"Wie sag ich's meinem Mitarbeiter?"

Kündigungen korrekt und fair aussprechen


Carolin Skiba

Eine Kündigung auszusprechen fällt normalerweise keinem Chef leicht. Wie schaffen Sie den Spagat, Ihre Botschaft einerseits eindeutig zu vermitteln, und dabei andererseits so empathisch zu sein, dass Sie den betroffenen Mitarbeiter im Gespräch auffangen?

Zunächst seien die beiden Kündigungsarten "fristlos" und "ordentlich" in Grundzügen rekapituliert:

Bei einer fristlosen Kündigung wird das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung beendet. Voraussetzung ist, dass ein "wichtiger Grund" vorliegt – also objektive (zumeist verhaltensbedingte) Tatsachen, die das Arbeitsverhältnis in hohem Maße belasten. Dazu zählen etwa Arbeitsverweigerung, Beleidigungen, ständiges Zu-Spät-Kommen, Rassismus sowie – speziell in Apotheken – die Abgabe von Rx-Arzneimitteln unter der Hand oder die Weitergabe von vertraulichen Patientendaten.

Ordentliche Kündigungen bedürfen ebenfalls eines Grundes. Dies können z.B. die wirtschaftliche Situation der Apotheke, Umstrukturierungen oder eine mangelnde Eignung des Mitarbeiters sein. Hier müssen Sie den Grund zwar nicht zwangsläufig nennen. Allerdings wird der Mitarbeiter das natürlich von Ihnen erwarten.

Wenn Sie eine Kündigung aussprechen, hat das für Ihr Gegenüber selbstverständlich extreme Auswirkungen. Daher sollten Sie im Gespräch sorgsam vorgehen, denn als Arbeitgeber haben Sie eine Fürsorgepflicht – auch wenn Sie einen Mitarbeiter wegen eines Fehlverhaltens entlassen müssen.

Eine probate Möglichkeit, das Kündigungsgespräch zu planen, ist das SPIKES-Modell. Es wurde entwickelt, um Hiobsbotschaften zu übermitteln. So nutzen z.B. Ärzte das Modell häufig, um todkranken Patienten ihre Prognose mitzuteilen. SPIKES steht für

  • Setting,
  • Perception,
  • Invitation,
  • Knowledge,
  • Empathy und
  • Summary.

Schauen wir uns die einzelnen Komponenten näher an.

Setting

Hier geht es darum, einen geeigneten Gesprächsrahmen sicherzustellen. Achten Sie insbesondere darauf, dass

  • das Gespräch in einem Raum stattfindet, in dem Sie ungestört sind,
  • Sie weder von anderen Mitarbeitern noch von Telefonanrufen etc. unterbrochen werden, und
  • dass Sie ausreichend Zeit haben, also nicht nach zehn Minuten direkt in den nächsten Termin müssen.

Planen Sie das Gespräch außerdem so, dass möglichst wenige der anderen Mitarbeiter vor Ort sind, denn die Atmosphäre wird davon häufig beeinflusst. Beispielsweise spürt das übrige Team eventuell Ihre Nervosität vor dem Gespräch. Oder es bekommt mit, dass der gekündigte Mitarbeiter den Gesprächsraum aufgewühlt verlässt.

Bei der Terminvereinbarung sollten Sie die Kündigung noch nicht andeuten. Das geschieht häufig in der Hoffnung, dass Sie es dann im Gespräch leichter haben und dass sich auch der Mitarbeiter schon einmal darauf einstellen kann. Menschlich gesehen ist es aber nicht in Ordnung, weil Sie damit im Vorfeld Angst erzeugen. Sagen Sie lediglich, dass Sie etwas Wichtiges besprechen möchten, und bieten Sie einen konkreten Termin an, bei dem der Mitarbeiter auf jeden Fall anwesend ist.

Perception

In diesem Schritt schätzen Sie ein, was der Mitarbeiter schon weiß:

  • Geht es z.B. um ein eindeutiges Fehlverhalten, das dem Mitarbeiter auch selbst klar sein müsste bzw. das Sie bereits mit ihm besprochen haben?
  • Haben Sie den Mitarbeiter schon abgemahnt, sodass die Kündigung die notwendige Konsequenz ist?
  • Müssen Sie aus wirtschaftlichen Gründen kündigen, und hat der Mitarbeiter schon mitbekommen, dass die Situation der Apotheke schwierig ist?
  • Oder wird er aus allen Wolken fallen und durch die Kündigung kalt erwischt werden?

Invitation

Hier versuchen Sie einzuschätzen, inwieweit der Mitarbeiter bereit sein wird, die schlechte Nachricht aufzunehmen:

  • Wird er sich rechtfertigen und/oder versuchen, mit Ihnen zu verhandeln?
  • Mit welchen Worten können Sie ihm am besten klar machen, worum es geht?

