(Nicht-)Auswirkungen der Pandemie auf Apothekenneugründungen

Trotz Corona: Gute Zeit für Apothekengründer


Andreas Sagert

Nach den Erfahrungen der apoBank hat die Corona-Krise weder das Interesse an noch die Rahmenbedingungen für Apothekengründungen spürbar verändert. Wichtiger denn je ist ein solider Businessplan und ein ausreichender finanzieller Puffer – gerade in der Anfangszeit.

Der Apothekenmarkt bleibt unruhig. Laut apoBank-Analysen zu den Apothekengründungen haben die Kaufpreise 2020 nach teils deutlichen Schwankungen in den Vorjahren im Schnitt wieder angezogen.

Durch die Pandemie hat sich der Markt zusätzlich verändert: Ehemals gute Standorte – beispielsweise in Einkaufszentren – wurden zeitweise zum Nachteil, und der Versandhandel mit Arzneimitteln erlebte einen Aufschwung.

Spreizung bei den Kaufpreisen nimmt weiter zu

Beim Apothekengründungsgeschehen spüren wir keine großen Auswirkungen durch die Corona-Krise. Apothekenübernahmen bzw. -gründungen finden weiterhin statt. Das liegt sicherlich auch daran, dass eine Existenzgründung meist mehrere Jahre im Voraus geplant wird. Im letzten Jahr wurden besonders viele große Apotheken an die nachfolgende Generation übergeben. Jeder dritte Existenzgründer zahlte einen Übernahmepreis jenseits der 600.000 €. Insgesamt beobachten wir, dass sich das Interesse auf die besonders attraktiven Standorte konzentriert und die Spreizung bei den Kaufpreisen noch weiter zunimmt.

Erfreulicherweise bekamen die örtlichen Apotheken durch die Corona-Pandemie von vielen Seiten Rückenwind: Gerade die wichtige gesellschaftliche Funktion als erster Ansprechpartner vor Ort rückte im vergangenen Jahr noch stärker in den Fokus. Damit wurde die Corona-Krise für Apotheken zu einer Art "Pilotprojekt", in dem sie zeigen konnten, dass sie neben der klassischen Arzneimittelberatung und -abgabe auch weitere Dienstleistungen anbieten können. Gerade bei den Themen Desinfektionsmittel, Masken, Tests, Impfstoffe und den digitalen Impfausweisen haben sie eindrucksvoll bewiesen, dass sie die Bevölkerung schnell, flexibel und wohnortnah versorgen können. Es wird deutlich, dass viele Apotheken das Potenzial haben, mehr als nur ihre klassischen Aufgaben zu übernehmen.

Konstantes Interesse an Apothekengründungen

Die Gestaltungsmöglichkeiten für Apothekeninhaber werden also eher zunehmen, auch durch die zukünftig angebotenen, neuen pharmazeutischen Dienstleistungen. Entsprechend gehen wir davon aus, dass das Interesse, eine eigene Apotheke zu gründen, nicht wesentlich nachlassen wird. Der Gesundheitsmarkt bleibt weiterhin ein attraktiver Wachstumsmarkt. Ob es perspektivisch größere strukturelle Veränderungen bei Apotheken-Neugründungen geben wird, ist noch ungewiss. Im vergangenen Jahr waren bei den von der apoBank begleiteten Neugründungen von der Innenstadt über Center bis an den Stadtrand alle Lagen vertreten.

Auffallend ist, dass Kooperationen in Form einer OHG aktuell einen Aufschwung erleben. Ihr Vorteil ist, dass sie unter anderem einen sanften Einstieg in die Selbstständigkeit ermöglichen, und so Risiken kalkulierbarer werden. Bei der OHG kann der Vorbesitzer noch verbleiben und die Apothekenführung sukzessive auf den neuen Inhaber übertragen. Vor allem bei einer Präferenz zur Selbstständigkeit in Teilzeit oder bei größeren Apotheken kann das eine sinnvolle Alternative sein.

Sonderfaktoren angemessen berücksichtigen

Was wir zurzeit ebenfalls beobachten, ist ein verstärkter Beratungsbedarf. Dabei geht es weniger darum, Vorbehalte gegenüber der Existenzgründung auszuräumen, sondern konkrete Handlungsempfehlungen und praktische Tipps zu geben. Durch die Ereignisse der letzten zwei Jahre hat sich das Gründungsprozedere insofern geändert, dass sich die Planungsphase bis zur Umsetzung verlängert hat. Das liegt daran, dass vor einer Übernahme die jeweilige Apotheke oder der Standort noch genauer überprüft werden, als man es bislang getan hat. Bis dato hat es in der Regel ausgereicht, zwei bis drei Bilanzen durchzugehen, um die Wirtschaftlichkeit der Apotheke zu beurteilen. Zurzeit ist es jedoch schwierig, die Kennzahlen auszuwerten, weil in den vergangenen zwei Jahren viele Sonderfaktoren zum Tragen gekommen sind, die es angemessen zu berücksichtigen gilt. Dazu zählt nicht nur Corona, sondern möglicherweise auch die AvP-Insolvenz. Deshalb führen wir mit unseren Kunden verstärkt Planrechnungen durch, die ihnen genau aufzeigen, wie hoch der Umsatz sein muss, damit die Wirtschaftlichkeit einer Apotheke verlässlich gewährleistet ist.

