Versicherungsschutz beim Griff zur Nadel nicht vergessen

Impfen in der Offizin – Haftung (k)ein Problem?


Michael Jeinsen

Impfungen sind üblicherweise nicht Bestandteil der Haftpflichtversicherung für Apotheken. Deshalb sollten Sie als Apotheker, wenn Sie demnächst gegen COVID-19 impfen wollen, unbedingt darauf achten, schriftlich einen Versicherungsschutz dafür zu vereinbaren.

Es ist geschafft: Ab sofort dürfen auch Apotheker gegen COVID-19 impfen. Das bedeutet erst einmal mehr Aufwand: Um die Impfberechtigung zu bekommen, braucht es eine entsprechende Schulung – falls nicht schon vorhanden. Sodann müssen Impfwillige in der Apotheke beraten, der Impfstoff ausgewählt, die Impfung vorbereitet sowie verabreicht und die Patientendaten erfasst werden.

Was die Haftung von Apothekern rund ums Impfen anbetrifft, gibt es viele Fehleinschätzungen: So ist die Aussage, dass die Haftung für Apotheken insofern unproblematisch sei, als dass Impfen in der Sache ja nichts anderes als eine Medikamentenabgabe sei, schlicht falsch.

Durch die Impfung in der Apotheke wird das Vier-Augen-Prinzip des verordnenden Behandlers und kontrollierenden Pharmazeuten ausgeschaltet: Die Auswahl des richtigen Impfstoffes liegt dann alleine bei der Apotheke. Vor der Impfung steht immer eine Beratung des Patienten. Diese muss ausführlich sein und ist überdies umfassend zu dokumentieren. Beratungs- oder Dokumentationsfehler gehen zu Lasten der Apotheke. Fehler bei der Vorbereitung oder Durchführung der Impfung begründen ebenfalls eine Haftung.

Zusätzlich unterscheidet sich die Impfung noch dadurch, dass bei der Medikamentenabgabe einem kranken Patienten ein Medikament zur Heilung mitgegeben wird. Bei der Impfung wird einem gesunden Patienten durch eine geduldete Verletzung des Körpers ein Medikament (mRNA oder Virus) verabreicht. Die Haftung des Apothekers wird beim Impfen also deutlich erweitert.

Haftpflichtversicherung deckt Impfen regelhaft

Dafür hat die Apotheke aber doch eine Versicherung, also kein Problem – oder...? Hier gilt es, einen Grundsatz aus der Versicherung von Haftpflichtrisiken zu bedenken: Verwechseln Sie niemals Haftung mit Deckung! Haftung ist das, wofür der Apotheker im Falle eines Fehlers aufgrund gesetzlicher Vorschriften oder vertraglicher Vereinbarung geradestehen muss. Deckung ist der Teil der Haftung, die ihm aufgrund vertraglicher Vereinbarung von der Versicherung abgenommen wird.

Eine Haftpflichtversicherung für Apotheken hat als Gegenstand die Herstellung und Abgabe von Medikamenten. Selbst diese grundlegenden Tätigkeiten einer Apotheke sind meist nicht umfassend abgedeckt. Impfungen sind regelhaft nicht Bestandteil der Haftpflichtversicherung für Apotheken! Deshalb sollten Sie als Apotheker, wenn Sie demnächst zur Nadel greifen, unbedingt schriftlich mit Ihrem Versicherer einen Versicherungsschutz fürs Impfen vereinbaren. Dem Vernehmen nach werden die meisten Versicherer eine solche Erweiterung entweder gegen einen kleinen Aufpreis oder sogar kostenlos anbieten. Falls Sie unsicher sind, kontaktieren Sie gerne uns (awa@dav-medien.de) oder direkt den Autor per Mail (berlin@die-apothekerhelfer.de).

Ein ebenfalls wichtiger Punkt sind potenzielle Vermögensschäden, beispielsweise durch eine fehlerhafte Datenerfassung. Die Deckung einer Apothekenhaftpflichtversicherung bietet in der Regel keinen Versicherungsschutz für Vermögensschäden, wenn nicht ein Sach- oder Personenschaden Auslöser für den Vermögensschaden war. Wird zum Beispiel im Impfnachweis ein Fehler gemacht und der Patient kann deswegen einen Flug nicht antreten, haben wir einen reinen Vermögensschaden. Für einen solchen besteht in der Regel kein Versicherungsschutz – falls dieser nicht explizit eingeschlossen ist.

Michael Jeinsen, Diplom-Politologe und -Pädagoge, zertifizierter Berater Heilwesen (IHK), IHK-Dozent für Maklerfortbildung, 12209 Berlin, E-Mail: berlin@die-apothekerhelfer.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2021; 46(24):12-12