Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer

Mit Kettenschenkung kräftig sparen


Helmut Lehr

Legale Steuergestaltungen werden immer seltener. Die sogenannte Kettenschenkung ist allerdings nach wie vor ein probates Mittel, um auch größere Erbschaft- bzw. Schenkungsteuerbelastungen zu vermeiden. Lesen Sie, worauf es ankommt.

Die Belastung mit Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer (hier vereinfacht: Schenkungsteuer) wird bei unentgeltlichen Zuwendungen insbesondere von der verwandtschaftlichen Beziehung zwischen Schenker und Beschenktem beeinflusst. Kinder können beispielsweise einen deutlich höheren persönlichen Freibetrag beanspruchen als etwa Schwiegerkinder. Auch die Steuerklasse bzw. der Steuersatz hängt vom Verwandtschaftsverhältnis zum Schenker ab.

Diese Ausgangslage ist Basis für eine besondere Gestaltung – die Kettenschenkung. Wie diese genau funktioniert, wird nachfolgend anhand eines Beispiels verdeutlicht.

Beispiel: Die Eheleute Wagner besitzen je zur Hälfte ein großes Wohnhaus mit einem steuerlich maßgebenden Wert von 1 Mio. €. Dieses möchten sie zu gleichen Teilen auf ihren Sohn und dessen Ehefrau (unentgeltlich) übertragen. Das bedeutet vereinfacht ausgedrückt: Jeder Elternteil überträgt praktisch je 25% des gesamten Gebäudes auf den Sohn und die Schwiegertochter. Ohne besondere Gestaltung ergibt sich insgesamt eine Belastung mit Schenkungsteuer in Höhe von 92.000 € (Tabelle 1 oben).

Hinweis: Bei der Berechnung ist zu berücksichtigen, dass die Schenkungen der Eheleute Wagner an ihren Sohn und ihre Schwiegertochter als gesonderte Schenkungen gelten, da beide Partner einen eigenen (hälftigen) Anteil am Wohnhaus besaßen und diesen an zwei verschiedene Personen übertragen haben. Insgesamt liegen daher vier Schenkungen vor, für die der persönliche Freibetrag immer gesondert anzusetzen ist.

Kettenschenkung als alternative Gestaltung

Das Ziel der Eheleute Wagner, nämlich ihrem Sohn und ihrer Schwiegertochter jeweils 50% des Hauses zu übertragen, kann auch dadurch erreicht werden, dass sie zunächst dem Sohn das gesamte Objekt überschreiben und dieser dann 50% davon seiner Ehefrau schenkt. Bei dieser Vorgehensweise könnten insbesondere die hohen persönlichen Freibeträge unter Kindern (400.000 €) und Ehegatten (500.000 €) ausgenutzt werden (Tabelle 1 unten).

Hinweis: Wie die Berechnung zeigt, beträgt die Schenkungsteuerbelastung im Fall der Kettenschenkung insgesamt lediglich 22.000 € (2 x 11.000 €) und ist damit um 70.000 € niedriger als im Ausgangsbeispiel.

Missbräuchliche Gestaltung?

Angesichts solcher Ersparnisse ist die Finanzverwaltung beim Thema Kettenschenkungen natürlich auf der Hut. Die Rechtsprechung hatte in der Vergangenheit bereits mehrfach über verschiedene Fälle von Kettenschenkungen zu urteilen (vgl. AWA 5/2012). Dabei wurde der kritischen Haltung der Finanzverwaltung teils eine deutliche Absage erteilt.

Wichtig ist, dass die Vorgehensweise nicht bereits auf den ersten Blick als rein steuerlich motiviert erscheint. Insbesondere darf keine Verpflichtung des Empfängers der ersten Schenkung (im Beispiel: der Sohn) zur Weitergabe des Vermögens bestehen – weder formal, noch aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls. Der Erstbeschenkte muss insbesondere zivilrechtlich (und faktisch!) eine eigene Entscheidungsbefugnis zur Weitergabe des Vermögens gehabt haben. Außerdem sollten Sie unbedingt darauf achten, dass die Vereinbarung bzw. Verpflichtung zur (teilweisen) Weitergabe des erhaltenen Vermögens (im Beispiel: die Schenkung des Sohnes an seine Ehefrau) nicht vor der Ausführung der ersten Schenkung erfolgt.

Somit sollten Sie die Schenkungen unbedingt in getrennten (notariellen) Urkunden vereinbaren, mit einem angemessenen zeitlichen Abstand dazwischen. Vermeiden Sie im (ersten) Schenkungsvertrag auch jegliche Ausführungen betreffend einer Weiterübertragung.

Hinweis: Bislang hat der Bundesfinanzhof bereits weitere Argumente geliefert, die gegen eine missbräuchliche Gestaltung sprechen. Danach haben Eltern in der Regel gar kein Interesse daran, ihr Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf Schwiegerkinder zu übertragen. Auch eine Vereinbarung im Schenkungsvertrag dergestalt, dass die Schenkung an das eigene Kind auf dessen Pflichtteilsanspruch angerechnet wird, spricht nach Ansicht des Bundesfinanzhofs dafür, dass die Übertragung der Eltern nur an das eigene Kind erfolgen sollte.

Helmut Lehr, Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater, 55437 Appenheim

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2021; 46(22):16-16