Keine speziellen Corona-Risiken für Apothekengründer

Durch die Pandemie ist eine Situation eingetreten, die uns dazu zwingt, konservativer und vorsichtiger vorzugehen, wenn wir die Ertragslage einer Apotheke beurteilen und die Übernahme finanzieren sollen. Dabei nehmen wir genauer unter die Lupe, wie profitabel die Apotheke vor der Corona-Krise gewirtschaftet hat – und wie die wirtschaftliche Perspektive für die Zukunft aussehen könnte.

Das können wir errechnen, und wenn das Ergebnis nicht überzeugt, dann ist es unsere Verantwortung, dies den Kunden auch klar zu sagen.

Grundsätzlich gibt es aber keine speziellen Risiken, die mit der Corona-Pandemie zusammenhängen. Nur sollte ein (auch sonst sinnvoller) Rat aktuell besonders beherzigt werden: Bei jeder Apothekengründung braucht es gerade in der Anfangszeit einen finanziellen Puffer und ausreichend Liquidität, damit sich in den ersten Wochen und Monaten auch mal eine schwierige Zeit ohne größere Probleme überbrücken lässt.

Die Erfahrung aus dem letzten Jahr zeigt deutlich, dass diejenigen, die das getan und ein finanzielles Polster eingeplant haben, gut durch die Krise gekommen sind. Und es ist ein beruhigendes Gefühl, im Falle einer Durststrecke – wodurch auch immer verursacht – gut vorbereitet zu sein. Das kann ein ausreichender Überziehungsrahmen auf den Konten sein, um Ausgaben für drei bis sechs Monate abdecken zu können. Für Phasen akuter Unsicherheit im Falle einer Krise sollten dann noch mal vier bis sechs Wochen Liquidität als zusätzlicher Puffer hinzukommen, die auch über ein Darlehen finanziert werden kann.

Zinsen bleiben auf Rekordtief

Was die Kreditvergabe betrifft, gibt es bei der apoBank aktuell keine Veränderungen bei der Finanzierbarkeit oder den Konditionen, die für Gründer relevant sind. Wenn wir überzeugt sind, dass ein Vorhaben Zukunft hat – und das können wir aufgrund unseres Know-hows sehr gut prognostizieren –, dann werden wir einen soliden Finanzierungsplan aufstellen, so wie wir es auch vor der Corona-Krise getan hätten.

Alles in allem ist es aktuell sogar eine sehr günstige Zeit für Kreditfinanzierungen: Denn die Zinsen sind nach wie vor sehr niedrig – so günstig wie im Moment ist man noch nie an Geld gekommen. Das sind also beste Voraussetzungen für Apotheken- und Filialgründer mit einem schlüssigen Konzept und einem guten Businessplan!

Exkurs: Ein solider Businessplan ist Pflicht

  • Ob Hauptapotheken- oder Filialgründung: Es ist essenziell wichtig, dafür einen soliden Businessplan aufzustellen. Genau zu wissen, welche Schwerpunkte das künftige Geschäftsmodell haben soll und wofür man steht, aber auch für das Vorhaben zu "brennen", sind wichtige Grundsteine für den Erfolg.
  • Wen will ich in meiner Apotheke besonders ansprechen?
  • Auf welchen Bereich will ich mich fokussieren?
  • Wie sieht mein lokales Umfeld aus?
  • Welche Verordner habe ich in der unmittelbaren Umgebung?
  • Um das herauszufinden, helfen folgende Fragen:
  • Die Antworten darauf ergeben ein erstes Bild davon, wie das Profil der Apotheke konkret aussehen soll. Und sie sind zugleich die Geburtsstunde einer Marke, die sich durch den gesamten Geschäftsbetrieb ziehen und am Markt entsprechend wahrgenommen werden sollte.

Andreas Sagert, Leiter Beratung Selbstständige Heilberufe, Deutsche Apotheker- und Ärztebank eG - apoBank, 70184 Stuttgart, E-Mail: andreas.sagert@apobank.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2021; 46(24):6-6