Stellen Sie sich darauf ein, dass das Fehlverhalten gerade bei einer verhaltensbedingten Kündigung heruntergespielt wird und der Mitarbeiter eventuell um eine weitere Chance bittet. Kommunizieren Sie dann ganz klar, und legen Sie sich hierfür auch einige Sätze zurecht, die Sie immer wieder einsetzen können.

Knowledge

In diesem Schritt teilen Sie die Information – also die Kündigung – kurz, knapp und wahrheitsgemäß mit. Sagen Sie also z.B.:

  • "Ich muss Ihnen leider mitteilen, dass Sie mit sofortiger Wirkung gekündigt sind. Wegen des Vorfalls XY kann ich Sie leider nicht weiter beschäftigen."
  • Oder: "Sie wissen ja, dass die Apotheke in finanziellen Schwierigkeiten steckt. Ich hätte Sie sehr gerne als Mitarbeiter gehalten. Leider ist das wirtschaftlich nicht möglich. Daher muss ich Ihnen leider zum XX.XX. kündigen."

Empathy

Lassen Sie den Mitarbeiter zunächst einmal die Information verdauen. Hier hilft es vor allem, einfach zu schweigen und abzuwarten. Das fällt vielen Menschen schwer, da sie sofort versuchen, die Stille durch Reden, Entschuldigungen, Rechtfertigungen etc. zu überbrücken oder sich selbst zu sehr von Emotionen leiten lassen und quasi "mitleiden".

Weil Sie aber die Reaktion des Mitarbeiters verursacht haben, müssen Sie sie auch aushalten bzw. akzeptieren, dass er sich erst einmal wieder sammeln muss. Sie helfen ihm in dieser Situation am meisten, wenn Sie selbst stark bleiben. Geben Sie seinen Emotionen Raum. Lassen Sie zu, dass er Fragen stellt und auch Verzweiflung oder Wut äußert. Bleiben Sie bei der Sache, aber klar und sachlich. Wiederholen Sie zur Not mit leicht veränderten Worten, was Sie bereits gesagt haben:

  • "Ich kann Sie nach diesem Vorfall wirklich nicht weiter beschäftigen."
  • "Es gibt leider wirtschaftlich gesehen keinen Weg, Ihre Stelle zu erhalten. Das tut mir aufrichtig leid."

Allerdings sollten Sie einen Mitarbeiter, den Sie wegen eines Fehlverhaltens oder wegen einer schlechten Leistung entlassen, auf keinen Fall trösten, da das nicht ehrlich wäre. Anders hingegen sieht es z.B. bei einem Mitarbeiter aus, den Sie aus wirtschaftlichen Gründen entlassen müssen. Hier können Sie durchaus sagen: "Frau Fit, ich bin mir sicher, dass Sie mit Ihrer Erfahrung und Ihren Referenzen sehr schnell wieder eine passende Stelle finden werden!"

Summary

Erklären Sie dem Mitarbeiter abschließend, wie die nächsten Schritte aussehen:

  • Wann scheidet er aus der Apotheke aus?
  • Wie verfahren Sie mit Überstunden, Resturlaubstagen etc.?
  • Wie und wann erhält er sein Zeugnis?

Lassen Sie ihn wissen, dass er mit Fragen jederzeit zu Ihnen kommen kann. Bieten Sie ihm gegebenenfalls auch Hilfe an und empfehlen Sie ihm, sofern Sie ihm nicht verhaltensbedingt kündigen müssen, einen potenziellen nächsten Arbeitgeber.

Falls der Mitarbeiter zu aufgewühlt ist, sollten Sie diesen Teil des Gesprächs auf einen späteren Termin verschieben. Sagen Sie ihm dann einfach, dass er selbstverständlich den Rest des Tages frei bekommt. Erkundigen Sie sich, ob er ohne Probleme nach Hause kommt oder ob Sie jemanden für ihn anrufen sollen. Teilen Sie ihm zudem mit, dass Sie über die weiteren organisatorischen Dinge noch persönlich oder telefonisch mit ihm sprechen wollen, wenn er sich bereit dazu fühlt.

Sie tragen Verantwortung für Ihre Mitarbeiter – daher ist es Ihre Pflicht als Arbeitgeber, eine Kündigung so zu gestalten, dass sie für den Mitarbeiter nachvollziehbar und verkraftbar ist.

Carolin Skiba, Gesundheitspsychologin (M. Sc.), Personalleitung & Projektmanagement, Stärkentrainer Team, 70192 Stuttgart, E-Mail: skiba@staerkentrainer.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2021; 46(23):10-10