fällt hierunter. Gesundheitsschädliche Stoffe stehen folglich nicht im Einklang mit der ökologischen Nachhaltigkeit.

Das Nachhaltigkeitskriterium der Ökonomie entspricht der Forderung nach gutem Wirtschaften. Gewinne sind sogar gewollt, denn nur profitable Unternehmen können investieren, z.B. in emissionsärmere Maschinen. Die alleinige Ausrichtung auf Profitmaximierung entspricht jedoch nicht diesem Idealbild des guten Wirtschaftens, insbesondere dann nicht, sobald sie mit Nachteilen für eine der anderen beiden Säulen verbunden ist.

Bei der sozialen Nachhaltigkeit schließlich wird der Mensch in den Mittelpunkt gerückt. Die Menschenwürde und die freie Persönlichkeitsentfaltung sind unverzichtbare Bestandteile nachhaltigen Handelns. Ausbeutung, Kinderarbeit oder Sklaverei sind mit ihr nicht vereinbar. Neben den Interessen des Einzelnen bildet diese Säule auch die Gesellschaft als Ganzes ab, weswegen nachhaltig agierende Unternehmen auch stets das Gemeinwohl im Blick haben sollten.

Schnittmengen und Verantwortung

Dieses Drei-Säulen-Modell ist nicht unumstritten. Dennoch hat sich bis jetzt kein anderes Modell durchsetzen können, ohne am Ende zu komplex zu werden. Für eine erste Abwägung, wie nachhaltig ein potenzieller Partner agiert, kann es also durchaus verwendet werden.

Die drei Säulen alleine sind der erste wichtige Baustein für eine Bewertung. Darüber hinaus können noch die folgenden Punkte abgeklopft werden. Sie zeigen, wie stark das Bewusstsein über Zusammenhänge im Bereich der Nachhaltigkeit verankert sind:

  • Werden Schnittmengen der drei Säulen beim Partner identifiziert und angegangen? Eine Schnittmenge besteht immer dann, wenn es eine Überschneidung zwischen ökologischen, ökonomischen oder sozialen Handlungsfeldern gibt.
  • Eine derartige Schnittmenge könnte sich z.B. aus einem veralteten Fuhrpark ergeben. Dieser ist aufgrund seiner Wartungsanfälligkeit teuer, somit eher unwirtschaftlich – und er verschmutzt obendrein noch die Umwelt. Sowohl aus ökologischer als auch aus ökonomischer Sicht wäre die Anschaffung neuer, emissionsreduzierter Fahrzeuge nachhaltig.
  • Sensibilisiert der Partner alle seine bestehenden Geschäftspartner ("Stakeholder")? Wer seine Stakeholder zum Kauf nachhaltiger Produkte anregt, ihnen selbst nur noch nachhaltige Ware anbietet (selbst wenn die Marge geringer ist), oder aber zu erklären vermag, wieso Nachhaltiges manchmal teurer sein kann, der wird seiner Verantwortung auf dieser Ebene in aller Regel gerecht.
  • Welche eigenen Nachhaltigkeitsprojekte setzt der Partner bereits um? Von der eigenen "Klimaneutralität" über Aufforstungsprojekte bis hin zu Spenden an gemeinnützige Organisationen – wer auf seine Worte keine Taten im eigenen Wirkungsbereich folgen lässt, verspielt nachhaltig seine Glaubwürdigkeit.

Gesunder Menschenverstand

In einer Welt, in der alle Produkte scheinbar bio, fair und klimaneutral sind, lautet die oberste Regel natürlich: Stets die Augen offenhalten! In gleichem Maße, wie Verbraucher immer mehr kritisch hinterfragen und recherchieren, sollte das auch Apotheken zuzumuten sein. Schließlich werden im Umkehrschluss die Verbraucher vermehrt Nachhaltigkeitsmaßstäbe auch bei der Auswahl ihrer (Stamm-)Apotheke anlegen.

Insbesondere in Apotheken ist die Erwartung ohnehin seit jeher nicht, dass alles möglichst billig sein sollte, sondern vor allem der Gesundheit zuträglich. Das setzt auf Ihrer Seite eine bewusste Auswahl aller Partner nach ökologischen und sozialen Gesichtspunkten voraus.

Wenn andererseits vermeintlich nachhaltige Partner etwas anbieten, das auf den ersten Blick zu schön ist, um wahr zu sein – dann ist es vermutlich auch nicht wahr, sondern es handelt sich wahrscheinlich um sogenanntes Greenwashing. Unseriöse Partner betonen daher meist auch Eigenschaften, die entweder von vornherein irrelevant sind oder die ohnehin bereits gesetzlich verpflichtend sind.

Es schadet weiterhin nicht, sich mit den wichtigsten Siegeln für Umweltschutz, Nachhaltigkeit und faire Arbeitsbedingungen auseinanderzusetzen.

Einen guten Überblick darüber gibt die Internetseite siegelcheck.nabu.de. Brüsten sich dann Partner, sie seien ökologisch zertifiziert oder natürlich grün, ohne dass sie eines der bekannten Zertifikate aufweisen können, so sind Zweifel angebracht. Immerhin gibt es diese Zertifikate nicht für Geld, sondern nur beim Einhalten bestimmter Kriterien.

CSR und Nachhaltigkeitsberichte

CSR ist die Abkürzung für "Corporate Social Responsibility", also der unternehmerisch-gesellschaftlichen Verantwortung. Gemeint ist damit, dass sich Unternehmen über ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft bewusst sind und in Folge zur Übernahme von Verantwortung durch nachhaltiges Wirtschaften bereit sind. Insbesondere größere Unternehmen veröffentlichen ihren Standpunkt zu CSR sehr gerne. Wenn ein potentieller Nachhaltigkeitspartner unter diesem Stichpunkt auf seiner Webseite etwas formuliert hat, ist das in aller Regel ein gutes Zeichen.

So gibt es immer mehr große Unternehmen, die regelmäßig einen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlichen. Anders als beim Geschäftsbericht handelt es sich hier um eine nichtfinanzielle Erklärung, in der dargelegt wird, wie die jeweilige Organisation ihre Leistungen nach einem ökonomisch, ökologisch und sozial verantwortlichen Leitbild ausrichtet.

Aussagen zu CSR oder gar ein Nachhaltigkeitsbericht sind im Zweifel die unmittelbarsten Quellen zum Abgleich, ob die Werte eines Partners in Sachen Nachhaltigkeit zu den eigenen passen. Schließlich würde sich diese Mühe kaum jemand machen, dem Nachhaltigkeit nicht wirklich ein Anliegen ist.

Florian Giermann, Client Liaison Manager, Noventi Health SE, 81673 München, E-Mail: florian.giermann@noventi.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2021; 46(19):8-8