Rückblick auf Umsätze, Spannen und Erträge

Die guten alten Zeiten!?


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Früher, das waren noch "goldene Zeiten", oder? Die Gewinnmargen in den Apotheken zweistellig, die Bürokratie nur ein Bruchteil von der heutigen und die Personalsituation war auch noch einfacher. Oder machen wir uns da nicht etwas vor? Ein kleiner Zahlenrückblick.

Wir blicken bis in die 1970er Jahre zurück (Abbildung 1).

Damals waren eine Million Deutsche Mark Umsatz die Messlatte, der Rohertrag betrug um die 40 Umsatz-%. Die Kosten lagen deutlich über 20%, eher bei 25%. Nichtsdestotrotz gehörte man mit einer halbwegs ordentlich laufenden Apotheke zu den sechsstellig Verdienenden. Der Jahres-Durchschnittslohn betrug 1970 keine 15.000 DM, 1975 gut 20.000 DM. Der Fertigarzneimittel-Nachschub brummte, man denke an die vielen neuen Herzpräparate, Schmerzmittel und Antirheumatika oder die blühende Ära der Psychopharmaka und Antibiotika.

Aus heutiger Sicht waren diese Innovationen erstaunlich preiswert, dafür eroberten sie die Massen und bescherten reichlich Rezepte, die noch ohne größere Restriktionen ausgestellt wurden. Das änderte sich Ende der 1970er Jahre mit den ersten Kostendämpfungsgesetzen, die seither immer wieder für Furore sorgten. Die Umsätze stiegen indes weiter, die Margen jedoch bröckelten kontinuierlich. Absolut in Euro bzw. Mark wuchsen die Roherträge zwar gebremst weiter, man musste sie sich aber bis weit in die 2000er-Jahre hinein auch mit mehr Konkurrenten teilen.

Anfang der 1990er Jahre sorgte die deutsche Wiedervereinigung für einen ganz speziellen Boom. Zudem generierte die Ära der Einkaufscenter neue Apothekentypen. Die Rohertragsmargen lagen noch über 30% bei weiterhin (aber schon knapper) zweistelligen Gewinnen.

Mit 2,0 bis 2,5 Mio. DM Umsatz waren 200.000 DM bis 300.000 DM Vor-Steuer-Gewinn in den 1990ern gut machbar. Über ebenjene 1 bis 1,25 Mio. € rümpft man heute die Nase. Großhandelsrabatte waren auch noch zweistellig: 11%, 12%, wer bietet mehr? Wohlgemerkt im Rx-Bereich sowie bei den seinerzeit noch preisgebundenen ("taxpflichtigen") apothekenpflichtigen Non-Rx-Präparaten. Man lebte bereits damals überwiegend von Rabatten. Ein Gesamtkostensatz von etwa 20% galt als erstrebenswerte "Benchmark".

Heute liegen wir kostenmäßig deutlich darunter (bei etwa 17% im Schnitt), schreiben aber auch Durchschnittsumsätze um 3 Mio. €, bei einer Gewinnrendite von 6% bis 7%. Inflationsbereinigt ist das nicht so weit entfernt von den Gewinnen einer 2,5-Mio.-DM-Apotheke der 1990er Jahre. Dafür haben sich die Möglichkeiten heute erheblich erweitert, von Filialen bis zu Spezialsegmenten. Wer diese zu nutzen weiß, hat tatsächlich Einkommensperspektiven wie noch nie zuvor.

Prof. Dr. Reinhard Herzog, Apotheker, 72076 Tübingen, E-Mail: Heilpharm.andmore@t-online.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2021; 46(22):15-15