Veräußerung des Eigenheims

Keine Spekulationssteuer für das Arbeitszimmer


Helmut Lehr

Der Bundesfinanzhof hat die "Steuerfalle Arbeitszimmer" bei Verkauf der selbstgenutzten Wohnung entschärft. Spekulationssteuer wird für das "Homeoffice" nun nicht mehr fällig. Für selbstständige Apotheker gelten allerdings weiterhin eigene Spielregeln.

Wer eine Immobilie des Privatvermögens innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist veräußert, muss einen etwaigen Gewinn als privates Veräußerungsgeschäft versteuern. Dies gilt nur dann nicht, wenn das Objekt zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde – zumindest für eine gewisse Zeit vor dem Verkauf (vgl. hierzu AWA 9/2019).

Ein vollständig steuerfreier Verkauf des Eigenheims war in der Vergangenheit allerdings nicht möglich, sofern sich in dem Objekt auch ein Arbeitszimmer befand. Die Finanzverwaltung vertrat nämlich immer die Auffassung, dass das Arbeitszimmer nicht Wohnzwecken dient. Folglich musste zumindest der auf das Arbeitszimmer entfallende Gewinn aus der Veräußerung versteuert werden – und das, obwohl in den meisten Fällen die Kosten für das häusliche Arbeitszimmer nur eingeschränkt abzugsfähig sind (vgl. AWA 17/2018).

Oberste Steuerrichter springen Eigenheimbesitzern zur Seite

In seinem Urteil vom 01.03.2021 (Aktenzeichen: IX R 27/19) hat der Bundesfinanzhof (BFH) nun sehr klar entschieden, dass ein in der selbstgenutzten Wohnung liegendes Arbeitszimmer stets auch eigenen Wohnzwecken dient.

In der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken sieht der BFH "einen durch eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit, die Eigengestaltung und Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises gekennzeichneten Lebenssachverhalt". Diese Eigenschaften seien in gewisser Weise auch mit der Betätigung im häuslichen Arbeitszimmer verknüpft und sprächen deshalb dafür, dass dieses – zumindest teilweise – zu eigenen Wohnzwecken genutzt werde.

Hinweis: Weil das Gesetz die Ausnahme von der Besteuerung nicht von einer Mindestnutzung zu eigenen Wohnzwecken abhängig macht, ist der Verkauf des Eigenheims mit Arbeitszimmer nun auch innerhalb der Spekulationsfrist vollständig steuerfrei möglich. Das gilt selbst dann, wenn, wie das allgemein üblich sein sollte, die private Nutzung des Arbeitszimmers nur sehr gering ist.

Ruhende Einsprüche

Aufgrund des bislang vor dem BFH anhängigen Verfahrens hatte die Finanzverwaltung verfügt, dass Einsprüche, die sich gegen eine Besteuerung des auf das Arbeitszimmer entfallenden Spekulationsgewinns richteten, bis auf Weiteres ruhen sollten. Nachdem das Urteil nun zugunsten der Steuerpflichtigen ausgefallen ist, können anhängige Einsprüche in diesem Sinne erledigt werden.

Hinweis: Ggf. sollten Sie Ihr Finanzamt nochmals ausdrücklich darauf hinweisen, dass die Rechtsfrage jetzt geklärt ist und einem diesbezüglichen Einspruch nun abgeholfen werden kann.

Arbeitszimmer im Betriebsvermögen

Wenn Sie als Apotheker ein Arbeitszimmer in Ihrer Wohnung für betriebliche Zwecke nutzen, gehört es möglicherweise zum (sog. notwendigen oder gewillkürten) Betriebsvermögen. Ein Verkauf des Hauses würde dann regelmäßig dazu führen, dass die "stillen Reserven" aufzudecken sind. Das bedeutet vereinfacht ausgedrückt: Die Differenz zwischen dem auf das Arbeitszimmer entfallenden Veräußerungserlös und dem Buchwert des Heimbüros gehört zum betrieblichen Gewinn und muss versteuert werden.

Die aktuelle Rechtsprechung führt insoweit (bis auf Weiteres) zu keiner anderen Beurteilung, auch wenn es natürlich Meinungen gibt, die auch in solchen Fällen eine Besteuerung nicht für rechtens halten. Allerdings hat der BFH hierzu erst im letzten Jahr entschieden, dass der Gewinn bei einer Veräußerung (oder Entnahme bzw. Betriebsaufgabe) auch den auf das im Betriebsvermögen befindliche häusliche Arbeitszimmer entfallenden Grundstücksteil umfasst (Urteil v. 16.06.2020, Aktenzeichen: VIII R 15/17).

Hinweis: In diesem Zusammenhang hat der BFH leider auch klargestellt, dass der Veräußerungs- oder Aufgabegewinn nicht anteilig zu kürzen ist, obwohl insbesondere die Abschreibung auf das Arbeitszimmer wegen des Betriebsausgabenabzugsverbots häufig gar nicht (voll) beansprucht werden konnte.

"Privates Arbeitszimmer"

Es gibt natürlich auch Fälle, in denen das Arbeitszimmer eines Apothekers nicht zum Betriebsvermögen gehört, weil es nicht überwiegend betrieblich genutzt wird.

Neben einer nennenswerten privaten Nutzung kann das dann der Fall sein, wenn sich zwei Partner ein Arbeitszimmer teilen und es daher nicht nur für eigenbetriebliche Zwecke, sondern auch für berufliche Zwecke des Partners genutzt wird. Eine anteilige Versteuerung muss in diesen Fällen beim Verkauf des Hauses nicht befürchtet werden.

Weitere Ausnahme

Selbst ein ganz überwiegend betrieblich genutztes Arbeitszimmer muss gemäß §8 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung nicht als Betriebsvermögen behandelt werden, wenn es von untergeordnetem Wert ist. Dafür darf der Wert des Arbeitszimmers nicht mehr als ein Fünftel des gemeinen Werts des gesamten Grundstücks und nicht mehr als 20.500 € betragen.

Hinweis: Auch in einem solchen Fall muss beim Verkauf des Eigenheims ein etwaig auf das Arbeitszimmer entfallender Veräußerungsgewinn nicht versteuert werden.

Helmut Lehr, Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater, 55437 Appenheim

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2021; 46(21):16-16